- Von Redaktion
- 11.03.2016 um 09:40
Pfefferminzia: Der Gesetzgeber will die Honorarberatung fördern. Er hat ein Berufsbild definiert und den Paragrafen 34h Gewerbeordnung (GewO) geschaffen – praktisch ohne Resonanz aus der Branche, was die Erlaubniszahlen anbelangt. Greift die Regulierung zu kurz?
Dieter Rauch: Ja, die Regulierung greift zu kurz, denn der Gesetzgeber hat nicht klar definiert, was er unter Honorarberatung versteht. Reguliert wurde lediglich die Vergütung auf Produktebene – nämlich bei der Anlageberatung/-vermittlung. Genau deshalb finden sich heute unter dem Paragrafen 34f GewO zahlreiche „faule Eier“. Sie tarnen sich als Honorarberater, haben aber keine Erlaubnis als Honorar-Finanzanlageberater nach Paragraf 34h GewO oder als Honorar-Anlageberater nach dem Kreditwesengesetz. Der Gesetzgeber hat allen untadeligen Honorarberatern einen Bärendienst erwiesen. Immer wieder treffen Verbraucher auf Mogelpackungen, etwa Mischmodelle und die sogenannte Honorarvermittlung unter anderem mit Provisonsfactoring. Da muss der Gesetzgeber noch sehr viel zugunsten der Hygiene tun.
Welches sind die Hauptgründe, warum Makler alternativen Vergütungsmodellen immer noch zögerlich bis ablehnend gegenüberstehen?
Wir wissen aus 15 Jahren Erfahrung und dem täglichen Kontakt mit Vermittlern, dass im Mittelpunkt der Arbeit die Produktvermittlung steht. Verständlich, weil daraus die Vergütung resultiert. Honorarberatung erfordert bekanntlich ein Umdenken. Die Produktvermittlung ist nicht mehr Kern der Dienstleistung und Vergütungsbestandteil. Honorarberater müssen daher zuerst gute Unternehmer sein, insbesondere ihre Dienst- und Beratungsleistungen betriebswirtschaftlich so kalkulieren, dass sie sich unterm Strich rechnen. Viele Makler benötigen bei diesem Prozess die Unterstützung von Experten und Kollegen, die den Schritt in die Honorarberatung bereits unternommen haben. Um mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen: Honorarvermittlung ist eben nicht der sanfte Einstieg in die Honorarberatung. Davor kann ich nur eindringlich warnen.
In welchen Bereichen haben alternative Vergütungsmodelle in den vergangenen Jahren aufgeholt und stellen heute eine anerkannte Alternative zur provisionsgestützten Vermittlung dar?
Was versteht man denn unter einem „alternativen Vergütungsmodell“? Lediglich ein Surrogat? Oder tatsächlich ein „alternatives Beratungsmodell“? Wenn nur der Vergütungsgeber für die Vermittlung von Produkten ausgetauscht wird, bleibt alles beim Alten. Und nichts ist gewonnen.
Bei „alternativen Beratungsmodellen“ gilt die Ruhestandsberatung als besonders attraktiv. Sie ermöglicht eine Beratungs- und Betreuungsleistung losgelöst vom Produktverkauf und erfordert eine laufende Begleitung zur Erreichung der vereinbarten Ziele. Der Berater besitzt einen umfassenden Überblick über sämtliche Vermögenswerte, Finanzierungen, Versicherungen und kann daher passgenaue Honorarmodelle kalkulieren und anbieten. Da es in der Ruhestandsberatung um den Vermögensaufbau und -erhalt geht, sind die wirtschaftlichen Vorteile für den Verbraucher sofort erkennbar. Ruhestandsberatung ist unbestritten der ideale Beratungsansatz im Zusammenhang mit Honorarmodellen.
Auch bei der Depotberatung haben Honorarmodelle mittlerweile eine breite Akzeptanz gefunden. Im Versicherungsbereich ist dies noch nicht der Fall. Hier treffen wir leider nach wie vor vermehrt auf Honorarvermittlungsmodelle. Diese bieten weder dem Berater noch dem Verbraucher einen Mehrwert.
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