Die Experten unseres Gewerbe-Roundtables (v.l.): Christian Buschkotte, Generalbevollmächtigter Andsafe; Jan Roß, Bereichsvorstand Maklervertrieb Zurich Gruppe Deutschland; Christopher Leifeld, Geschäftsführer und Mitgründer Thinksurance; und Stephan Rathsack, Vertriebsmanager Freie Vertriebe Signal Iduna. © Pressefotos
  • Von Lorenz Klein
  • 03.05.2021 um 11:02
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lesedauer Lesedauer: ca. 10:05 Min

Welche Spuren hinterlässt die Corona-Pandemie im Markt für Gewerbeversicherungen? Konnten die hohen Erwartungen an die Digi­talisierung bei Vertrieb und Services erfüllt werden? Und wie können Gewerbe-Makler noch besser unterstützt werden? Die Experten unseres Roundtables geben Antworten.

Pfefferminzia: Die Corona-Pandemie hat auch den Markt für Gewerbeversicherungen seit nunmehr einem Jahr in ihren Bann gezogen, man denke etwa nur an die Querelen in der Betriebsschließungsversicherung – kurz BSV. Welche Zwischenbilanz ziehen Sie vor diesem Hintergrund, insbesondere mit Blick auf den Vertrieb? 

Stephan RathsackSignal Iduna: Wir gehören zu den Unternehmen, die trotz der sehr herausfordernden Situation auf ein zufriedenstellendes Geschäftsergebnis im vergangenen Jahr zurückblicken können. Unterm Strich standen sowohl ein Bestandszuwachs als auch ein Neugeschäftswachstum. Beim Blick auf unsere Kunden tut es allerdings richtig weh, mit anschauen zu müssen, wie gerade die kleineren, traditionellen Betriebe kämpfen müssen jeden Tag – und das jetzt schon über zwölf Monate. Das trifft auch zum Beispiel auf das Schaustellergewerbe zu, eine traditionelle Zielgruppe der SIGNAL IDUNA. 

Jan RoßZurich: Das ist definitiv so. Auf der anderen Seite sehen wir auch, welche spannenden neuen Geschäftsmodelle sich am Markt entwickeln – und auch die brauchen natürlich einen entsprechenden Versicherungsschutz. Außerdem haben wir gelernt, wie wichtig es ist, über die digitalen Medien deutlich stärker miteinander zu konferieren. Zugleich ist aber sicherlich jedem bewusst geworden, welchen Stellenwert das Persönliche, das Individuelle hat, das letztlich nicht ersetzbar ist. Und dann ist natürlich das Bewusstsein insgesamt für das Thema Risikoabsicherung deutlich gestiegen. Das heißt, Gewerbetreibende setzen sich in der Corona-Zeit viel stärker als bislang mit ihrem Schutzbedarf auseinander, sodass daraus natürlich auch neue Themen entstehen für Vermittler. Zum Beispiel: Was mache ich als Unternehmer eigentlich mit meinen Mitarbeitern, wenn die alle komplett im Homeoffice sind – und ergibt es dann nicht zum Beispiel Sinn, diese auch bei der Heimarbeit mit einer Gruppenunfallversicherung abzusichern?  

Christopher Leifeld, Thinksurance: Es sind vor allem drei Themen, die mich umtreiben. Im Hinblick auf die Regulierung in der BSV gab es sehr viele Graubereiche in den Bedingungswerken, die nun gerichtlich beurteilt wurden und werden. Die Versicherer haben hier viel Potenzial gehabt, sich klar und im Sinne ihrer Kunden zu positionieren – und wie immer haben einige die Chance besser genutzt als andere. Das zweite Thema ist das „New Normal“, in dem wir alle längst angekommen sind. Wir haben kürzlich „Einjähriges“ gefeiert, wenn man das so sagen kann – am 15. März 2020 hatten wir alle Mitarbeiter nach Hause geschickt. Ich denke aber, wir haben jetzt alle gelernt, damit umzugehen – und auch der Vertrieb findet immer seinen Weg. Auch hier gab es einen Digitalisierungsschub, der tatsächlich nachhaltig positiv für die Branche sein wird. Und das dritte Thema betrifft die Chance in der Krise, wie Jan Roß bereits sagte. Auf einmal verändern sich Geschäftsmodelle und damit auch Risiken. Für Makler bietet das nicht nur reines Vertriebspotenzial, sondern vor allem auch die Möglichkeit, zu einem neuen Selbstverständnis zu gelangen – weg vom Verkäufer, hin zum Berater und Risikomanager.  

Christian BuschkotteAndsafe: Das Jahr 2020 war für Andsafe das erste vollständige Jahr. Von daher können wir ohne Vergleichsjahr nicht wirklich einordnen, wie sich die Pandemie konkret auf uns ausgewirkt hat. Insgesamt betrachtet sind wir aber sehr zufrieden. Und wenn wir auf unsere Hauptkundschaft aus dem Gewerbebereich schauen, dann hoffen wir natürlich, dass die nun von allen Gewerbetreibenden abgeforderte Flexibilität sich gut mit unserer Mischbetriebslogik verträgt, die gewissermaßen dem Motto „Mach ruhig etwas, was dein Geschäftsmodell erweitert“ folgt. Es ist zu beobachten, dass noch nicht alle Unternehmerinnen und Unternehmer den Blick darauf gerichtet haben, ob ihr Geschäftsmodell auch wirklich adäquat abgesichert ist. Insofern gibt es sowohl auf Vermittlerseite als auch auf Versichererseite noch einiges zu tun, um den angepassten Geschäftsmodellen der Gewerbekunden Rechnung zu tragen. 

Fürchten Sie, dass in der Gewerbeversicherung herbe Ausfälle drohen, wenn die von vielen Experten erwartete Insolvenzwelle eintritt?  

Buschkotte: Im Moment ist das noch nicht sichtbar, die Zahlungssituation bei uns ist bislang völlig normal. Zumal die Politik die Rahmenbedingungen so geschaffen hat, dass der Großteil der Insolvenzen wohl erst im dritten oder vierten Quartal 2021 sichtbar werden würde. Es ist natürlich möglich, dass durch Andsafe versicherte Gewerbekunden, deren Unternehmen eher jünger und von daher noch nicht so stark etabliert sind, etwas stärker betroffen sein könnten. Dem gegenüber steht jedoch die Erwartung, dass die Gründungen – wie nach jeder Krise – deutlich zunehmen werden. Hier dürften wir dank unserer Positionierung überproportional partizipieren.  

Roß: Wir als Zurich haben in unserem Portfolio ein sehr ausgewogenes Verhältnis der unterschiedlichsten Branchen. Da ist alles dabei – vom Kleinbetrieb über den Mittelständler bis hin zum Industrieunternehmen. Diese Mischung wirkt sicherlich risikodämpfend. Ende des vergangenen Jahres haben wir im Übrigen eine Umfrage gestartet, um zu erfahren, wie kleine und mittelständische Unternehmer die Krise sehen und erleben. Danach sehen wir einen erheblichen Prozentsatz ganz konkret von der Krise bedroht, nämlich rund 30 Prozent. Zugleich sieht aber ein nicht unrelevanter Teil von gut 15 Prozent für sich und sein Geschäftsmodell gute Chancen. Auch da zeigt sich also ein ausgewogenes Bild.  

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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