Til Klein ist Gründer und Geschäftsführer des Fintech-Startups Vantik – und ein großer Fan von PEPP. © Vantik
  • Von Redaktion
  • 20.08.2020 um 16:19
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Die EU nimmt sich erstmals des Themas private Altersvorsorge an und schafft mit der „Europarente“ – auch als PEPP bekannt – ab Ende 2021 einen europäischen Binnenmarkt dafür. Deutsche Riester-Sparer könnten darin ein attraktiveres Produkt finden, meint Til Klein, Gründer und Geschäftsführer des Fintech-Startups Vantik in seinem Gastbeitrag.

Am 14. August 2020 hat die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa einen Gesetzentwurf für die „Europarente“ vorgelegt. Grund für die Einführung einer Europarente, auch Pan-European Personal Pension Product (kurz: PEPP) genannt, sind etwa die wachsende Altersarmut innerhalb der EU und die zum Teil intransparenten beziehungsweise unzureichenden Angebote zur Altersvorsorge in den Mitgliedstaaten.

Auch in Deutschland gibt es inzwischen einen parteiübergreifenden Konsens, dass die Riester-Rente überholt ist und einer grundlegenden Reform bedarf. Erst kürzlich hat Jörg Asmussen, designierter Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine „Riester-Revolution“ gefordert.

Riester-Rente nicht mehr zeitgemäß

Dass die Riester-Rente kein attraktives Produkt mehr zu sein scheint, zeigt der Blick auf die Statistik: Seit Jahren stagniert die Zahl der laufenden Verträge bei etwa 16 Millionen. Ja, das ist ein Menge. Die Riester-Rente scheint nahezu alternativlos zu sein. Und doch: Das Produkt ist nicht digital, nicht flexibel und erwirtschaftet – nicht zuletzt aufgrund des Niedrigzinsumfelds und der Kapitalgarantie – kaum Erträge.

Um dem Ganzen entgegenzusteuern, hat sich die Große Koalition in Sachen finanzieller Absicherung im Alter einiges vorgenommen. Bei wesentlichen Themen wie der Versicherungspflicht für Selbstständige, der säulenübergreifenden Renteninformation und der Einführung eines Standardproduktes ist es mittlerweile aber mehr als fraglich, ob es bis zum Ende der Legislaturperiode einen Fortschritt gibt.

Mit der Europarente bekommt die deutsche Politik nun eine zeitgemäße Lösung für die private Altersvorsorge auf dem Silbertablett serviert. Per Verordnung wird die Europarente Ende nächsten Jahres direkt in allen Mitgliedsländern in Kraft treten. Entscheidend für den Erfolg wird jedoch die steuerliche Behandlung sein, die den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen wird. Es ist zu hoffen, dass die Europarente gegenüber anderen Produkten steuerlich nicht benachteiligt wird und mindestens die gleichen Steuervorteile wie aktuell für die Riester- und Rürup-Rente gelten. Hier liegt der Ball nun bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Neue Standards für Verbraucherschutz – und Nachhaltigkeit?

Damit der Zugang zu privater Altersvorsorge aus Verbrauchersicht möglichst einfach ist, werden alle PEPP-Anbieter verpflichtet, eine einfache und erschwingliche Standardoption anzubieten: das sogenannte Basis-PEPP. Für das Basis-PEPP sind die Kosten und Gebühren per Kostendeckel auf ein Prozent des angesparten Kapitals pro Jahr begrenzt. Neue Wege geht die EU auch beim Thema Kapitalschutz, indem sie neben der klassischen Garantie explizit auch alternative Ansätze zur Kapitalsicherung zulässt.

Mit dem PEPP etabliert die EU neue Standards in Sachen Verbraucherschutz. Dessen ist sich etwa auch der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, bewusst und spricht beim geplanten Kostendeckel von einem „Durchbruch für den europäischen Verbraucherschutz“. Gerade der wird allerdings den Widerstand der Versicherungslobby heraufbeschwören – dagegen gilt es politisch Stand zu halten, gerade auch in Hinblick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Auch das Thema Nachhaltigkeit kann mit der Europarente eine größere Rolle in Sachen Altersvorsorge spielen. Bisher ist aber nur eine unverbindliche Kennzeichnung vorgesehen, ob bei der Geldanlage sogenannte ESG-Nachhaltigkeitskriterien (E = ecological, S = social, G = governance) berücksichtigt werden. Die verbindliche Berücksichtigung von ESG-Kriterien für die Europarente wäre ein großer Schritt in Richtung der Ziele des Green Deals, den die EU zum Erreichen der Klimaziele ausgerufen hat. Nicht zuletzt in Hinblick darauf muss der Appell an die deutsche Politik lauten, die Chance für ein wirklich zeitgemäßes Altersvorsorgeprodukt nicht verstreichen zu lassen.

Über den Autor

Til Klein ist Gründer und Geschäftsführer des Fintech-Startups Vantik, das Altersvorsorge für die Generation Smartphone anbietet. Zuvor war er als Partner & Managing Director bei der Boston Consulting Group (BCG) für das Retail- und Private-Banking-Geschäft in Deutschland verantwortlich und hat die Vertriebsentwicklung für Privat- und Geschäftskunden bei der UBS in Zürich geleitet. Er ist Mitglied des Expertenrats für die neue Europarente bei der europäischen Versicherungsaufsicht Eiopa.

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