- Von Redaktion
- 14.09.2020 um 12:08
In naher Zukunft werden Rechtsanwälte nicht nur mit ihren Mandanten und Gegnern, sondern mit der vollständigen Umsetzung der besonderen elektronischen Akte (beA) auch mit den Gerichten elektronisch kommunizieren. Im Bereich Gesundheit nutzen Ärzte Telemedizin und Patienten werden mit der elektronischen Patientenakte neue Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. Und Unternehmer können mit der Verwaltung elektronisch kommunizieren. Der Kreis der Kommunikation (Datenaustausch in jede Richtung) schließt sich sozusagen.
Ein Auslöser für die Beschleunigung der intensivierten Digitalisierung in Deutschland war Covid-19 beziehungsweise Corona, ein anderer Auslöser sind die die nunmehr technischen Möglichkeiten und die geschaffenen gesetzlichen Grundlagen. Deutschland soll und will online sein. Schon in wenigen Monaten werden digitale Kommunikationen verpflichtend sein. Die Jahre 2021 und 2022 werden Meilensteine in der Umsetzung digitaler Nutzungen sein (ERV-Gesetz ab 1.1.2022, PDSG ab 1.1.2021 und das OZG bis Ende 2022 verpflichtend).
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Unter dem Blickwinkel der sich exponenziell ausbauenden Digitalisierung einerseits, stellt sich die Frage, inwieweit Kanzleien, Praxen und Unternehmen auf der anderen Seite in ihrem Risikomanagement die Schattenseite der Digitalisierung bereits berücksichtigt haben. Bauen die Verwender personenbezogener Daten, wie Rechtsanwälte oder Ärzte und Unternehmen in gleichem Maße – besser: in ausreichendem Maße – ihre IT-Sicherheitsarchitektur aus beziehungsweise sichern sie sich in gleichem Maße wie die Digitalisierung voranschreitet, vor den Folgen von Informationsschäden ab?
Ein Gespräch zwischen Hans-Peter Schwintowski, Professor für Versicherungsrecht an der Humboldt Universität zu Berlin, und Mike Amelang, Versicherungsmakler und Co-Gründer von Cyberassistance.de, soll darüber Erkenntnisse bringen.
Mike Amelang: Herr Schwintowski, das Schlagwort Digitalisierung hört sich leicht und modern an. Man schaut auf den Nutzen. Über welchen Umfang sprechen wir, wenn wir über den weiteren Ausbau der Digitalisierung zum Beispiel in einer Rechtsanwaltskanzlei reden? Wohin geht die Reise?
Hans-Peter Schwintowski: Anwälte werden in Zukunft erheblich verbesserte Suchsysteme und Sprachprogramme einsetzen. Die Büro-Organisation wird sich grundlegend ändern. Es wird zunehmend Assistenzsysteme geben, die den Anwalt bei seiner täglichen Arbeit entlasten und unterstützen.
Amelang: Man kann also festhalten, dass die Abhängigkeit von der Datennutzung noch um ein Vielfaches gesteigert wird. Wo liegen aus Ihrer Sicht die „eigentlichen“ Risiken im digitalen Alltag für Anwaltskanzleien?
Schwintowski: Die digitalen Risiken liegen vor allem darin, dass sensible Daten von Mandanten in Anwaltskanzleien ausgespäht werden.
Amelang: Angenommen das IT-System wird infiltriert mit typischen Schäden, wie Datenabschöpfung, Erpressung, Ausfall und den Wiederherstellungskosten. Die Umfänge eines Schadens werden auch durch die umfangreichere Technik, welche benutzt wird, immer größer. Die Nutzung von Smartphones, iPads, Laptops und Homeoffice-Umgebungen ist neben den Geschäftsservern eine Selbstverständlichkeit geworden. Meine Frage: Angenommen ein Cyber-Schaden läge in Ihrer Kanzlei vor. Sie bekommen Kenntnis darüber und sollen das Problem lösen. Können Sie beschreiben welche Gedanken und Gefühle Ihnen in diesem Moment durch Ihren Kopf gehen würden?
Schwintowski: Meine Hauptfrage würde sein, wie ich meine Mandanten schützen kann und ob ich alles im Vorfeld getan habe, was zum Schutz der sensiblen Daten notwendig gewesen ist. Ich hoffe, dass ich einen kühlen Kopf behalten könnte, weil ich gut vorgesorgt habe.
Amelang: Schäden, wie eben geschildert können recht hohe Schadenfolgen nach sich ziehen. Die bestehenden Betriebssachversicherungen sichern solche Schäden nicht ab. Und nun?
Schwintowski: Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird es zu spät sein. Ich hoffe aber, dass die Kanzlei durch eine gute Cyber-Deckung vorgesorgt hat.
Amelang: Es ist ein Paradoxon: trotz der intensiven Nutzung der Digitalisierung können sich viele Unternehmen kaum vorstellen, welchen Umfang Cyber-Schäden anrichten können. Weshalb können sich Unternehmer das Risiko und die damit verbunden Kosten und Aufwände und damit verbundenen Notwendigkeiten nicht vorstellen?
Schwintowski: Ich glaube, der Hauptgrund liegt darin, dass viele Kanzleien Cyber-Probleme in größerem Umfang noch nicht erlebt haben, so dass sie schwer aus eigener Erfahrung einschätzen können, wie groß der Schaden werden kann.
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