- Von Oliver Lepold
- 16.03.2020 um 15:53
Pfefferminzia: Wie beurteilen Sie das Hin und Her um den Provisionsdeckel in der Lebensversicherung und die jüngst von der Bafin dazu gemeldeten Zahlen eines leichten Anstiegs bei der Vermittlerprovision?
Michael Heinz: Also zunächst sind wir sehr froh, dass der Provisionsdeckel bisher nicht über das Stadium eines Referentenentwurfs hinausgekommen ist. Dass sich die Groko bei manchen Themen schwertut, dürfte für alle politisch Interessierten seit Beginn dieser Regierung nicht überraschend sein. Insofern kann keiner derzeit sagen, ob, wann und in welcher Form ein Provisionsdeckel kommen wird.
Die von der Bafin gemeldeten Zahlen konfrontieren wir mit unseren eigenen Berechnungen in der Vermittlerschaft und hier ergibt sich ein anderer Eindruck, nämlich, dass die derzeitige Provisionshöhe schon um die angepeilte Höhe des Provisionsdeckels liegt. Schließlich haben die Vermittler infolge des LVRG, des Lebensversicherungsreformgesetzes, deutliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen und schon genügend getan, um die Abschlusskosten in dieser Sparte zu minimieren.
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Bleiben Sie bei Ihrer im vergangenen Jahr geäußerten Meinung, dass der Provisionsdeckel nicht kommen wird?
Wie Sie an den aktuellen bundespolitischen Entwicklungen sehen können, ist es in der derzeitigen politischen Konstellation sehr schwer, verlässliche Prognosen zu geben. Aber als Unternehmer sind wir Optimisten und vertrauen darauf, dass sich das Gute durchsetzen wird, und der Provisionsdeckel also nicht beschlossen wird.
Eine Ihrer Thesen lautet, der Provisionsdeckel vernichte Arbeitsplätze und sei verbraucherfeindlich. Wie begründen Sie dies?
Würde der Provisionsdeckel beschlossen, führte das dazu, dass ein Teil der Vermittler kein Auskommen mehr mit ihrer Selbstständigkeit hätte und aufgeben müsste. Da die stationären Vermittlerbetriebe auch als Arbeitgeber für angestellte Mitarbeiter fungieren, hätte das auch negative Folgen auf diese Arbeitsplätze.
Eine starke Regulierung – wie sie ein Provisionsdeckel zweifellos darstellt – würde zudem das Risiko einer Beratungslücke in sich tragen: Verbraucher, die eher geringe Summen anlegen können, erhielten keine adäquate Beratung mehr, da sich diese wirtschaftlich nicht mehr für die Vermittler lohnte. Zudem muss man bedenken, dass ein Provisionsdeckel nur sehr marginale Auswirkung auf die Rentabilität der zukünftig abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge hätte, und auf die bereits abgeschlossenen und seit Jahren laufenden Verträge hätte er überhaupt keine Wirkung.
Wie sollte Vergütung in der Branche stattdessen erfolgen?
Die bewährte Vergütungspraxis der Vermittler muss überhaupt nicht angetastet werden, nur weil jetzt über einen Provisionsdeckel diskutiert wird. Das Provisionssystem hat sich als Vergütungsform in Deutschland über Jahrzehnte durchgesetzt und bewährt. Es gewährt auch einkommensschwächeren Verbrauchern eine qualifizierte Beratung und Vermittlung. Wenn sich etwas ändern sollte, dann an den hohen Verwaltungs- und Marketingkosten der Versicherer.
Im Übrigen vermeidet ein Deckel nicht „Miss-Selling“ und Interessenkonflikte, sondern könnte diese sogar noch fördern. Denn die Beratungsqualität der Vermittler kann zurückgehen, wenn deren Einnahmen beschnitten werden und infolge dessen zum Beispiel Investitionen in die Aus- und Weiterbildung unterbleiben. Ein Provisionsdeckel widerspricht daher allen bisherigen Maßnahmen zum Verbraucherschutz und zur Verbesserung der Qualität der Beratung.
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