- Von Oliver Lepold
- 21.07.2020 um 11:07
Pfefferminzia: Wie hat sich die Verbreitung der Dienstunfähigkeitsklauseln in den vergangenen Jahren generell verändert? Verfügen heute deutlich mehr BU-Tarife über eine echte und vollständige DU-Klausel als vor zehn Jahren?
Michael Franke: Die DU-Klausel wurde und wird überwiegend von Versicherern angeboten, die Beamte zu ihrer Zielgruppe zählen, also den bekannten Beamtenversicherern und öffentlichen Versicherern. Eine zunehmende Verbreitung der DU-Klausel bei anderen Versicherern lässt sich nicht feststellen. Infolgedessen sind Veränderungen an den Formulierungen der DU-Klauseln auch nur vereinzelt vorgenommen worden.
Wie verbreitet ist es, für eine DU-Klausel einen Aufschlag zu verlangen?
Einen separat ausgewiesenen Aufschlag für eine DU-Klausel gibt es nicht. Und ein Preisvergleich von Tarifen mit oder ohne DU-Klausel Einschluss ist nicht möglich, da diese Klausel bereits fester Bestandteil dieser Tarife ist.
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Zentrales Merkmal bei der Qualität der Klausel ist, ob diese tatsächlich ein vereinfachtes Anerkenntnis darstellt, bei dem der Versicherer auf ein eigenes Prüfungsrecht verzichtet. Dann liegt – wie wir es bezeichnen – eine echte oder zumindest „eingeschränkte“ DU-Klausel vor. Eingeschränkt bedeutet hier, dass der Versicherer ausschließlich gesundheitliche Gründe für die Dienstunfähigkeit anerkennt, was aus unserer Sicht nachvollziehbar ist, um politisch motivierte Dienstunfähigkeiten auszuschließen. Die Formulierung der jeweiligen DU-Klausel richtig einzuordnen, ist mitunter nicht leicht.
Nennen Sie uns bitte ein Beispiel.
Eine Regelung mit der Formulierung „Ist die versicherte Person aufgrund Krankheit, Verletzung des Körpers oder Kräfteverfalls zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht nicht in der Lage und wurde sie deswegen wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt…“ würde ein eigenes Prüfungsrecht des Versicherers begründen. Der Satzteil vor dem „und“ stellt eine Voraussetzung dar, die der Versicherer bei dieser Formulierung der Klausel überprüfen darf. Dabei kann er zu einem anderen Ergebnis kommen als der Dienstherr und die Leistung verweigern. Dass der Versicherer dem Dienstherrn nicht blind folgen will, ist nachvollziehbar, doch genau das ist der Kern der ursprünglichen DU-Klausel.
Was ist sonst noch zu prüfen?
Es empfiehlt sich zu prüfen, ob die Klausel zeitliche Einschränkung vorsieht. Bei einigen Versicherern ist Voraussetzung, dass die Dienstunfähigkeit vor einem bestimmten Alter eingetreten ist. Liegt das Alter bei Eintritt der Dienstunfähigkeit über diesem Wert – zum Beispiel 46 Jahre –, prüft der Versicherer nicht mehr auf Dienstunfähigkeit, sondern auf allgemeine Berufsunfähigkeit. Bei Beamten auf Widerruf oder Probe bieten viele Versicherer die DU-Leistung nur zeitlich befristet an. Die Rente wird dann nur für 24 beziehungsweise 36 Monate erbracht.
Gibt es eine Formulierung für den Fall, dass der versicherte Beamte zwar berufsunfähig, aber nicht dienstunfähig ist?
Es besteht die Möglichkeit, dass Beamte nach der üblichen 50-Prozent-Klausel in der BU-Versicherung berufsunfähig sind, der Dienstherr sie aber trotzdem nicht dienstunfähig schreibt und sie z. B. vom Außen- in den Innendienst versetzt werden. Zudem kommt in Betracht, dass Versicherte aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden. In beiden Fällen ist eine Bedingungsformulierung, wie zum Beispiel „Bei Beamten liegt Berufsunfähigkeit auch vor, wenn …“ im Anschluss an die BU-Definition vorteilhaft. Das „auch“ bedeutet, dass im Zweifel auch die 50-prozentige Berufsunfähigkeit ausreichen würde. Darüber hinaus sollte natürlich auch darauf geachtet werden, dass die sonstigen Regelungen im Bedingungswerk eine hohe Qualität haben.
Ist zu erwarten, dass sich der Branchenstandard der DU-Klausel künftig zum Positiven verändert?
Eine größere Verbreitung der DU-Klausel erwarten wir auch in Zukunft nicht. Die Absicherung von Beamten wird wahrscheinlich auch künftig vorrangig über die einschlägigen Beamtenversicherer erfolgen. Da eine echte DU-Klausel immer auch ein kalkulatorisches Risiko für den Versicherer darstellt, wird die Zahl der Anbieter mit einer echten Dienstunfähigkeitsklausel nach unserer Auffassung auch künftig eher gering bleiben. Aber in diesem Produkt ist man vor Überraschungen nie sicher.
Diese Tarife enthalten eine DU-Klausel (Stand 06.2020):
Versicherer mit echter DU-Klausel
- DBV: SBU mit Einschluss allgemeiner DU (Stand 12.2019)
- Signal Iduna: SI WorkLife EXKLUSIV, SI WorkLife EXKLUSIV-PLUS (Stand 12.2019)
Versicherer mit eingeschränkter DU-Klausel
- Generali Deutschland (ehemals AachenMünchener): SBU BUVSBU, BUV PLUS
- Bayern-Versicherung: EinkommensSicherung Plus, EinkommensSicherung Invest Plus
- Condor: SBU
- Debeka: SBU für Beamte und Richter mit Einschluss DU (ABBV-B)
- die Bayerische: SBU PROTECT Komfort, SBU PROTECT Komfort plus, SBU PROTECT Prestige
- Feuersozietät: EinkommensSicherung Plus, EinkommensSicherung Invest Plus
- HUK-Coburg: SDU
- Provinzial Rheinland: TopSBV (Tarif 49)
- R+V: R+V-Berufsunfähigkeits-Police
- SAARLAND: EinkommensSicherung Plus, EinkommensSicherung Invest Plus
- Versicherer im Raum der Kirchen: SDU
Franke und Bornberg stellte auf Anfrage von Pfefferminzia aktuelle BU-Tarife mit einer Dienstunfähigkeitsklausel zusammen. Nur wenige bieten eine echte und vollständige DU-Klausel.
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