- Von Lorenz Klein
- 25.10.2019 um 15:42
Sollte die Versicherungsbranche über die „Wortschöpfung des Jahres“ abstimmen, so dürfte die „digitale“ – wahlweise auch „intuitive“ – „Abschlussstrecke“ gute Chancen auf einen der vorderen Plätze haben. Vor allem in der Gewerbeversicherung haben sich viele Anbieter in das vermeintliche Zauberwort verliebt. Beispiel HDI: In einer aktuellen Pressemitteilung zum neuen „radikal vereinfachten“ Versicherungsschutz für Firmen taucht es gleich dreimal auf. Aber dazu später mehr.
Wie ist die Begriffsinflation zu erklären? Hierbei hilft eine Bestandsaufnahme. „Gewerbepolicen wie die Betriebshaftpflicht sind in Deutschland, mehr noch als andere Versicherungsangebote, traditionell Produkte der ,Offline-Welt‘ “, sagt Oliver Kuhnle, Geschäftsführer von Adam Riese, einem digitalen Versicherer, der zum Stuttgarter Finanzkonzern W&W gehört. „Nach Einschätzung von Adam Riese steht der Markt für gewerbliche Versicherungen über den Digitalkanal daher vor einem kräftigen Wachstumsschub.“
Dieser Ansicht ist auch Christian Buschkotte, Generalbevollmächtigter von Andsafe – bei dem es sich um einen reinen digitalen Gewerbeversicherer handelt, der aber wie Adam Riese einem traditionsreichen Versicherungskonzern zuzuordnen ist – der Provinzial Nordwest. Die Start-up-Tochter mit Sitz in Münster hat sich auf Gründer und Kleinstgewerbetreibende spezialisiert. „Hierbei handelt es sich um eher digital-affine Kunden, die sich bereits im Netz versorgen oder aber, mit entsprechender Orientierung ausgestattet, den Weg zum Fachmann suchen“, beschreibt Buschkotte die Zielgruppe von Andsafe – und das Potenzial ist groß.
Denn: Deutschland ist bekannt für seine hohe Dichte an kleinen und mittelgroßen Unternehmen – und das Verhalten dieser Unternehmen nähert sich aus Sicht von Adam-Riese-Chef Kuhnle „stark dem von Privatkunden an, sodass diese zunehmend bereit sind, auch Gewerbeversicherungen online abzuschließen“. Man habe sich daher dazu entschlossen, „als einer der ersten Anbieter ein vollautomatisiertes Gewerbeprodukt für die Online-Welt zu konzipieren“, so Kuhnle. Dazu gehöre insbesondere – Achtung – „der rein digitale Antrags- und Abwicklungsprozess“. Der Start-up-Chef verweist hier auf die Betriebshaftpflicht für Gewerbe, Bauhandwerk und Gastronomie, die Adam Riese Mitte September 2018 auf den Markt brachte – und damit gewissermaßen Neuland betrat, denn zuvor beschränkte sich das Angebot der Süddeutschen auf Privathaftpflicht- und Rechtsschutzpolicen.
Optimistischer Ausblick
Welche Zwischenbilanz im Vertrieb zieht Kuhnle ein gutes Jahr später? „Wir sind mit den Abschlusszahlen der Betriebshaftpflichtversicherung bisher durchaus zufrieden“, sagt er, ohne Zahlen zu nennen. Auf ausgewählte Risiken startet der Versicherungsschutz im Direktkanal mit einer Jahresprämie von 93 Euro, erhältlich ist die Betriebshaftpflicht außerdem über Poolmakler und Vergleichsportale.
93 Euro? Das ist ziemlich sportlich, dürfte sich der ein oder andere Gewerbemakler denken – zumal das Start-up des W&W-Konzerns auch auf der Leistungsseite ehrgeizige Ziele verfolgt. So wolle man mit der Update-Garantie und der Besserstellungs-Garantie „noch weiteres Potenzial“ erschließen. Und die Idee ist durchaus pfiffig, wenngleich nicht ohne Risiko: Sollte sich im Schadenfall herausstellen, dass die Vorversicherung des Versicherungsnehmers einen Schaden übernommen hätte, reguliert ihn Adam Riese ebenfalls, auch wenn er in dem jetzigen Vertrag nicht abgedeckt ist. „Von daher sind wir insgesamt sehr optimistisch, was den Markterfolg der Betriebshaftpflicht betrifft“, frohlockt Kuhnle.
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