Bundeskanzlerin Angela Merkel feiert zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Warentest Hubertus Primus (links) und dem Verwaltungsratsvorsitzenden Andreas Oehler am 4. Dezember 2014 den 50. Geburtstag der Stiftung. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 30.04.2015 um 14:59
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Jeder Euro, der aus dem Fondsvermögen eines Investmentfonds in den Vertrieb fließt, ist ein Euro zu viel, argumentiert die Stiftung Warentest. Eine Rechnung, die so nicht aufgeht, findet DER-FONDS-Chefredakteur Egon Wachtendorf.

Manche Begriffe sollte man sehr sorgsam dosieren, damit sich ihre Wirkung nicht abnutzt. Das Wort „Skandal“ gehört zweifellos in diese Kategorie. Es ist zum Beispiel ein Skandal, dass im Mittelmeer jeden Tag Flüchtlinge ertrinken, weil die Mitgliedsländer der Europäischen Union sich nicht über die Regularien ihrer Aufnahme einigen können. Aber ist dieses Wort angemessen, wenn es um ein vergleichsweise banales Thema wie Bestandsprovisionen von Investmentfonds geht?

Die Stiftung Warentest findet es skandalös, dass pro Jahr schätzungsweise 2 bis 3 Milliarden Euro aus deutschen Publikumsfonds an Banken und Vermittler gezahlt werden. Das mag ein Ärgernis sein, die dahinterstehende Dienstleistung in dem einen oder anderen Fall vielleicht auch fragwürdig und intransparent. Aber ein Skandal ist es ganz sicher nicht. Doch eins nach dem anderen.

Teil der Verwaltungsvergütung

Die Bestandsprovision ist keine separate Gebühr, sondern Teil der Verwaltungsvergütung. Als solcher mindert sie natürlich das Fondsvermögen und damit die Performance eines Fonds. In welcher Höhe dies geschieht, lässt sich jedoch in den Rechenschaftsberichten auf Euro und Cent genau nachlesen.

Wie eine Investmentgesellschaft mit der Verwaltungsvergütung verfährt, liegt in ihrem Ermessen. Zum Teil ist sie der Lohn für die erbrachte Managementleistung, die – immer abhängig von der Bewertung des Betrachters – ihr Geld wert ist oder eben auch nicht.

Zu einem anderen Teil deckt die Verwaltungsvergütung schlicht das ab, was ihr Name aussagt: die Kosten der Verwaltung. Dazu gehört neben dem Druck von Prospekten, Geschäftsberichten und anderen gesetzlich vorgeschriebenen Informationsmaterialien auch die Kontoführung, die mittlerweile größtenteils an dafür Gebühren in Rechnung stellende Fondsbanken und andere Plattformen ausgelagert ist.

Bestandsprovision statt Ausgabeaufschlag

Über den Trend, dass mittlerweile auch der Vertrieb – über besagte Bestandsprovisionen – zu großen Teilen aus der Verwaltungsvergütung finanziert wird statt wie in der Vergangenheit über Ausgabeaufschläge, lässt sich sicher streiten. Letztlich geht es jedoch auch in diesem Fall darum, welche Leistung hinter dem bezahlten Betrag X steht.

Einem Kunden bei vollem Ausgabeaufschlag ohne nähere Erläuterungen einen indexnahen Fonds eines Exklusiv-Vertriebspartners aufzuschwatzen und jedes Jahr zusätzlich 0,4 oder 0,5 Prozent des Fondsvermögens als Bestandsprovision zu kassieren, steht dabei vom Preis-Leistungs-Verhältnis betrachtet eher nicht an der Spitze.

Ein mit vielen unterschiedlichen Investmentpartnern kooperierender Vermittler, der aus Gründen der langfristigen Kundenbindung auf den Ausgabeaufschlag verzichtet, sich aber trotzdem viel Zeit nimmt, das Für und Wider der Fondsanlage zu erläutern und den im Zweifel die Börsen nicht täglich verfolgenden Anleger mindestens einmal im Jahr zum Strategiegespräch bittet, tut dagegen für das, was er am Ende in Euro und Cent für seine Leistung ausgezahlt bekommt, des Guten fast schon zu viel.

Wovon leben eigentlich Discounter?

Natürlich gibt es Do-it-yourself-Fondsanleger, die all das nicht brauchen. Dieser Zielgruppe – sofern sie nicht ohnehin lieber auf ETFs setzt – nehmen sich mittlerweile zahlreiche Discounter an: Neben den Ausgabeaufschlägen erstatten sie ihren Kunden bis zu 100 Prozent der für einen aktiv verwalteten Fonds vereinnahmten Bestandsprovisionen. Wobei einem der gesunde Menschenverstand gleich zwei Fragen aufdrängt. Erstens: Wovon leben diese Discounter? Und zweitens: Wozu fließt in diesem Fall überhaupt eine Bestandsprovision, wenn doch keine erkennbare Leistung dahinter steht?

Vielleicht sieht sich die Stiftung Warentest ausschließlich als Makler dieser Do-it-yourself-Anleger. Ob sie damit ihrem auch durch Steuergelder finanzierten Auftrag nachkommt, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ganz abgesehen davon, dass auch sie ihre Leistung nicht umsonst anbietet. Schließlich kosten die in den Zeitschriften Test und Finanztest verbreiteten Informationen zusammen 10,20 Euro im Monat.

Ein Betrag, der zu 5 Prozent Rendite angelegt auf 20 Jahre hochgerechnet ein Endkapital von 4.183 Euro ergeben würde. Ein Skandal? Nein. Aber 183 Euro mehr, als einem durchschnittlichen Fondsanleger Berechnungen der Stiftung zufolge über diesen Zeitraum durch Bestandsprovisionen verlorengehen.

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