- Von Achim Nixdorf
- 01.07.2021 um 16:47
Das dürfte viele gesetzlich Krankenversicherte freuen: Die Kassen gewähren seit dem 1. Juli bei mehr Behandlungen eine Zahlung. So profitieren jetzt zum Beispiel Menschen mit schwerer Parodontitis von einem umfangreicheren Therapieangebot. Die bisherige Behandlungs-Richtlinie galt als völlig veraltet. Nun soll sich die Behandlung am individuellen Bedarf der Patienten sowie am aktuellen wissenschaftlichen Stand orientieren, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mitteilt.
Betroffene erhielten im Zusammenhang mit der eigentlichen antiinfektiösen Therapie nun auch eine individuelle Mundhygieneunterweisung, die in einem eigenen Therapieschritt um ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch ergänzt werde, so die KZBV. Damit finde die „sprechende Zahnmedizin“ in der Parodontitis-Therapie erstmals Eingang in die GKV-Versorgung.
Auch eine strukturierte Nachsorge werde fortan von den Kassen übernommen. Und Pflegebedürftigen sowie Menschen mit Beeinträchtigungen ermögliche die neue Behandlungsrichtlinie eine Parodontitis-Therapie ohne Antrags- und Genehmigungsverfahren.
Parodontitis ist eine bakterielle Erkrankung, die den Zahnhalteapparat betrifft. Nach aktuellen Berechnungen sind allein in Deutschland fast 12 Millionen Erwachsene von einer schweren Form betroffen. Experten sprechen bereits von einer Volkskrankheit.
Leichterer Zugang zu langfristigen Therapien
Ab sofort haben Kassenpatienten auch einen leichteren Zugang zu Physio-, Sprach- oder Ergotherapien. Ein langfristiger Einsatz auf Kosten der Kassen ist nun bei mehr Krankheiten möglich als vorher, teilt die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit. Neu in die Diagnoseliste aufgenommen wurde zum Beispiel das Guillain-Barré-Syndrom (Erkrankung des peripheren Nervensystems) sowie die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta).
Zudem werde die Höchstmenge von Ergotherapien pro Verordnung von 10 auf 20 Einheiten erhöht. Damit könnten Patienten mit schweren chronischen psychischen Erkrankungen in der Regel mit einem Arztkontakt pro Quartal auskommen, und es werde sichergestellt, dass ihre Therapie nicht unterbrochen wird.
Kryokonservierung wird zur Kassenleistung
Eine weitere Änderung, die seit dem 1. Juli greift, betrifft junge Krebspatienten. Sie haben als gesetzlich Versicherte nun auch Anspruch auf Kostenübernahme, wenn sie sich dazu entschließen, vor einer Krebsbehandlung Spermien oder Eizellen einfrieren zu lassen.
Zum Hintergrund: Laut der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs erkranken jährlich 16.500 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren an einem Tumor. Zwar könnten 80 Prozent von ihnen geheilt werden, doch viele seien nach der Therapie unfruchtbar. Deshalb sei es zu begrüßen, dass die sogenannte Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen nun zur Kassenleistung werde.
Untersuchung für Schwangere
Erweitert haben die Kassen ihren Leistungskatalog auch für Schwangere mit der Blutgruppe Rhesus-negativ. Sie haben jetzt die Möglichkeit, ihr ungeborenes Baby mittels einer Blutabnahme auf den Rhesusfaktor D testen zu lassen, der zeigt, welche Blutgruppe das Neugeborene hat. Eine Mutter mit rhesus-positivem Baby erhält eine Impfung: die Anti-D-Prophylaxe. Nach Auskunft der DAK soll so eine gefährliche Blutunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind vermieden werden.
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