Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 05.08.2020 um 09:30
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Das Landgericht Köln musste sich jüngst mit einem Fall befassen, in dem ein Versicherer seinem Kunden rückwirkend das Krankentagegeld gekürzt hat. Wie das Urteil der Richter ausgegangen ist, erfahren Sie im Gastbeitrag von Fachanwalt Björn Thorben M. Jöhnke.

Was ist geschehen?

Der Versicherungsnehmer ist als selbständiger Versicherungsmakler tätig und hat eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Im Sommer 2017 nimmt der Versicherer eine Bedingungsanpassung gemäß Paragraf 164 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vor.

Nach diesem Paragrafen darf der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen eine Bestimmung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch eine neue Regelung ersetzen. Die neue Regel muss dabei die Belange der Versicherungsnehmer angemessen berücksichtigen. Nach Paragraf 164 Absatz 2 VVG wird sie Verstandsbestandteil, nachdem die neue Regel und die hierfür maßgeblichen Gründe dem Versicherungsnehmer mitgeteilt worden sind.

Der Versicherer unterrichtet seine Kunden über die Änderung. Nicht nachgeweisen werden konnte, zu welchem Zeitpunkt der Versicherungsnehmer die Mitteilung der Bedingungsanpassung erhielt. Sicher war nur, dass ihm spätestens im Laufe des Rechtsstreits die neuen Versicherungsbedingungen nebst Änderungsgründen zugegangen sind.

Während eines Arbeitsunfähigkeitszeitraums des Kunden prüft der Versicherer dessen durchschnittliches Nettoeinkommen. Dabei stellt er fest, dass bei dem Nettoeinkommen ein geringerer Tagessatz versicherbar ist als vertraglich vereinbart. Im Anschluss stellt der Versicherer den Tarif auf den geringeren Tagessatz um. Der Versicherer leistet nachfolgend Krankentagegeld in der herabgesetzten Höhe. Der Kunde verlangt die Differenz zwischen dem Auszahlungsbetrag und den ursprünglich versicherten Krankentagegeld.

Die Entscheidung des Landgerichts Köln

Das Landgericht (LG) Köln urteilt am 12. Februar 2020, dass dem Kunden gegen den Versicherer der geltend gemachte Differenzbetrag zusteht (Aktenzeichen 23 O 88/19). Der Versicherer habe in dem streitentscheidenden Arbeitsunfähigkeitszeitraum kein Recht gehabt, die Reduzierung des Krankentagegelds vorzunehmen.

Laut LG Köln könne der Versicherer die Herabsetzung nicht auf die Bedingungsanpassung stützen. Die angepasste Klausel sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht Vertragsbestandteil gewesen. Diese sei erst später wirksam in den Vertrag einbezogen, nämlich dann, als das Benachrichtigungsschreiben nachweislich dem Versicherungsnehmer zugegangen ist. Soweit die Versicherung von einem Versand mit Zugangsnachweis absieht, liege das in ihrer Risikosphäre.

Die spätere Einbeziehung der „neuen Klausel“ habe – so das Landgericht – keine Rückwirkung auf bereits abgeschlossene Versicherungsfälle. Die Anpassung wirke nur für die Zukunft.

Das Gericht stellt aber klar, dass die Vertragsparteien grundsätzlich einen anderen Zeitpunkt, zum Beispiel. rückwirkend zum Vertragsschluss, für das Wirksamwerden vereinbaren können, sofern dieses für den Versicherungsnehmer nicht nachteilig ist.

Fazit und Praxishinweis

Das LG Köln geht in der vorstehenden Entscheidung also davon aus, dass eine Bedingungsanpassung für laufende Krankentagegeldversicherungsverträge nur für die Zukunft möglich ist. Die Entscheidung ist aus Sicht der Kunden zu begrüßen und rechtlich durchaus nachvollziehbar. Wenn der Versicherer den Vertrag ändern will, muss er auch den Zugang der Änderungsmitteilung nachweisen. Wenn das nur per „normaler Post“ geschieht und dem Kunden nun mal nicht zugeht, kann das nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.

Demnach ist festzustellen, dass es im Bereich der Krankentagegeldversicherung sinnvoll ist, jede Leistungseinstellung eines Versicherers juristisch prüfen zu lassen und frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, da ansonsten die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten durch – möglicherweise – ungerechtfertigte Leistungsablehnungen durch Versicherungen vereitelt werden könnten.

Über den Autoren

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft.

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