- Von Redaktion
- 06.02.2014 um 10:54
Der Fall
Ein Anlageberater empfahl seinem Kunden, seine bestehenden kapitalbildenden Lebensversicherungen aufzulösen und die frei werdenden Rückkaufswerte in einen geschlossenen Fonds des grauen Kapitalmarkts – den Bavaria Grundstücks- und Vermögensverwaltung – zu investieren.
Das Urteil
Das Landgericht München I bezeichnete in seinem Urteil vom 17. Juni 2013 (Aktenzeichen: 34 O 25826/12) die Empfehlung einer solchen Umdeckung als grob anlegerwidrig.
Das meint der Experte
Mit seinem Urteil vom 17. Juni 2013 stellt das Landgericht München I mehrere bemerkenswerte Rechtssätze auf, die für eine Vielzahl von Beratungsvorgängen auf dem grauen Kapitalmarkt relevant sind.
Das Besondere an dem Fall ist, dass das Gericht auch die Treuhandkommanditistin zu Schadenersatz verurteilte. Und zwar nicht etwa aus einer vorvertraglichen Aufklärungsverletzung des Treuhandvertrags, sondern aus unerlaubter Handlung, nämlich der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (Paragraf 826 BGB).
Das Gericht geht bei der Entscheidung davon aus, dass der Treuhänderin offensichtlich bewusst gewesen ist, dass die Vertriebsgesellschaft die Anleger ganz generell zur Einmalanlage bewegt hat mit dem Argument, bisherige Lebensversicherungen würden nichts taugen und sollten besser gekündigt werden.
Damit wurde also als konkrete Beratungspolitik vorgegeben, bestehende, relativ sichere Kapitalanlagen gegen unsichere Kapitalanlagen mit dem Risiko des Totalverlustes einzutauschen – und dies bei einer Klientel, bei der die Lebensversicherungsverträge oftmals die einzige zusätzliche Altersvorsorge darstellen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in einer Entscheidung vom 19. Februar 2008 (Aktenzeichen XI ZR 170/07) in eine ähnliche Richtung argumentiert. Er stellte in dem Urteil fest, dass eine Empfehlung zum Kauf höchst riskanter Aktien auch deswegen falsch sein kann, weil der Anleger zum Erwerb dieser Aktien zunächst Lebensversicherungen kündigen musste und im konkreten Fall eine ähnliche zusätzliche Altersvorsorge erwerben wollte.
Der Anlageberater, der zu einem solchen Vorgehen vorsätzlich rät, ist wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadenersatz verpflichtet. Das Urteil ist grundsätzlich begrüßenswert, weil es die Sittenwidrigkeit der organisierten Umdeckung von Lebensversicherungsverträgen deutlich anspricht.
Andererseits muss offen bleiben, ob dem Anleger hiermit wirklich geholfen ist. Sofern die Treuhandkommanditistin eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung hat und selbst nicht in der Lage ist, die titulierte Forderung zu erfüllen, wird die Versicherung hier wohl auch nicht einstehen: Vorsätzliches Handeln ist im Regelfall vom Versicherungsschutz nicht umfasst. Der Anleger könnte also durch das Urteil Steine statt Brot bekommen haben.
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