- Von Lorenz Klein
- 23.11.2020 um 11:59
Handwerk hat goldenen Boden, sagt der Volksmund. Das mag durchaus stimmen, doch immer wieder zeigt sich, dass Handwerker zugleich einer sehr fordernden Arbeit nachgehen, die auf Dauer an der körperlichen Substanz nagen kann – wie auch das Beispiel eines Steinmetzmeisters aus dem Ruhrgebiet zeigt. Der Mann erleidet eine „degenerative Verschleißerkrankung des linken Ellenbogens“, so die Diagnose des Arztes. Zum Glück hat er eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abgeschlossen. Diese zahlt dem Selbstständigen Ende 2012 eine BU-Rente von 1.500 Euro im Monat – und das rückwirkend ab Mai 2011.
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Einige Jahre später prüft der Versicherer, ob sein Kunde immer noch als berufsunfähig anzusehen ist. Das ist sein gutes Recht, doch das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein herber Schlag für den Steinmetz. Denn wie das „Handwerk Magazin“ berichtet, droht der Versicherer damit, die Zahlungen einzustellen. Der Grund: Der Versicherer erfährt, dass der Betrieb umorganisiert wurde, damit der Meister sein Unternehmen trotz seiner gesundheitlichen Einschränkung weiterführen kann.
Welch bittere Konsequenzen eine sogenannte Umorganisation in bestimmten Fällen für BU-Versicherte haben kann, weiß Versicherungsmakler und BU-Experte Gerd Kemnitz zu berichten: „Kann der Grad der Berufsunfähigkeit durch eine zumutbare Umorganisation reduziert werden, sodass keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit mehr vorliegt, werden keine BU-Leistungen fällig.“ Anders formuliert: Ist zum Beispiel ein Handwerksmeister nicht mehr fit genug für die Schufterei an der Werkbank, aber zumindest in der Lage, seinen Betrieb vom Büro aus weiterzuführen und damit seine „Lebensstellung“, wie es Juristen ausdrücken, zu erhalten, muss ihm der Versicherer keine BU-Rente zahlen.
Viele Personengruppen betroffen
Dabei ist der Personenkreis, den dieses Problem einmal treffen kann, durchaus beachtlich – er umfasst Selbstständige, Freiberufler und Geschäftsführer sowie möglicherweise auch Schüler, Studenten, Auszubildende und junge Angestellte. Auch Beamte gehören dazu – jedenfalls sofern sie ihre berufliche Stellung in eine Selbstständigkeit ändern wollen oder einen Betrieb vererbt bekommen.
Immer wieder kommt es zu juristischen Streitereien darüber, welches Maß an Umorganisation der Versicherer den Betroffenen eigentlich zumuten darf. „Noch vor einigen Jahren galt eine Umorganisation bedingungsgemäß als zumutbar, wenn sie wirtschaftlich und betrieblich zweckmäßig ist‘ – die im Rahmen der Umorganisation ausübbare Tätigkeit musste lediglich aufgrund der Gesundheitsverhältnisse, der Ausbildung und Fähigkeiten zumutbar sein und der bisherigen Lebensstellung entsprechen“, erläutert Makler Kemnitz. „Weitere Konkretisierungen bezüglich Zumutbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gab es nicht. Das hat nicht selten zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt und zweifellos auch dem Ruf der Berufsunfähigkeitsversicherung geschadet.“
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