- Von Achim Nixdorf
- 05.10.2020 um 16:07
Der Gesetz-Entwurf zur Modernisierung des Versicherungssteuerrechts (VersStRModG) wird schon länger heiß diskutiert. Jetzt beschäftigte sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in öffentlicher Anhörung mit dem Thema. Für Versicherer und Verbraucherschützer Anlass genug, noch einmal deutliche Kritik an dem Vorhaben zu üben. In seltener Einmütigkeit warnen sie vor einem bürokratischen Mehraufwand in Millionenhöhe, der voll zu Lasten der Versicherungsnehmer gehen würde.
Worum geht es?
Zum Hintergrund: Normalerweise müssen Versicherungsunternehmen auf alle Schaden- und Unfallversicherungsentgelte 19 Prozent Versicherungssteuer abführen. Ausgenommen hiervon sind aus sozialen Gründen jedoch viele Personenversicherungen. Dies betrifft zum Beispiel die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, aber auch Kranken- und Pflegeversicherungsverträge. Der Staat belohnt damit indirekt Bürger, die Krankheiten oder eine Berufsunfähig privat absichern und damit im Fall der Fäll der Gemeinschaft nicht zur Last fallen.
Nach dem vorliegenden Gesetz-Entwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) soll diese Steuerfreiheit künftig nur noch dann gelten, wenn zwischen Versicherungsnehmer und mitversicherter Person ein Angehörigenverhältnis besteht, die Leistung also direkt an die versicherte Person oder an deren nahe Angehörige geht. Betroffen von dieser Einschränkung wären zum Beispiel Spielerausfallversicherungen, bei denen ein Fußballverein Geld kassieren würde, wenn ein Spieler berufsunfähig wird – oder sogenannte Schlüsselkraftversicherungen, mit denen sich ein Unternehmen gegen den wirtschaftlichen Ausfall einer Führungskraft absichern kann. Solche Policen sollen künftig unter die Versicherungssteuerpflicht fallen. Unter dem Strich rechnet das BMF so mit Steuermehreinnahmen von etwa 6 Millionen Euro. Eingeführt werden soll die neue Regelung schon für Vertragsabschlüsse ab dem 1. Juli 2021.
„Die Dummen wären die Versicherten“
Was sozialpolitisch gut gemeint sein mag, stößt in der Versicherungsbranche und bei der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten (BdV) auf wenig Gegenliebe. Unisono lehnen sie die Gesetzesnovelle in der jetzigen Form ab. „Um die Versicherungssteuerfreiheit aufrechtzuerhalten, wäre der Versicherungsnehmer durch die Neuregelung künftig angehalten, dem Versicherer fortlaufend seine privaten Lebensverhältnisse neu offen zu legen“, hieß es am Montag in einer Stellungnahme des BdV. Die durch diesen bürokratischen Aufwand ausgelösten Kosten würden dann unmittelbar auf die Kunden abgewälzt, so die Befürchtung. „Die Dummen wären wieder einmal die Versicherten, die der Staat für ihre Absicherung mit höheren Prämien bestraft “, ärgert sich Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV.
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Ähnlich sieht man das auch beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Aus unserer Sicht ist die geplante Reform ein bürokratisches Monster und damit ein gutes Beispiel, wie Bürokratieabbau nicht funktioniert“, sagte Volker Landwehr, Leiter der Abteilung Steuern beim GDV, dem „Handelsblatt“. Der GDV rechnet mit einem finanziellen Mehraufwand in mehrstelliger Millionenhöhe. Im Raum stehen Zahlen zwischen 130 und 150 Millionen Euro pro Jahr.
Neben diesen hohen Kosten bemängelt der GDV auch, dass die neuen Regelungen viel zu unscharf und abstrakt formuliert seien. „Die insgesamt deutlich profiskalische Ausrichtung der vorgeschlagenen Maßnahmen erscheint sozialpolitisch mehr als fraglich und konterkariert die eigene gesetzgeberische Zielsetzung eines modernen, sozial gerechten Versicherungssteuerrechts“, heißt es in einer Stellungnahme.
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