Die Arbeitskraftabsicherungsexperten unseres Roundtables: Michael Hinz, SIGNAL IDUNA, Michael Franke, Franke und Bornberg (obere Reihe v. l.); Michael Matz, Münchener Verein, und Versicherungsmakler Philip Wenzel (untere Reihe v. l.). © Freepik
  • Von Karen Schmidt
  • 23.06.2020 um 10:33
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lesedauer Lesedauer: ca. 09:45 Min

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Arbeitskraftabsicherung aus? Wie kann die BU-Versicherung an Sex-Appeal gewinnen? Und was können Makler leisten, um die Arbeitskraftabsicherung voranzubringen? Diese Fragen besprachen wir mit den Experten unseres Roundtables.

Pfefferminzia: Die Corona-Pandemie sorgt in der Bevölkerung für Unsicherheit und finanzielle Probleme. Merken Sie, dass sich das auch auf die Arbeitskraftabsicherung auswirkt?

Philip Wenzel, Versicherungsmakler und Biometrie-Experte: Zu meiner Zielgruppe gehören vor allem Beamte, Ingenieure & Co., die auch vom Homeoffice aus arbeiten können und keine finanziellen Probleme durch die Corona-Krise haben. Ich habe diese Kunden auch schon immer übers Internet beraten – da merke ich keine großen Änderungen oder Hemmungen. Was jetzt allerdings häufiger kommt, ist die Frage, ob eine Berufsunfähigkeit durch das Coronavirus in einer BU-Versicherung abgedeckt wäre.

Und was antworten Sie darauf?

Wenzel: Wenn es dadurch eine gesundheitliche Einschränkung gäbe, die dazu führte, dass der Betroffene für mindestens sechs Monate nicht mehr arbeiten kann, dann wäre dieser Fall über die BU-Versicherung abgedeckt. Das ist der Vorteil des offenen Begriffs der Berufsunfähigkeit, den manche Leute kritisieren: Auch neue Erkrankungen, die man zum Vertragsabschluss noch gar nicht kennt, können zur Berufsunfähigkeit führen. Damit kann man auch Vertrauen in die Versicherung schaffen: Die ist so flexibel, dass sie jetzt schon das Coronavirus in den Schutz einschließt.

Wie ist die Erfahrung der Versicherer mit dem Kundenverhalten in der Corona-Krise?

Michael W. Matz, Leiter Fachbereich Produktmanagement und Marketing, Münchener Verein: Wir stellen fest, dass die Kunden ein Stück weit sensibler sind, was das Thema Biometrie angeht. Ich habe vor Kurzem ein Gespräch mit einem Versicherungsmakler geführt, der mir berichtete, er verzeichne derzeit eine deutlich höhere Nachfrage nach Risikolebensversicherungen und Produkten der Arbeitskraftabsicherung. Das ist angesichts der Bilder aus Krankenhäusern, die man aktuell im TV sieht, auch nicht wirklich verwunderlich. In der BU-Versicherung haben wir in diesem Jahr bisher ein Plus von 18 Prozent verzeichnet, vor allem getrieben durch den Maklervertrieb. Stundungen und Vertragskündigungen sind derzeit auf einem normalen Niveau.

Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer, Franke und Bornberg: Wir können nicht erkennen, dass die Kunden in solch einer Situation nicht erreichbar sind, sondern eher nutzen zu wenig Vermittler die Chancen. Das beweisen Vermittler, die auch in der Krisensituation erfolgreich sind. Diejenigen, die etwa der Video-Beratung offen gegenüberstehen und sich hier vorbereitet haben, verzeichnen gerade sogar Steigerungen im Neugeschäft. Viele Kunden haben gerade nämlich mehr Zeit, sich um Versicherungen zu kümmern. Das kann man für Online-Beratungen nutzen. Wir sehen das an unseren Programmen vers.diagnose und fb-xpert. Wir haben uns in den vergangenen beiden Jahren mit sehr viel Energie darum gekümmert, dass Lebensversicherungen und andere Produkte komplett online abschließbar sind, inklusive Risikoprüfung und elektronisch ausfüllbarer Anträge. März und April waren Top-Monate, was die Programm-Nutzung und Online-Abschlüsse angeht.

Könnte sich dieses digitale Arbeiten und das Arbeiten im Homeoffice, das uns wahrscheinlich noch eine Weile begleiten wird, auf die Produkte zur Arbeitskraftabsicherung oder die Risikoeinstufung auswirken?

Michael Hinz, Marktmanagement Leben, Unfall und Finanzzweige, Signal Iduna Gruppe: Nein, das glaube ich nicht. Klar, wer sonst viel unterwegs ist, hat beim Thema Reisen jetzt vielleicht ein verbessertes Risiko. Dafür führt das Arbeiten im Homeoffice auf der anderen Seite aber unter Umständen zu einer Vereinsamung und damit zu einer Zunahme von Depressionen oder Ähnlichem. Und diejenigen, die körperlich tätig sind wie Handwerker, können ja nur schlecht von zu Hause aus arbeiten. Alles in allem wird es dort also meiner Meinung nach keine gravierenden Änderungen geben. Wo jetzt mehr Power reingesteckt wird, ist das Thema Digitalisierung und Online-Abschlussstrecken. Wir haben da in der Vergangenheit schon dran gearbeitet. Jetzt merkt man, wie sich Türen öffnen, die vorher verschlossen waren – etwa beim Thema Datenschutz. Die Datenschützer haben viele Maßnahmen erst einmal verworfen. Jetzt sind sie deutlich offener, wenn es etwa um das Akzeptieren von Online-Unterschriften geht. Da wird sich jetzt noch einiges tun.

Wenzel: Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert ja immer die Tätigkeiten ab, die ich zuletzt ausgeübt habe. Klar verschieben die sich aktuell. Dass deswegen die Produktlandschaft angepasst werden muss, wage ich zu bezweifeln. Was wir aber brauchen, sind Onlinestrecken-fähige Produkte. Momentan gibt es noch keine Berufsunfähigkeitsversicherung, die ich wirklich von Anfang bis Ende online durchziehen könnte. Es muss immer noch irgendeiner draufschauen – gerade wenn eine Krankheit oder eine Kombination von Vorerkrankungen nicht dem Standard entspricht. Es gibt viele Baustellen, die durch diese Zwangsdigitalisierung aufgemacht werden. Da sollten die Versicherer ihre Angebote weiterentwickeln.

Franke: Die Folge eines so vereinfachten Online-Produktes wäre aber, dass Anträge schneller abgelehnt werden. Weil Gesundheitsfragen weniger komplex ausfallen müssen. Historisch sind die differenzierten Gesundheitsfragen ja deshalb entstanden, weil man dem Vertrieb die Möglichkeit geben wollte, möglichst viele Menschen zu versichern.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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