- Von Achim Nixdorf
- 29.07.2021 um 18:53
Nachhaltige Geldanlagen befinden sich unverändert auf einem rasanten Wachstumskurs. Das zeigen die aktuellen Marktzahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Die Summe solcher Investments ist demanch deutschlandweit 2020 um 25 Prozent auf ein neues Rekordvolumen von 335,3 Milliarden Euro gestiegen.
Was bedeutet Nachhaltigkeit?
Doch was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit in der Altersvorsorge und wohin konkret wird die Reise in den nächsten Jahren gehen? Um solche Fragen zu diskutieren, hatte die Branchen-Initiative Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung am Donnerstag erstmalig zu einem virtuellen Fachkongress geladen. Bei den Experten-Vorträgen wurde schnell deutlich, dass vor den Akteuren noch viel Arbeit liegt, um das Thema mit Leben zu erfüllen.
„Spätestens 2035 wird es keine nicht nachhaltigen Finanzprodukte mehr geben“
Für jeden Dritten ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Auswahlkriterium
Auf ein zentrales Problem machte zum Beispiel Christian Klein, Professor für Sustainable Finance an der Universität Kassel, aufmerksam. Er verwies auf Verbraucherbefragungen, die zeigten, dass zwar die meisten Menschen für Nachhaltigkeit in der Geldanlage seien, jeder aber etwas anderes darunter verstehe. „Das kann zu vielen Missverständnissen in der Kundenberatung führen“, unterstrich er. Es sei deshalb wichtig, dass die EU-Taxonomie an dieser Stelle in nächster Zeit für mehr Klarheit und Transparenz sorge.
Defizite machte Klein auch noch hinsichtlich der Kundenansprache und der Information zu nachhaltigen Vorsorgeprodukten aus. Außerdem müssten die Anbieter die Frage klären und beantworten, welche Wirkung beziehungsweise welchen Impact sie mit ihren „grünen“ Anlagen verfolgten. Gehe es dabei nur darum, Risiken zu vermeiden oder wirklich etwas aktiv für eine bessere Welt zu tun? „Den Blick auf die Wirkung zu werfen, ist eine wichtige Debatte, die geführt werden muss“, forderte Klein.
Klimaneutralität bis 2050
An Michaela Willert vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) war es schließlich, den Kongressteilnehmern zu erläutern, wie die Branche insgesamt zu dem Thema Nachhaltigkeit steht und welche Ziele sie konkret damit verfolgt. Das zentrale Element bildet dabei ein Positionspapier des GDV-Präsidiums, wonach alle Kundengelder bis spätestens 2050 klimaneutral angelegt werden sollen.
Die Bürogebäude und die Infrastruktur der Assekuranz sollen bereits bis 2025 CO2-neutral ausgerichtet sein. Die Unternehmen strebten außerdem an, bis 2025 ökologische und soziale Kriterien sowie Aspekte guter Unternehmensführung (ESG-Kriterien) weiter in ihre Zeichnungsrichtlinien zu integrieren. Und langfristig würden die Versicherer auch keine gewerblichen und industriellen Risiken mehr zeichnen, die den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft negierten, so Willert. Ein weiteres wichtiges Ziel sei die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsetagen.
Kommt die Nachhaltigkeitsampel?
Einen wichtigen Aspekt in die Diskussion brachte auch noch Silke Stremlau, die Co-Vorsitzende des Sustainable-Finance-Beirates der Bundesregierung, ein. Sie forderte von der Politik „klare Leitplanken“ und „Rahmenbedingungen“, an denen sich der Finanzmarkt orientieren könne. Nötig seien mehr Transparenz und ein eindeutiges Klassifizierungssystem, womöglich auch eine Nachhaltigkeitsampel. „Die öffentliche Hand ist beim Thema Nachhaltigkeit ein zentraler Akteur mit einer Riesen-Vorbildfunktion und großen Gestaltungsmöglichkeiten.“
„Unser Ziel ist die Aufklärung“
Die Branchen-Initiative Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung (BINL) des Infinma Instituts für Finanz-Markt-Analyse ist ein speziell auf die Lebensversicherungsbranche zugeschnittener Verbund, der sich als Wissenspool und Kommunikationsplattform versteht.
Auf dem 1. Nachhaltigkeitskongress waren sowohl Produktmanager namhafter Versicherungskonzerne als auch externe Experten vertreten. „Unser Ziel ist die Aufklärung und Information der Branche mit einem Schwerpunkt auf dem Vertrieb. Denn der Vermittler muss das Thema Nachhaltigkeit zum Endkunden transportieren und dort nachhaltige Produkte abschließen“, sagt Marc C. Glissmann, geschäftsführender Infinma-Gesellschafter. Es werde daher auf jeden Fall weitere Folgeveranstaltungen geben.
Mehr Informationen finden Sie hier.
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