- Von Andreas Harms
- 06.01.2023 um 14:04
Die deutsche Finanzlobby zeigt sich entsetzt darüber, dass in der Europäischen Union (EU) das Provisionsverbot wieder auf dem Tisch liegt. Stein des Anstoßes ist die sogenannte Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission, die im ersten Quartal dieses Jahres vorliegen soll. Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ deuten Hinweise bereits an, dass Brüssel die Finanzberatung auf Provisionsbasis in der gesamten EU verbieten will.
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Vor allem Finanzkommissarin Mairead McGuinness preschte mit einem vorweihnachtlichen Schreiben an den CSU-Europa-Abgeordneten Markus Ferber voran. Darin weist sie alle Vorbehalte gegen ein Provisionsverbot zurück. Stattdessen meint sie, dass das Provisionsmodell für Kleinanleger nicht optimal ist. Sie bekämen laut einer Studie Produkte, die im Schnitt über ein Drittel mehr kosten als andere Angebote. In den Niederlanden und Großbritannien seien nach dem Provisionsverbot die Kosten für Finanzprodukte gefallen.
Wie zu erwarten war, bekommt McGuinness Zuspruch von Verbraucherschützern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband zum Beispiel wettert ohnehin schon lange gegen Provisionen. Und jetzt sagte Dorothea Mohn, die das Team Finanzmarkt leitet, dem „Handelsblatt“: „Wir beobachten seit Jahren, dass Verbraucher schlecht beraten werden, weil Provisionen Fehlanreize setzen.“
Banken und Versicherungen sind alarmiert, und die Branchenverbände bringen sich in Stellung. Zum Beispiel der BVK. Das Provisionsverbot bedeute das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler in Deutschland, rechnet er vor. Ihnen werde nämlich „die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen“.
„Bärendienst für den Verbraucherschutz“
Auch die Argumente, man schütze die Verbraucher, und in den Niederlanden und im Königreich habe es ja auch geklappt, will der Verband nicht gelten lassen. So sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz:
„Dem vermeintlichen Verbraucherschutz würde ein Bärendienst erwiesen, denn Kunden sind kaum bereit, vorab für eine Beratung ein dreistelliges Honorar zu bezahlen. Die Folge wäre, dass viele auf die nötige Absicherung verzichten würden oder sich ohne Beratung im Netz um eine Absicherung bemühen müssten. Diese Entwicklung beobachten wir in den Niederlanden und in Großbritannien, wo bereits ein Provisionsverbot existiert.“
Ähnlich äußert sich auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW. Schon nach kurzer Zeit würden gerade auf Beratung angewiesene Kleinanleger keine solche mehr erhalten. Das habe Großbritannien nämlich auch gezeigt. Die heute schon vorhandene, aber nicht in der Breite akzeptierte Honorarberatung werde das nicht auffangen können. Und was dann passiert, umreißt der geschäftsführende AfW-Vorstand Norman Wirth so:
„Selbsternannte Experten ohne Qualifikation im Internet oder in den Verbraucherzentralen würden noch mehr Zulauf erhalten. Qualifizierte Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten aus der ganzen Breite des Marktes, die die Wünsche und insbesondere Bedürfnisse der Kunden abbilden, gibt es nicht zum Nulltarif.“
Zusätzlich geht der BVK auf den immer wieder angeführten Interessenkonflikte ein, dass Berater Produkte mit besonders hohen Provisionen bevorzugen könnten. Sein Urteil: Es gibt ihn nicht. „Denn wir sind gesetzlich nach Paragraf 48 a Versicherungsaufsichtsgesetz verpflichtet, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu beraten“, sagt Heinz. Dass die Finanzaufsicht Bafin mit ihrem „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ gegen Provisionsexzesse vorgehe, begrüße man ausdrücklich.
Der AfW wiederum kündigt bereits Aktionen an. Er werde „mit guten Partnern in Deutschland und auf der europäischen Ebene, unter anderem auch über den Europäischen Dachverband der Finanzberater und Finanzintermediäre FECIF – die Argumente verstärkt nach Brüssel tragen und alles dafür tun, dass die Pläne von EU-Kommissarin McGuinness nicht realisiert werden“.
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