- Von Juliana Demski
- 05.10.2020 um 13:52
Menschen, die auf stationäre Pflege angewiesen sind, müssen immer mehr Geld dafür aus eigener Tasche bezahlen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sich dieses Problems im Rahmen der geplanten Pflegereform annehmen, wie er in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ erklärte: „Mein Vorschlag ist, dass Heimbewohner für die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro Monat zahlen.“
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Das wären dann „maximal 25.200 Euro“, rechnete er der Zeitung vor. Die gesetzliche Pflegeversicherung bleibe damit zwar eine „Teilkaskoversicherung“, so Spahn. „Aber der Eigenanteil wird berechenbar.“
Der Gesundheitsminister begründet sein Vorhaben mit den seit Jahren steigenden Kosten für Pflegebedürftige und Angehörige. Seit 2017 sei der monatliche Eigenanteil für die stationäre Pflege um durchschnittlich 238 Euro gestiegen. Es bedürfe mehr „Planungssicherheit“, so Spahn. „Das schaffen wir, indem wir den Eigenanteil begrenzen.“
Kritik vom Verbraucherschutz
Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), kritisierte die Vorschläge des Ministers. Diese seien „bestenfalls halbherzig und lösen nicht das Problem“, erklärte Müller am Montag in einer Mitteilung. Gut sei, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden sollen. Die geplante Deckelung des Eigenanteils bei der stationären Pflege werde die Heimbewohner jedoch kaum entlasten.
„Minister Spahn will einen Deckel von 700 Euro für die ersten drei Jahre. Dazu muss man wissen: Heimbewohner sind in Deutschland im Durchschnitt nur 18 Monate im Pflegeheim. Hinzu kommt, dass die Heimbewohner zusätzlich zu den Pflegekosten auch die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen bezahlen müssen und diese im Bundesdurchschnitt bereits 1.229 Euro ausmachen. Insgesamt würde der Eigenanteil mit einem 700-Euro-Deckel also bei 1.929 Euro liegen. Angesichts einer Durchschnittsrente von 1.500 Euro ist das für die meisten Pflegebedürftigen weiterhin viel zu hoch“, kritisierte Müller.
Der VZBV fordert stattdessen, den pflegebedingten Eigenanteil „deutlich stärker“ zu begrenzen. Zudem müsse der Minister dafür sorgen, dass die Bundesländer die Pflegebedürftigen „nicht weiter im Stich lassen und sich endlich wieder – wie gesetzlich vorgeschrieben – an der Übernahme der Investitionskosten beteiligen“. Positiv hervorzuheben sei, dass Spahn die Pflege wohl auch aus Steuermitteln bezuschussen und die Leistungssätze jährlich anpassen wolle. Diese Anpassung sollte sich aber nicht nur an der Inflation, sondern auch an der Lohnentwicklung orientieren, betonen die Verbraucherschützer.
Mehr Geld für das Pflegepersonal
Zudem kündigte Spahn in dem Interview an, sich im Rahmen der grundlegenden Pflegereform im Herbst auch dafür einsetzen zu wollen, dass Pflegeheime ihren Angestellten höhere Gehälter auszahlen. „In der Pflege sollte mindestens nach Tarif bezahlt werden“, zitiert die Zeitung den Minister. „Um mit der Pflegeversicherung Leistungen abrechnen zu können, muss ein Pflegeheim oder ein Pflegedienst die Mitarbeiter in Zukunft nach Tarif bezahlen“ – beispielsweise über einen Haus- oder Branchentarifvertrag.
Aufgrund des Fachkräftemangels säße das Pflegepersonal bei den Tarifverhandlungen derzeit „am längeren Hebel“, räumte Spahn ein. So hätten 2018 nur 40 Prozent der Pflegeheime ihre Angestellten nach Tarif bezahlt, bei den ambulanten Pflegediensten seien es 26 Prozent gewesen. „Auch Urlaubsansprüche und Sonderzahlungen fallen deutlich geringer aus als angemessen. Das muss sich ändern“, findet der Minister.
Bezüglich der anstehenden Kosten für die Pflegereform rechne Spahn mit rund 6 Milliarden Euro. „Ganz grob kann man sagen: Die Deckelung der Eigenanteile macht rund drei Milliarden Euro aus, die bessere Bezahlung der Pflegekräfte rund zwei Milliarden, die Leistungen für die Pflege zu Hause etwa eine Milliarde“, erklärte er gegenüber der Zeitung. Dafür müsse der Bundeshaushalt hinhalten.
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