- Von Redaktion
- 16.10.2020 um 11:34
Immer wieder höre ich, dass Vermittler Beamte nicht beraten wollen, weil die Beratung von Beamten viel komplizierter sei. Da wage ich in aller Bescheidenheit zu widersprechen. Schon bei der Bedarfsermittlung, die ja ein wesentlicher Bestandteil der Beratung ist – oder zumindest sein sollte –, ist der Beamte deutlich unkomplizierter als ein Angestellter.
Denn der Angestellte bekommt sechs Wochen Lohnfortzahlung, für die er an sich keine Absicherung braucht. Ab dem 42. Tag bekommt er Krankengeld in Höhe von 70 Prozent vom Brutto, aber es darf die 90 Prozent vom Netto nicht übersteigen. Geregelt ist das in Paragraf 46 SGB V. Da davon noch die übrigen Sozialversicherungsabgaben weggehen, bleibt eine Lücke von 20 bis 25 Prozent zum vorherigen Netto. Mit Steuerfreiheit bei Progressionsvorbehalt fang ich mal gar nicht erst an. Den Anspruch auf Krankengeld hat der Angestellte, wenn er vorübergehend arbeitsunfähig ist. Wann ein Übergang zur Dauerhaftigkeit gegeben ist, ist nicht verbindlich geregelt.
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Der Beamte braucht kein Krankengeld. Er bekommt die volle Besoldung, bis er in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird. Ach ja… Der Beamte hat die vollen Ansprüche erst, wenn er auf Lebenszeit verbeamtet ist und fünf Jahre Wartezeit erfüllt hat. Der Angestellte hat volle Ansprüche auch erst nach fünf Jahren oder drei Jahren Beitragszahlung. Wir können also festhalten, dass beide in den ersten Jahren einen erhöhten Bedarf haben.
Und die Deutsche Rentenversicherung zahlt dem Angestellten eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn er dauerhaft außerstande ist, drei Stunden am allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Über die Qualität des Auslösers kann man sich vortrefflich streiten. Ich finde es grundsätzlich ok, wenn ich erst Geld bekomme, wenn ich nicht mehr umschulen kann. Der Gestaltungsspielraum sollte hier aber nur fair eingesetzt werden. Das ist, nach allem was man so hört, nicht immer der Fall. Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er innerhalb seiner Laufbahn nicht mehr verwendet werden kann. Auch hier sind Umschulungen und ein gewisses Maß an Verweisung möglich.
Die Berechnung der Rente für Angestellte hat eine einfache Formel:
Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x Rentenwert x Rentenartfaktor = Rente
Schon um die Entgeltpunkte zu ermitteln, muss ich jedes Jahr, seit ich Geld verdiene, nehmen und mein Gehalt mit dem Durchschnittsgehalt ins Verhältnis setzen. Verdiene ich so viel, wie der Durchschnitt, erhalte ich für dieses Jahr einen Entgeltpunkt. Verdiene ich mehr, dann größer 1, verdiene ich weniger, dann kleiner 1.
Beim Beamten nehme ich die durchschnittliche Besoldung der letzten zwei Jahre mit den ruhegehaltfähigen Dienstzeiten, die ich vorher mal den Prozentsatz 1,79375 nehme, mal und schon habe ich das Ruhegehalt berechnet.
Der Angestellte zahlt auch für eine Arbeitslosenversicherung. Aus dieser bekommt er 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent, wenn er Kinder hat. Sobald er sechs Monate gearbeitet hat, bekommt er das Arbeitslosengeld I für drei Monate. Nach acht Monaten Arbeit sind es vier Monate ALG I, nach zehn Monaten Arbeit fünf Monate ALG I. Zwölf Monate Arbeit braucht es für sechs Monate ALG I, 16 für acht, 20 für zehn und nach 24 Monaten Arbeit gibt es ALG I für zwölf Monate. Wenn jemand 36 Monate gearbeitet hat und über 50 Jahre alt ist, gibt es 15 Monate ALG I, nach 36 Monaten und älter als 55 Jahre gibt es 18 Monate und nach 48 Monaten und älter als 58 Jahre gibt es das Arbeitslosengeld für 24 Monate.
Der Beamte auf Lebenszeit kann nicht arbeitslos werden.
Die Bedarfsermittlung ist beim Angestellten also eigentlich viel komplizierter als beim Beamten. Und wer meint, dass nicht die Bedarfsermittlung oder die Beratung, sondern die Beamten so kompliziert sind, der hat vermutlich in vielen Fällen recht.
Aber es gibt ja Beamte vom Justizgehilfen bis zum Oberstudienrat in allen möglichen Laufbahnen. Und da sind sicherlich auch ein paar nette und unkomplizierte Menschen dabei.
Deswegen keine Angst. Es ist weniger kompliziert als ihr denkt.
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