Reiner Will, Assekurata © Assekurata
  • Von Redaktion
  • 29.11.2016 um 13:06
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Für die Lebensversicherer wird es immer mühsamer, ihre Garantieversprechen zu erfüllen. So geht die Bildung des erforderlichen Reservetopfes – die Zinszusatzreserve (ZZR) – zunehmend an die Substanz: Laut aktueller Hochrechnungen der Ratingagentur Assekurata muss die Branche ausgehend von 32 Milliarden Euro im Jahr 2015 ein ZZR-Volumen von 150 bis 240 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 stemmen.

In einer aktuellen Studie hat die Ratingagentur Assekurata die Kapitalausstattung von 75 Lebensversicherern in Deutschland unter die Lupe genommen. Dabei haben sich die Analysten insbesondere die Break-Even-Nettoverzinsungzung der Unternehmen angeschaut. Die Kennzahl spiegelt die „grundsätzliche Abhängigkeit der Lebensversicherer von ihrem Kapitalanlageergebnis“ wider, so Assekurata.

Zinszusatzsereve könnte auf bis zu 240 Milliarden Euro steigen

Dabei weist die Ratingagentur auf einen unheilvollen Zusammenhang hin: Je höher die Kennzahl ausfällt, desto mehr Kapitalanlagerendite muss ein Lebensversicherer erzielen, um Verluste beim Rohüberschuss zu vermeiden. Das Problem: Infolge der hohen Rechnungszinsanforderungen aus Altgarantien und der Zinszusatzreserve (ZZR) steigt die Break-Even-Nettoverzinsung in der Branche immer weiter an. Laut Assekurata lag die Break-Even-Nettoverzinsung im Geschäftsjahr 2015 mit durchschnittlich 3,22 Prozent auf dem bisher höchsten Niveau. Daraus folgt: Eine Nettoverzinsung unterhalb von 3,22 Prozent führt rechnerisch zu einem negativen Branchen-Rohüberschuss.

„Angesichts der schwierigen Zinsbedingungen ist diese Renditeanforderung auf lange Sicht äußerst herausfordernd, zumal sie in den kommenden Jahren wegen der Zinszusatzreserve weiter steigen dürfte“, sagt Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will. So sei bereits in 2015 bei rund der Hälfte der Marktteilnehmer die ZZR-Zuführung höher ausgefallen als der danach verbleibende Rohüberschuss, erklärt Will.

Anhand aktueller Hochrechnungen prophezeit Assekurata bis zum Jahr 2025 branchenweit ein ZZR-Volumen von 150 bis 240 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Bis einschließlich 2015 liegt der ZZR-Bestand bei etwa 32 Milliarden Euro. Demnach haben die Lebensversicherer schon jetzt gut das Doppelte ihres Eigenkapitalbestandes als zusätzliche Zinsvorsorge nachreserviert. Für 2016 gehen die Analysten von weiteren 14 Milliarden Euro aus, die dem Reservetopf zugeführt werden müssen.

Allerdings sind die Gesellschaften nicht in gleichem Ausmaß von der ungünstigen Kapitalmarktentwicklung betroffen. „Die Ergebnisse fallen sehr unterschiedlich aus“, heißt es bei Assekurata. „Von den Auswirkungen des Niedrigzinsumfeldes sind insbesondere Lebensversicherer mit hohen garantiefordernden Altbeständen im Altersvorsorgebereich betroffen, so dass die Break-Even-Nettoverzinsung bei einem Dutzend Anbieter oberhalb von 4 Prozent liegt“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Einige Gesellschaften mit anders gelagertem Geschäftsprofil profitieren dagegen von einer viel geringeren Break-Even-Nettoverzinsung und könnten sich zum Teil sogar eine negative Nettoverzinsung leisten.“

Assekurata sieht Korrekturbedarf bei Berechnung der Zinszusatzreserve

Grundsätzlich seien Lebensversicherer im Vorteil, „die über eine starke Kapitalanlage mit substanziellen Bewertungsreserven, Kostenvorteilen sowie Ausgleichsgeschäften jenseits der konventionellen Lebensversicherung verfügen“, schlussfolgert Assekurata-Geschäftsführer Will. Unter der neuen Zinsrealität veränderten sich die Geschäftsmodelle der Lebensversicherer „gravierend“, wobei sich die Ausgangsvoraussetzungen stark unterscheiden würden.

Die Ertragskraft leide vor allem unter den steigenden Aufwendungen für die ZZR, so Will weiter. „Um die Branche finanziell nicht zu überfordern, sollten die Berechnungsvorschriften der ZZR zeitnah korrigiert werden“, fordert der Branchenbeobachter.

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