- Von Redaktion
- 13.08.2014 um 10:56
Wissen Sie, wann ein Verkäufer am schlagfertigsten ist? Immer fünf Minuten nach dem Kundengespräch. Da sitzt man wieder im Auto oder hat gerade die rote Taste auf dem Telefon gedrückt und genau jetzt fallen einem alle die Argumente ein, die man hätte nutzen können. Doch nun ist es meist zu spät. Das Gespräch ist vorbei.
Menschen verhalten sich seit Urzeiten nach psychologischen Mustern: Die Erziehung, unsere Sozialisation und unsere Erfahrungen bilden Verhaltensmuster. Wir wollen in vielen Situationen gar nicht groß nachdenken, sondern reagieren nach einem Erfahrungsmuster: So hat es in der Vergangenheit funktioniert, dann bleibe ich auch jetzt dabei. So kommt es zu den üblichen Kundenvor- und Einwänden: „Kein Bedarf, kein Interesse, keine Zeit, schicken Sie einmal die Unterlagen, zu teuer.“ und vieles mehr.
Standardsituationen trainieren
Doch auf mehr als zehn bis fünfzehn Standardaussagen kommt auch ein kreativer Kunde nicht. Und wenn die Kundenantworten vorhersehbar sind, dann können Sie sich als Verkäufer auch darauf vorbereiten. Fußballer trainieren ja auch Standardsituationen, um im Wettkampf vorbereitet zu sein.
Oder meinen Sie, dass Schlagfertigkeit angeboren ist? Unsinn. Das ist reine Trainingssache. Tipp: Listen Sie alle Standardantworten Ihrer Kunden auf und entwickeln Sie die passenden Antworten.
Picasso wird die Aussage zugeschrieben: „Wer sich nicht vorbereitet, der kann sich nur blamieren.“ Da ist was dran. Doch es geht nicht nur darum, dass Sie sich als Verkäufer nicht blamieren, sondern dass Sie die passende Antwort sofort parat haben. Dabei spielt ein Nebeneffekt eine wichtige Rolle: Vorbereitung gibt Sicherheit. Eine Sicherheit, die Sie im Kundenkontakt ausstrahlen.
Drei Reaktionen: Fragen, Sprüche, Technik
In der Praxis gibt es meist drei Reaktionsoptionen für Verkäufer: Fragen, Sprüche und Techniken.
- Fragen: „Das ist mir zu teuer“, sagt der Kunde. Worauf der Verkäufer mit einer Frage kontert: „Womit vergleichen Sie denn das Angebot?“ oder „Was genau ist Ihnen denn zu teuer?“. Diese Fragen wurden schon vor 25 Jahren in Seminaren trainiert. Ja, Sie kommen bei unerfahrenen Kunden damit durchaus weiter. Ein erfahrener Einkäufer wird sich jetzt jedoch nur langweilen, weil er diese Aussagen jeden Tag mehrfach hört und entsprechend reagiert.
- Sprüche: „Zu teuer? Vergleichen Sie doch mal, was ein Flugzeugträger kostet.“ Oder mein Motorradhändler, der mir auf meine Frage, was die Maschine denn nun kostet, antwortet: „Bring mal 10.000 mit, dann bekommst du noch was wieder.“ Das alles natürlich mit einen Augenzwinkern. Eine angespannte Gesprächssituation soll so etwas entspannt werden. In der passenden Situation und einem humorvollen Kunden kommen Sie so oft weiter. Den Wunsch nach weiteren Informationen oder schriftlichen Unterlagen in der Telefonakquise kontere ich gern mit: „Dass Sie sich natürlich vorab einen Überblick verschaffen wollen, ist doch selbstverständlich. Die Unterlagen, die wir im Team Kreuter verschicken, sind 183 Zentimeter groß, haben kurze Haare, blaue Augen und auf jeder Ihrer Fragen eine individuelle Antwort. Die Frage ist jetzt nur: Wann wollen Sie diese Unterlagen einmal persönlich kennen lernen?“ Neun von zehn Kunden lachen. Von den neun vereinbaren acht einen Termin. Bei allem Witz hinter den Sprüchen, so ist der Einsatz doch oft unpassend. Daher: Dosieren Sie Sprüche im Verkaufsgespräch nur sehr sparsam.
- Techniken: Multiplizierbare Sprachmuster, die mehrfach eingesetzt werden können: Je nach Aussage, Kundentyp, Situation und Mut des Verkäufers. Mir sind etwa 35 Techniken bekannt, von denen etwa 20 in den deutschsprachigen Kulturkreis passen. Die anderen Techniken sind für uns Mitteleuropäer zu „hart“, zu direkt. Um mit den Techniken erfolgreich zu arbeiten, benötigen Sie als Verkäufer das entsprechende Grundwissen: Die wichtigsten Fragetechniken, Sie-Formulierung, Vorteil-Merkmal-Argumentation, Negationen, Zuhören, Paraphrasieren und Zeugenumlastung.
Darüber hinaus sollten Sie noch zwischen Vorwänden, also Schutzbehauptungen und konkreten Einwänden unterscheiden. „Kein Interesse, kein Bedarf, keine Zeit.“ Das sind normalerweise nur vorgeschobene Argumente, um den Verkäufer abzuwimmeln. Bei „zu teuer, schicken Sie Unterlagen“ handelt es sich um konkrete Ansatzpunkte, auf die Sie auch inhaltlich eingehen können.
Tipp: Erstellen Sie zu jeder Kundenaussage eine Tabelle: Welche Motivlage, welcher Grund steckt hinter der Kundenaussage? Was können Sie sachlich dazu anbieten? Beispielsweise wenn Ihr Kunde sagt, dass er „keine Zeit“ hat: Sachlich betrachtet stimmt diese Aussage nicht: Jeder Mensch hat jeden Tag 24 Stunden zur Verfügung.
Prioritäten des Kunden beeinflussen
In der Aussage steckt das Motiv, dass er seine Prioritäten anders setzt. Für ihn sind andere Aufgaben gerade wichtiger, als Ihr Angebot. Also gilt es für Sie, die Prioritäten Ihres Kunden in Ihre Richtung zu beeinflussen, in dem Sie Argumente bieten, die für Ihren Kunden so interessant sind, dass er Ihrem Angebot nun doch Priorität einräumt.
Oder Sie bieten eine passende Alternative: Einen Randtermin früh morgens oder am Abend, optimal vorbereitet und damit auf nur 30 oder 45 Minuten Zeitbedarf reduziert. Erstellen Sie diese Liste für alle Ihre Standardein- und- vorwände.
Welche Techniken können Sie nun nutzen?
Die Flummi-Technik: Wenn Sie einen solchen kleinen Gummiball werfen, dann kommt er zurück. Genauso, wie der Ball zurückkommt, so kommt in Ihrem Kundengespräch der Einwand des Kunden zurück: „Wir haben unsere Lieferanten.“ Antwort: „Genau deshalb, weil Sie im Moment schon eine Lieferantenbeziehung haben, ist es für Sie doch bestimmt interessant, einmal zu vergleichen, einmal zu sehen, was Ihnen der Marktführer in diesem Segment zu bieten hat.“
Der Flummi besteht aus den Formulierungen: Genau deshalb, eben darum, genau aus diesem Grund. Danach folgen dann im Idealfall zwei interessante Argumente für den Kunden. Sie können den Flummi in allen Einwandsituationen einsetzen: Er ist schnell und effektiv.
LMAAM – Meinungsfrage plus Argument: Eine sehr „weiche“ Technik, bei der Sie dem Gesprächspartner zwei „Knochen“ hinwerfen, in der Hoffnung, dass er zumindest bei einem zubeißt. „Wir haben feste Partner in diesem Bereich“ argumentiert der Kunde. Sie Antworten in der Reihenfolge: 1. Lob für seine Aussage, um die Schärfe heraus zu nehmen, 2. Erste offene Meinungsfrage, bei der Sie die Antwort nicht abwarten, 3. Erstes Argument, 4. Zweites Argument, 5. Zweite offene Meinungsfrage.
„Das spricht für Sie, dass Sie hier schon feste Partner haben. Was halten Sie denn davon, hier einmal zu vergleichen, welches Einsparpotenzial nicht nur in den Prozessen für Sie vorhanden ist, sondern gleichzeitig auch bei der Beschaffung durch günstigere Preise, wo Sie unterm Strich bei Ihrem Volumen viel Geld einsparen können? Wie hört sich das für Sie an?“ In der Regel wird Ihr Kunde nun einen der „Knochen“ hinterfragen und Ihnen nun die Möglichkeit zu Präsentation bieten.
Nur drei Fragen stellen
Die 180-Grad-Technik: Eine sehr unterschwellige Gesprächstechnik, bei der Sie nur drei Fragen stellen und die Aussage Ihres Gegenübers anders deuten: 1. „Wenn ich Sie richtig verstehe, dann geht es darum, dass Sie…“ Nun folgen die Bestätigung der Kundenaussage und eine Art „Umdeutung“ zu Ihren Gunsten. 2. Die Aufforderung zur Bestätigung: „Habe ich Sie da richtig verstanden?“ Als Antwort bleibt in seltenen Fällen das „Nein“ und Sie dürfen wieder oben anfangen.
Meist kommt ein „Ja“ mit einigen Einschränkungen, die Sie komplett ignorieren können. 3. „Das heißt, wenn Sie sehen/ sich davon überzeugen können, dass… dann…?“ Die Bedingungsfrage in der Sie-Formulierung schafft Verbindlichkeit.
Die „weichste“ Technik, die ich kenne. Sehr unterschwellig. Beispiel: „Zu teuer.“ Ihre Antwort: „Wenn ich Sie richtig verstehe, dann geht es darum, dass Sie ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erwarten. Dass Sie keinen Euro zu viel zahlen möchten? Habe ich Sie da richtig verstanden?“ Ja, aber… „Das heißt, wenn Sie sehen, beziehungsweise wenn Sie sich davon überzeugen können, dass das Produkt Ihnen über einen Zeitraum von zwölf Monaten eine Einsparung von 18 bis 24 Prozent ermöglicht, dann wäre es schon interessant, hier einmal eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zu erstellen?“ Jetzt sind Sie normalerweise in einem Detailgespräch.
Aussagen umdeuten
In der Vorbereitung dieser Technik ist es entscheidend, die Aussage des Kunden entsprechend umzudeuten: Aus „habe Lieferanten“ wird „Vergleich, Alternative, Vorteile sehen.“ Aus „Schlechte Erfahrungen“ wird „kritisch hinterfragen, testen, genau prüfen.“
Das „höhere Ziel“, der „höhere Wert“ als Technik: Eine Variante, die alle Menschen meist unbewusst nutzen: Es wird nicht auf Details eingegangen, sondern etwas Übergeordnetes verwiesen: Der Mann, der mit dem neuen Edel-SUV nach Hause kommt und sich vor seiner Frau erklären muss: „Der ist gar nicht so teuer, weil Fahrzeuge dieses Premium-Herstellers einen hervorragenden Wiederverkaufswert haben. Nach zwei Jahren erhalten wir fast noch den Neupreis.“ oder „Natürlich gehe ich damit nicht ins Gelände, doch wenn wirklich mal viel Neuschnee fällt, dann kommst du mit den Kindern auf jeden Fall sicher zu Hause an.“ Klar. Im Grunde genommen, wollte er nur ein tolles Auto fahren.
Politiker nutzen diese Technik fast ausschließlich. Freiheit, Sicherheit, Arbeitsplätze und so weiter sind die Standard-Werte, die hier immer wieder bedient werden. Daher bietet sich diese Vorgehensweise auch für die Vor- und Einwandbehandlung an.
Im Verkauf sind die „höheren Werte“ meist Sicherheit, Geld verdienen, beziehungsweise sparen, Zeit sparen und so weiter. Wenn Sie diese Argumente noch mit der hypothetischen Frage einleiten, kommen Sie auch bei offensichtlichen Schutzbehauptungen ins Gespräch: „Kein Interesse, kein Bedarf.“ und Sie kontern: „Einmal abgesehen davon, dass Sie im Moment wenig Interesse haben, so ist es für Sie doch sicher interessant zu sehen, wie Sie hier Ihren Umsatz um 8 bis 12 Prozent steigern können und gleichzeitig…“ Im Optimalfall präsentieren Sie wieder zwei starke Argumente und machen Ihren Gesprächspartner so neugierig.
Schutzbehauptung zur Seite schieben
In der Gesprächsstruktur kommt es besonders auf die Einleitung an: Mit „einmal abgesehen“ schieben Sie die Schutzbehauptung zur Seite. Mit „im Moment wenig“ relativieren Sie die Aussage und können dann gezielt Argumente platzieren.
Der häufigste Fehler beim Einsatz von Techniken: Mark Twain hat schon gesagt: „Der Unterschied zwischen dem richtigen und dem fast richtigen Wort ist wie der Unterschied zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.“ Schon das Weglassen einer scheinbar unwesentlichen Formulierung führt dazu, dass die Technik nicht die gewünschte Wirkung beim Kunden hinterlässt. Seien Sie hier gewissenhaft!
Wenn Sie die Techniken mit den passenden Antworten zu den Standardaussagen Ihrer Kunden beherrschen, dann werden Sie mit einer großen Sicherheit im Gespräch agieren. Im nächsten Kundengespräch sollten Sie nicht überlegen, was Sie sagen, überlegen Sie, welche Technik Sie jetzt am liebsten einsetzen würden.
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