- Von Achim Nixdorf
- 06.10.2020 um 16:00
Bei neuen Renten- und Lebensversicherungen verabschiedet sich der Marktführer Allianz von der 100-Prozent-Garantie. Den Kunden würden ab 2021 nur noch Verträge mit einem Garantieniveau von 90, 80 oder 60 Prozent angeboten, teilte der Versicherer mit. Konkret geht es um die Produkte „Komfort Dynamik“, „Invest Flex“ und „Index Select“. Für ihr Vorsorgekonzept „Perspektive“ garantiert die Allianz standardmäßig mindestens 90 Prozent der Beiträge. Nur wo dies gesetzlich verankert ist – wie bei Riester-Verträgen oder der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) – will der Versicherer weiterhin ein Garantieniveau von 100 Prozent anbieten.
Freiraum für riskantere Anlageformen
Mit der Absenkung des Garantieniveaus möchte sich Deutschlands größter Lebensversicherer den nötigen Freiraum verschaffen, um das Geld seiner Kunden auch in riskantere Anlageformen wie Aktien oder Unternehmensanleihen stecken zu können. Denn die niedrigen Zinsen auf sichere Anlagen machen es zunehmend schwerer, die Kundengelder zu mehren. Die neue Strategie kann sich durchaus positiv auf die Rendite auswirken. Eine Gewähr dafür gibt es aber nicht. „Durch die Kombination des Sicherungsvermögens mit weiteren chancenorientierten Anlagen wie Aktien, alternativen Anlagen, Unternehmens- oder Schwellenländeranleihen lassen sich auch in Zeiten von Null- und Negativzins attraktive und sichere Lösungen gestalten“, heißt es hierzu in einer Mitteilung des Münchener Konzerns, der sein hiesiges Leben-Geschäft von Stuttgart aus betreibt.
Die Allianz gibt sich überzeugt, dass ihre Kunden den neuen Kurs mitgehen werden. Dies zeige sich etwa am aktuell verstärkt nachgefragten Vorsorgekonzept „Komfort Dynamik“, bei dem die Sparer den Anteil chancenorientierter Anlagen zum Vertragsbeginn stufenweise erhöhen könnten. „Wir haben bereits in der Vergangenheit unsere Angebote konsequent und frühzeitig so verändert, dass sie zu den Kundenbedürfnissen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen passen“, so Andreas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Allianz Leben.
Allianz sieht Politik in der Pflicht
Auch bei der bAV und der Riester-Rente drängt die Allianz auf Veränderungen. Hier sei die Politik gefragt, „rasch konkrete Maßnahmen zu entscheiden und umzusetzen“. Dazu gehöre auch eine „Anpassung des Garantieniveaus“, um Renditechancen zu erhöhen. „Allianz Leben ist bereit, zusammen mit Politik und Verbänden an der zügigen Ausgestaltung solcher Reformschritte mitzuwirken“, lässt der Konzern die Öffentlichkeit wissen.
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Pensionskasse geht in den Run-off
Die Allianz Leben hat nach eigenen Angaben mehr als 10 Millionen Kunden. Im ersten Halbjahr 2020 seien noch einmal 35.000 neue dazugekommen. Der Zuwachs resultiere aus neuen Absicherungen von Lebensrisiken wie etwa der Risiko-Lebensversicherung für Diabetiker oder dem Berufsunfähigkeits-Schutz für Schüler.
Im Breitengeschäft der bAV setze man auf die Angebote in der Direktversicherung und im Pensionsfonds, die deutlich attraktiver seien als in der Pensionskasse. Aufgrund der geringen Nachfrage werde die Allianz Pensionskasse (APK) ab 2022 auch keine neuen Verträge mehr annehmen. Dieser Schritt war zu erwarten gewesen, nachdem zuvor bereits das Presseversorgungswerk als Teil der APK in den sogenannten Run-off geschickt wurde (wir berichteten).
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