- Von Lorenz Klein
- 08.10.2019 um 17:34
Dass der Weg zum ersten Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) wahrlich kein Spaziergang werden würde, war Kennern der Materie früh bewusst. Zu groß erscheint vielen der Schritt, den „garantie-vernarrten“ Deutschen eine betriebliche Altersversorgung schmackhaft zu machen, die lediglich eine garantiefreie Zielrente in Aussicht stellt – zumal die „Nahles-Rente“, die nach der ehemaligen Bundesarbeitsministerin benannt ist, nur dann eine Zukunft hat, wenn sie eine breite Akzeptanz bei den Sozialpartnern – also Arbeitgebern einerseits, Gewerkschaften andererseits – findet. Dass dies so kommen wird, erscheint zunehmend fraglich.
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Bereits im Juni 2019 musste sich Judith Kerschbaumer, zuständig für den Bereich Sozialpolitik in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft Verdi, den Fragen von bAV-Experten erwehren, wann es denn nun endlich losginge mit dem ersten Sozialpartnermodell in Deutschland. Hier bat Kerschbaumer noch um Geduld: Erst nach den Bundeskongressen von IG Metall und Verdi im Herbst sei mit einer Einigung der Sozialpartner zu rechnen (wir berichteten).
Nun ist der Herbst also da, aber den Befürwortern des Modells ist nicht nach einem fröhlichen „hei hussassa“ zu Mute. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am Dienstag berichtete (kostenpflichtig), könnte sich noch in dieser Woche entscheiden, ob die „Nahles-Rente“, so der alternative Titel des Sozialpartnermodells, noch eine Zukunft hat.
Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall (mit Livestream), der vom 6. bis 12. Oktober 2019 in Nürnberg stattfindet, könnte sich demnach entscheiden, wie es mit der Betriebsrente weitergeht. Denn: „Für die meisten Arbeitnehmervertretungen dürfte es Signalwirkung haben, wie sich die drei größten Gewerkschaften IG Metall, Verdi und IG BCE zu dem Modell verhalten“, schreibt die Zeitung.
Fast 500 Delegierte wählen in Nürnberg den Vorstand der IG Metall und legen die zentralen Leitlinien der nächsten vier Jahre fest. Unter dem Motto „Miteinander für morgen – solidarisch und gerecht“ beraten und entscheiden sie über 793 Anträge und vier Entschließungen – davon entfallen laut FAZ immerhin 108 Anträge auf das Thema Alterssicherung. Und die meisten werben dafür, die gesetzliche Rente zu stärken.
„Nur noch eine völlig unverbindliche Zielrente“
Stellvertretend für zahllose Anträge wird aus einem Antrag der IG Metall Halle-Dessau zitiert: „Das Rentenniveau muss stabilisiert und wieder deutlich angehoben werden.“ Zu Betriebspensionen nehmen hingegen „deutlich weniger Anträge Stellung“, wie es heißt. Meist laute der Tenor, sie sollten als Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung dienen. Und: „Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wird überwiegend kritisch beleuchtet.“ So schreibt etwa die IG Metall Kiel-Neumünster, dass es „die Demontage der Betriebsrenten auf die Spitze“ treibe, indem die Firmen „völlig aus der Haftung genommen werden und statt einer garantierten Rente nur noch eine völlig unverbindliche Zielrente versprochen werden muss“.
Die FAZ hält es vor diesem Hintergrund für möglich, dass sich die Bundesregierung in den kommenden Tagen dazu entschließt, das Vorhaben komplett zu kippen und stattdessen ein Obligatorium in der bAV einzuführen. Zwar sei die von der Regierung eingesetzte Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ bestrebt, die bAV zu stärken und halte daher ein „Pflichtsystem“ für nötig. Es sei demnach aber völlig offen, wie dieses System schlussendlich aussehen werde.
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