- Von Redaktion
- 04.01.2016 um 11:05
Dieses Interview wurde uns freundlicherweise vom Insuro Maklerservice zur Verfügung gestellt.
Herr Bönsch, die DAV kritisiert die totale Befreiung bei Pflegezusatzversicherungen. Es drohen hohe Beitragsanpassungen. Was ist dran an den Aussagen? Haben die Maklerkollegen und Verbraucherschützer aufs falsche Pferd gesetzt?
Rudolf Bönsch: Dazu schon mal ein klares Nein vorab. Das ärgerliche an der Diskussion ist, dass der Eindruck erweckt wird, diejenigen Aktuare, die solche Tarife kalkuliert haben, seien verantwortungslose Kollegen, die die Zukunft nicht im Blick haben. Es sei daran erinnert, dass wir als Aktuare nicht im regelfreien Raum arbeiten, sondern durch das Versicherungsaufsichtsgesetz und die Kalkulationsverordnung zur vorsichtigen und ausreichend sicheren Kalkulation angehalten sind.
Die Hallesche sagt, 10 Prozent mehr Leistung vereinbaren reicht, um die Beitragszahlung abzusichern. Und dann sei das Problem langfristig gelöst.
Im Grunde ist egal, welche aktuariell anerkannte Methode Sie wählen. Da alle das gleiche Risiko, hier die Beitragszahlung, abdecken, sollte nach dem Äquivalenzprinzip letztlich der zusätzliche Beitrag gleich sein.
Woher kommen dann solche Unterschiede?
Das liegt daran, dass es verschiedene Methoden der Kalkulation gibt und die dabei verwendeten Parameter je nach Ansatz sehr unterschiedlich sein können.
Wie sehen die Methoden denn aus?
Man hat die Möglichkeit einen eigenen Produktbaustein zu kalkulieren, der dann auch die Bildung einer Alterungsrückstellung vorsieht oder man erhebt einen pauschalen Zuschlag. Die erste Alternative entspricht methodisch quasi der Empfehlung, etwas höhere Leitungen zu versichern. Eine dritte Möglichkeit ist, im Leistungsfall für die zukünftigen Beiträge eine Rückstellung zu bilden und aus dieser die Beitragszahlung zu finanzieren. Im Beitrag der DAV ist leider nicht beschrieben mit welchem Modell und welchen Parametern gerechnet wurde.
Moment, es heißt doch, dass in den hohen Altern wegen der befreiten Beiträge kaum noch jemand Beiträge zahlt.
Ja, das ist eine, sagen wir mal, etwas unscharfe Formulierung in dem ganzen Beitrag. Selbstverständlich fließt ein Beitrag, halt nur nicht mehr über das Konto des Kunden. Entweder wird er jährlich der Rückstellung entnommen oder wenn als Baustein kalkuliert, vom Leistungskonto auf das Beitragskonto „umgebucht“. Außerdem wird in dieser Altersregion die Leistung schon längst nicht mehr nur aus den Beiträgen finanziert, sondern in sehr hohem Maße aus der Alterungsrückstellung. Das ist ihr Sinn.
Aber nochmals nachgefragt. Woher dann der hohe Unterschied?
Nehmen wir die Methode der Rückstellungsbildung. Dazu benötigt man die Inzidenzen, also die Eintrittswahrscheinlichkeiten und die entsprechenden Sterblichkeiten dieses Leistungsbestandes. Welche Zahlen nimmt man da? Die 1. Ordnung oder 2. Ordnung? Der Unterschied macht 20 bis 30 Prozent aus. Nachzulesen in der Tafel DAV2008P, die für die Berechnung von Pflegerenten verwendet wird.
Also doch keine Beitragssteigerungen zu erwarten?
So einfach ist es nun doch nicht. Was haben die Kollegen der DAV gemacht? Sie haben für den Mustertarif angenommen, dass die Prävalenzen in den 40 Jahren der Prognose mehrfach steigen. Das bedeutet, dass das Risiko pflegebedürftig zu werden zunimmt. Die Höhe ist schlicht Kaffeesatz-Leserei. Mit dem gleichen Argument könnte man davon abraten eine private Krankenversicherung abzuschließen, weil die Beiträge steigen könnten. Nebenbei bemerkt, die Verdoppelung der Beiträge über 40 Jahre entspricht einer „internen Inflation“ von weniger als 1,9 Prozent pro Jahr. Meine persönliche Krankenversicherung hat zwei Drittel davon schon nach 15 Jahren geschafft.
Sind Beitragssteigerungen dann unvermeidlich?
Wenn das Risiko sich ändert, dann muss die Kalkulation dem folgen. Schließlich verzichten wir auf das ordentliche Kündigungsrecht. Aber, dass eine Beitragsanpassung in hohem Alter hoch ausfällt, ist keine neue Erkenntnis und hat mit der Pflegezusatzversicherung speziell nichts zu tun.
Kann man dagegen etwas tun?
Ja, selbstverständlich. Wir Makler „predigen“ ja nicht umsonst die Notwendigkeit der privaten Alters- und Risikovorsorge. Im Übrigen hat auch der Versicherer Möglichkeiten, das Problem zu mildern. Durch zielorientierte Verwendung der Überschüsse lässt sich die Beitragsanpassung in hohen Altern schon spürbar entschärfen. Das wird im Originalbeitrag der DAV im Übrigen auch erwähnt und mit Zahlen unterlegt.
Was ist denn jetzt Ihre Empfehlung an die Makler?
Die Beitragsbefreiung ist verbraucherfreundlich und sie wird von den Kunden gefordert. Auf welche Art und Weise die Kalkulation erfolgt, ist die individuelle Entscheidung jeden Versicherers. Wir können davon ausgehen, dass alle seriös kalkuliert haben. Ich bin kein Jurist, aber eine ganz besondere Aufklärungspflicht kann ich in dem Zusammenhang nicht erkennen außer dem Hinweis, dass Beitragsanpassungen vorkommen können. Zumal wir nicht die Verantwortung für Dinge übernehmen können, deren Ausprägung, sprich kalkulatorischen Ansätze, wir nicht kennen. Ich zumindest übernehme dafür keine Verantwortung.
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