- Von Lorenz Klein
- 06.07.2021 um 12:28
Obwohl den Deutschen mehr Geld verloren geht, wenn sie ihre Lebensversicherung bloß stornieren, sprich kündigen, statt sie über den Zweitmarkt zu verkaufen, nutzen bislang nur wenige Versicherte diese Option: Laut einer aktuellen Hochrechnung des Zweitmarkthändlers Policen Direkt ging den Deutschen dadurch allein im vergangenen Jahr mehr als 100 Millionen Euro durch die Lappen (siehe erste Grafik).
GDV meldet geringste Stornoquote seit Wiedervereinigung
Standmitteilungen werden vollständiger, aber nicht verständlicher
Dieser von Policen Direkt hochgerechnete Wert basiert auf der Annahme, dass lediglich 20 Prozent aller stornierten Verträge zweitmarktfähig gewesen wären. Zudem wurde unterstellt, dass Policen Direkt den Kunden im vergangenen Jahr durchschnittlich rund 4,5 Prozent mehr gezahlt hätte als diese über eine einfache Kündigung erhalten hätten.
„Der Wert bleibt deutlich ausbaufähig“
Mit einem Verkauf würden die stornowilligen Versicherten demnach also deutlich mehr aus ihrer Noch-Police herausholen als über den Versand eines Kündigungsschreibens an den Versicherer. Trotzdem betrage der Anteil der im Zweitmarkt gehandelten Policen aktuell lediglich knapp 4 Prozent gemessen am Stornovolumen, wie Policen Direkt am Montag vermeldete. „Der Wert bleibt damit deutlich ausbaufähig, ein politischer Willen für eine gesetzliche Hinweispflicht ist parteiübergreifend nicht erkennbar“, kommentiert Henning Kühl, Leitender Aktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV), die aktuelle Lage am Zweitmarkt.
Immerhin konnten aber „alle im Zweitmarkt organisierten Unternehmen im vergangenen Jahr den Ankauf um 20 Prozent steigern“, berichtet Kühl. Wie sich die Nachfrage nach einem Policenverkauf über den Zweitmarkt künftig entwickeln wird, schätzt der Experte so ein: „Staatliche Hilfen und das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht haben bis dato eine Pleitewelle verhindert. Der Liquiditätsbedarf und damit Anfragen aus dem gewerblichen Bereich bleiben aber auch in 2021 auf unverändert hohem Niveau.“
Viele Versicherte hielten auch in Corona-Zeit an Verträgen fest
Tatsache ist allerdings auch, dass viele Versicherte, trotz so mancher Liquiditätsengpässe infolge der Corona-Krise, an ihren Verträgen festhielten und eher von der Option der Versicherer Gebrauch machten, ihre Beitragszahlungen für eine gewisse Zeit pausieren zu lassen.
Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im vergangenen Jahr 2,55 Prozent der Lebensversicherungen in Deutschland von den Versicherten storniert (wir berichteten). Damit fiel die Storno-Quote trotz der Corona-Krise, die vielen Versicherten Einkommensverluste beschert haben dürfte, geringer aus als 2019 (2,7 Prozent). Die Stornoquote im Bezug auf den mittleren Bestand an laufenden Jahresprämien gibt Policen Direkt unter Berufung auf Schätzungen der Ratingagentur Assekurata mit 4,7 Prozent an (2019: 4,5 Prozent, siehe zweite Grafik). Das Stornovolumen in der Lebensversicherung sank laut den GDV-Zahlen 2020 um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 13,3 Milliarden Euro.
„Die Verbraucher kennen den Wert ihrer Garantien und versuchen gerade in der Covid-19-Krise auch, die in den Policen vielfach enthaltene Absicherung biometrischer Risiken wie Todesfall oder Berufsunfähigkeit so lange wie möglich aufrecht zu erhalten“, erklärt Policen-Direkt-Mann Henning Kühl die jüngste Entwicklung.
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