- Von Karen Schmidt
- 16.06.2020 um 11:16
Mehr als 10.000 Patienten sind 2018 wegen Behandlungsfehler gegen ihre Ärzte vorgegangen, zeigt eine Statistik der Bundesärztekammer. In 1.499 Fällen bestätigten Gutachter diesen Vorwurf auch – es seien durch eine fehlerhafte Behandlung gesundheitliche Schäden entstanden. Am häufigsten kommt es bei der Behandlung von Knochenbrüchen, bei Knie- und Hüftoperationen und bei der Therapie von Brustkrebs zu Arztfehler, zeigt die Statistik weiter.
Müssen Ärzte für Behandlungsfehler ihrer Ersatz-Ärzte haften?
Patienten werden häufiger Opfer von Behandlungsfehlern
Beratungsbedarf vor allem zu Patientenrechten steigt
Wenn man den Verdacht etwa einer Falschbehandlung hat, wie kann man als Patient dann dagegen vorgehen? Joachim Indetzki ist Fachanwalt für Medizinrecht bei der Offenburger Kanzlei Fahr, Gross, Indetzki und außerdem Partneranwalt des Rechtsschutzversicherers Roland. Er rät bei diesem Verdacht zu Folgendem: „Der Patient sollte am besten direkt ein Gedächtnisprotokoll über den Ablauf der Behandlung fertigen. Denn je mehr Zeit vergeht, umso eher geraten Details möglicherweise in Vergessenheit“, sagt er.
Ein wichtiger Ansprechpartner bei einem ersten Verdacht auf einen Behandlungsfehler sei die Krankenkasse, so Indetzki weiter. Denn sie seien verpflichtet, ihre Mitglieder bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen, die aus Behandlungsfehlern entstanden sind, kostenlos zu unterstützen. Bei Verdacht auf eine fehlerhafte Behandlung könnten die Kassen ein Sachverständigengutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einholen, um zu klären, ob überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt. „Ein negatives Gutachten des medizinischen Dienstes bekommt nur der Patient selbst, nicht die Gegenseite zu sehen. Das kann vorteilhaft sein, wenn der Patient mit Hilfe eines Anwalts trotzdem gerichtlich vorgehen möchte“, so der Anwalt.
Auf Verjährungsfristen achten
Auch auf Seiten der Ärzte gebe es aber Einrichtungen, die Patienten im Ernstfall unterstützen könnten. Die Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen seien meist bei der zuständigen Landesärztekammer oder Landeszahnärztekammer angesiedelt. „Diese greifen Fälle auf, die noch nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sind und die in der Regel nicht länger als fünf Jahre zurückliegen dürfen“, erklärt Indetzki. Aber: „Schlichtungsstellen können nur angerufen werden, wenn beide Parteien damit einverstanden sind.“
Dafür gebe es den Vorteil, dass während des Verfahrens die Verjährung gehemmt werde. In der Regel verjähren die Ansprüche aus Behandlungsfehlern nämlich nach drei Jahren. Die Frist beginnt dabei erst, wenn der Patient vermutet oder erfahren hat, dass ein Arztfehler vorliegt.
Wenn sich der Verdacht bestätigt
Ist was dran an der Vermutung des Patienten, dass sein Arzt ihn nicht richtig behandelt hat, sollte er am besten einen Anwalt zu Rate ziehen, so Indetzkis Empfehlung. „Der Anwalt kann zunächst die Erfolgsaussichten auf Schadenersatz einschätzen. Wenn durch das Gutachten belegt wird, dass tatsächlich ein Fehler gemacht wurde und dieser zu gesundheitlichen Schäden geführt hat, stehen die Chancen auf Schadenersatz, zum Beispiel für den Verdienstausfall durch einen längeren Klinikaufenthalt, oder auf Schmerzensgeld gut.“
Ein positives Gutachten des medizinischen Dienstes verpflichte den Arzt aber noch nicht zur Zahlung. Es diene zunächst einmal als fachliche Grundlage für eine weitere gerichtliche oder außergerichtliche Klärung. Indetzki: „Oftmals gelingt es, eine Regulierung mit dem zuständigen Haftpflichtversicherer bereits außergerichtlich zu erreichen.“ Klappt das nicht, kann der Patient immer noch Klage einreichen. Manche Fälle werden dabei nach ein bis zwei Jahren geklärt, ein Verfahren kann aber auch deutlich länger dauern, warnt der Anwalt.
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