- Von Redaktion
- 13.08.2014 um 14:20
Versicherungen sind erfinderisch. Jedes Quartal kommen neue Versicherungsprodukte auf den Markt – und da die zu versichernden Risiken endlich sind, werden eben die Namen immer phantasievoller und die Fallkonstruktionen immer abenteuerlicher.
Eine Freundin aus dem Gesundheitsbereich hat zum Beispiel festgestellt, dass momentan viel Werbung für spezielle „Frauenkrebsvorsorge” gemacht wird. Für sie, die sich als ausgewiesene Expertin auf die Begleitung von Krebserkrankten spezialisiert hat, war das Grund genug, mich zu fragen, was ich aus Finanzprofisicht von dieser Art der Versicherung halte.
Wie (fast) immer ist die Antwort auch auf diese Finanzfrage: Es kommt drauf an!
Diese Art der Versicherung ist eine reine Risikoabsicherung, das heißt, frau bezahlt monatlich einen gewissen Beitrag und erhält, sobald die Diagnose „Frauenkrebs” (also Brust, Gebärmutter, Eierstöcke, Vagina, Vulva) gestellt wird, 50.000 Euro. Wird diese Diagnose also irgendwann gestellt, so erhält sie das Geld – wird sie, wie erhofft, niemals zum Thema, so sind alle eingezahlten Beträge perdu. So weit zur Systematik.
Zur Rechnung
Diese 50.000 Euro können vollkommen frei verwendet werden – was sich im ersten Augenblick ja ganz gut anhört. Lassen Sie uns da mal näher hinschauen. Die Krankenversorgung an sich übernimmt die Krankenkasse, auch eine eventuell notwendige Brustrekonstruktion wird übernommen. Gut zupass kommt diese Summe, sollen alternative / außergewöhnliche kosmetische Behandlungen dazukommen.
Dann aber weiter: Was ist mit dem riesigen Verdienstausfall in der Rekonvaleszenzphase? Was ist mit dem Finanzausfall, wenn der Partner wegen der Kinderbetreuung nur noch halbtags arbeitet, solange die Frau vollkommen out of order ist? Was ist mit den auflaufenden Kreditraten für das Haus?
50.000 Euro sind zu wenig
Jetzt mal im Ernst: 50.000 Euro sind für eine Familie in einer solchen Situation ein (nicht sonderlich lustiger) Witz.
Entweder, die Diagnose wird einer kinderlosen Singlefrau in einem solch späten Stadium gestellt, dass die Überlebensaussichten gleich null sind und es ihr trotzdem gut genug geht, das Geld dafür zu nutzen, noch eine Weltreise zum Schluss zu machen (Hollywood läßt grüßen). Oder sie wird so früh gestellt, dass die Erkrankung mit einem Minimalaufwand an Arbeitsausfall und Rekonvaleszenz gestemmt werden kann (Ja, es gibt Wunder. Aber nicht so oft).
Wie hoch die Wahrscheinlichkeiten für diese beiden Fälle sind, kann sich jede Frau selbst ausrechnen – dazu braucht es nicht mal einen Taschenrechner.
Welche Frau bezahlt was wofür?
Sagen wir mal, eine 25-Jährige schließt diese Versicherung ab, so zahlt sie bis zum 69-ten Lebensjahr mindestens 25 Euro (im Durchschnitt auf die Gesamtlaufzeit gerechnet) monatlich ein. Das sind 25 Euro, die sie nicht in eine allgemein greifende Krankenzusatzversicherung oder in eine Berufsunfähigkeitsversicherung einzahlen kann.
Erkrankt sie also, so muss es eine der oben aufgezählten Krebsformen sein. Statistisch deutlich wahrscheinlicher erkrankt sie allerdings an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder an einem psychischen Leiden. Und auch wenn Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei der Frau ist, so sind es doch nur 15 Prozent aller Krebserkrankungen.
Da fast alle Krebsarten bei älteren Menschen sehr viel häufiger auftreten als bei Jüngeren, könnte sie ja mit dem Abschluss der Versicherung auch warten bis zum Rentenalter. Leider hat sie Pech, denn die Versicherung darf nur von unter 65-Jährigen abgeschlossen werden – und wird natürlich umso teurer, umso älter frau ist. Erkrankt sie dagegen mit 70 Jahren, so hat sie doppelt Pech: Denn die Versicherung ist in diesem Alter laut Bedingungen erloschen. Es kommt also auf die einzelne Frau an, ob diese Versicherung sinnvoll ist oder nicht.
Eher ein Nischenprodukt
Ich für meinen Teil lege mich aber fest und sage: Das ist kein Produkt, über das die Frauenwelt im großen Stil nachdenken sollte.
Hat frau eine familiäre Prädisposition für eine dieser Frauenkrebsarten, so könnte sie eventuell im Sinne von „nice to have” darüber nachdenken – aber selbst dann würde ich das erst nach der Sicherung einer grundsätzlich großzügigen Berufsunfähigkeitsversorgung oder einer Dread Disease (Schwere-Krankheiten-Versicherung) tun.
0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren