Julius Kretz und Dominik Vollrath (rechts) © Oliver Lepold
  • Von Redaktion
  • 25.11.2014 um 09:36
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Beratung per Video: Statt ins Büro des Maklers zu pilgern, lässt der Kunde mit einem Klick den Versicherungsexperten auf seinem Computerbildschirm erscheinen. Ein Modell für die Zukunft? Zwei Studenten haben in ihrer Abschlussarbeit der Dualen Hochschule Heidenheim (DHBW) das Potenzial der Videoberatung in der Assekuranz beleuchtet. Über ihre Schlussfolgerungen sprechen Dominik Vollrath und Julius Kretz mit dem Software-Portal VSP.

VSP: Wie verbreitet ist die Videoberatung bei Versicherern und Maklern?

Dominik Vollrath: Der Digitalisierungsprozess in der gesamten Branche hat schleppend angefangen – scheint jedoch langsam ins Rollen zu kommen. Derzeit wird die Videoberatung noch verhalten eingesetzt – immer mehr Vermittler erkennen langsam die Notwendigkeit. Es gibt auch bereits schon heute Vermittler, die ausschließlich online beraten und damit sehr erfolgreich sind – leider sind diese noch die Ausnahme. Auch die Gesellschaften nehmen die veränderten Kundenbedürfnisse in der Branche wahr und einige sind bereits in Pilotphasen gestartet. Die Frage sollte schon lange nicht mehr sein: Videoberatung – ja oder nein, sondern vielmehr WIE.

Welches Potenzial hat die Videoberatung?

Vollrath: Es gibt bisher zwar viele Ansätze, aber wenig differenzierte und nachhaltige Strategien. Große Gesellschaften tun sich mit der Umsetzung der Videoberatung eher schwerer als mittelständische Vermittler. Für die große Mehrheit gilt: Videoberatung kann die persönliche Beratung vor Ort beim Kunden nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen – genau das war auch das Ergebnis unserer Studie. Der Kunde sollte im Mittelpunkt stehen und entscheiden, wie er beraten werden möchte. Dazu zählt auch der Wunsch vieler Kunden per Video beraten zu werden.

Welche Faktoren hemmen die Anwendung?

Julius Kretz: Nicht alle Vermittler sind für neue Technologien offen und viele handeln nach dem Motto „bis jetzt hat es immer so geklappt, warum sollte ich etwas ändern?“. Gerade viele ältere Vermittler sehen es nicht mehr ein, kurz vor dem Renteneintritt etwas zu ändern, was auch durchaus nachvollziehbar ist. Aber gerade Gesellschaften und Maklerpools sollten Ihren Vermittlern für die Zukunft die Möglichkeit geben. Manche Vermittler haben Angst vor technischen Problemen und nehmen auch fälschlicherweise an, es sei generell zu schwierig, ihre Kunden von einem Beratungsgespräch per Video zu überzeugen. Dabei gibt es einen breiten Kundenkreis, der sich eine Auswahl vieler Kommunikationskanäle und eine Beratung per Video wünscht. Ganz wichtig bleibt auch die Tatsache, dass nur durch das Angebot der Videoberatung der Umsatz nicht sofort exorbitant steigen wird, dennoch ist die Effizienzsteigerung durch den Einsatz von Videoberatung ganz deutlich erkennbar und auch messbar.

Welche Art von Kunden lassen sich dafür interessieren?

Vollrath: Unsere deutschlandweite Umfrage bei 456 Versicherungskunden hat ergeben, dass jeder dritte Kunde eine Videoberatung wünscht. Insbesondere bei den unter 35-Jährigen, die eine höhere Affinität zu digitalen Endgeräten und sozialen Medien haben als ältere Menschen, ist das Interesse sehr groß. Denn so spart der Kunde Zeit und ist flexibler und ortsunabhängiger. Er kann auf Vermittler aus ganz Deutschland zugreifen. Gerade für den Manager, der abends spät nach Hause kommt oder in der Mittagspause schnell ein wenig Zeit findet ist diese Art der persönlichen Beratung sehr interessant.

Welche Vorteile hat ein Makler, wenn er seinen Kunden online per Video berät?

Kretz: Videoberatung ist eine Antwort auf die Tatsache, dass sich viele Interessenten online im Internet informieren und dann anderweitig offline abschließen. Mit der Videoberatung kann der Kunde online abgeholt werden, etwa mit einem Button wodurch dem Kunden eine aktive Beratung per Video angeboten wird. Makler sparen so Zeit und Kosten und können per Video mit vielfältigen visuellen Ergänzungen beraten. Die Videoberatung kommt der Vor-Ort-Beratung sehr nahe, wodurch auch hier ein emotionaler Verkauf gefördert wird. Anders als bei einem Telefonat kann der Makler hier Sachverhalte medialer darstellen, etwa Dynamikverläufe aufzeichnen, Anträge ausfüllen oder Beispiele rechnen, die der Kunde nachverfolgen kann. Gleichzeitig sieht der Kunde seinen Makler während der gesamten Beratung mithilfe der Videoübertragung. Das führt zu einer Vertrauenssteigerung und erhöht die Abschlusseffizienz. Diese Vorteile gelten natürlich sowohl in Bezug auf Neukunden als auch auf Bestandskunden.

Ist der fehlende direkte Blickkontakt ein Problem?

Vollrath: Wenn der Makler nicht in die Kamera, sondern auf den Bildschirm schaut, ist das natürlich nicht optimal, weil der Kunde den Eindruck bekommt, dass der Makler an ihm vorbeischaut. Allerdings kann man dieses Dilemma teilweise ausgleichen, indem man gute Lichtverhältnisse und einen neutralen, nicht störenden Hintergrund schafft. Aber auch dieses Problem wird in naher Zukunft vollständig beseitigt sein. Es gibt bereits Kameras die sich auf die Augen einstellen können oder denken Sie einfach an die Teleprompter im Fernsehstudio.

Welche technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Kretz: Natürlich muss ein passendes Modul installiert werden und speziell auf die Sicherheit der Daten geachtet werden. Facetime und Skype etwa sind als Kanäle nicht geeignet, denn sensible Kundendaten, die während der Videoberatung übermittelt werden, sollten verschlüsselt übergeben werden. Mittlerweile verfügt fast jeder Laptop über eine Kamera und auch die Internetverbindung ist an den meisten Orten ausreichend. Diese beiden Voraussetzungen müssen sowohl auf Makler als auch auf Kundenseite gegeben sein.

Wie hoch ist der monetäre Aufwand für den Makler?

Kretz: Der eigentliche monetäre Aufwand ist nicht so hoch wie viele Makler glauben, zumal man nicht gleich mit einer High-End-Business-Lösung starten muss. Flexperto etwa bietet ein Starterpaket an, das eine Lizenzgebühr in Höhe von 25 Euro im Monat kostet. Mit Hilfe dieser Lösung werden drei Kernelemente in einem Programm integriert: Terminierung, Videoberatung und Kundendatenhaltung. Ad-hoc Meetings sind ebenfalls möglich. Um eine optimale Effizienzsteigerung zu erreichen sollten diese Elemente miteinander verknüpft sein.

Gibt es Produktsparten, die sich besonders für die Videoberatung eignen?

Vollrath: Unsere Umfrage hat ergeben, dass mehr als drei Viertel der befragten Vermittler die Videoberatung vor allem für die Beratung bezüglich Sachversicherungen, also Hausrat, Haftpflicht oder Kfz-Versicherungen einsetzen möchten. Im Endeffekt kann es für jede Produktsparte eingesetzt werden, gerade auch für komplexere Versicherungsprodukte. Die Videoberatung ist quasi gleichzusetzen mit der Vor-Ort-Beratung bezgl. der Möglichkeiten der Produktberatung. Das einzige was hierbei fehlt sind die Sinneswahrnehmungen Tasten, Riechen  und Schmecken.

Wie sieht Ihre konkrete Handlungsempfehlung für Makler aus?

Kretz: Die Digitalisierung ist ein so nachhaltiger Trend, dass sich eine frühzeitige Positionierung mittel- und langfristig auszahlt. Der Makler hat im Prinzip nichts zu verlieren, die Kosten für den Start sind sehr gering und die Potenziale die sich durch die Videoberatung ergeben sehr groß. Natürlich ist dies auch ein schrittweiser Lernprozess, der nicht sofort zu mehr Abschlüssen führt. Wir erkennen aber, dass viele Makler, die ihre ersten Schritte in diese Richtung gehen, sehr  schnell von den Vorteilen der Videoberatung überzeugt sind.

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