Jochen Pimpertz Leiter des Kompetenzfelds Öffentliche Finanzen, Soziale Sicherung, Verteilung am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. © IW Köln
  • Von Lorenz Klein
  • 03.11.2021 um 15:49
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2022 sollen die gesetzlichen Renten um mehr als fünf Prozent steigen – das freut viele Rentner, schafft zugleich aber künftige Probleme bei der Finanzierung, findet der Ökonom Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Er sagt, dass die Deutschen auf lange Sicht nicht um eine längere Lebensarbeitszeit herumkommen.

Rentner haben dieser Tage Grund zur Freude: Nach der Nullrunde bei den Renten im vergangenen Jahr – nur im Osten gab es ein kleines Plus von 0,72 Prozent – sind die Rentenkassen nun wieder weit geöffnet. 2022 sollen die Renten so stark steigen wie seit 40 Jahren nicht mehr. Für Rentenbezieher im Westen ist ein Plus von 5,2 Prozent drin, im Osten dürften die Bezüge mit 5,9 Prozent sogar deutlich stärker zulegen (Pfefferminzia berichtete).

Der Ökonom Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln nimmt die aktuelle Rentenerhöhung nun zum Anlass, um grundlegende Änderungen bei der Finanzierung der Renten zu fordern: „Auch zwei Jahrzehnte nach der Rürup-Kommission scheint es noch immer nicht angekommen zu sein, dass die Rentenpolitik nicht nachhaltiger wird, wenn die Finanzierungslasten auf die Schultern der jüngeren Beitragszahler überwälzt werden“, schreibt Pimpertz im Newsletter des Instituts.

Statt das Sicherungsniveau über das Jahr 2025 hinaus bei 48 Prozent zu stabilisieren, sollten jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden, fordert der Ökonom: „In den nächsten Jahren gehen die Baby-Boomer in Rente, auf dem Arbeitsmarkt fehlen Millionen Erwerbstätige. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie mag einen Beitrag liefern, eine qualifizierte Einwanderungspolitik einen weiteren. Auf Dauer wird es aber nicht ohne eine längere Lebensarbeitszeit gehen.“

Kritik an Rentenmechanismus

Pimpertz kritisiert vor dem Hintergrund der aktuellen Rentensteigerungen die Mechanismen, die solch starken Zuwächse zustande kommen lassen: „Die angekündigte Rentenanpassung folgt mit zeitlichem Abstand der wirtschaftlichen Erholung von der Corona-Krise. Die Rentenkassen dürften die Pandemie gut überstanden haben“, führt der Ökonom aus. Allerdings gerate dabei in Vergessenheit, so Pimpertz weiter, dass die Rentenanpassungsformel für diesen Sommer sogar ein Minus ergeben habe. „Die gesetzliche Rentengarantie verhinderte eine Kürzung, aber grundsätzlich soll mit dem sogenannten Nachholfaktor das ausgelassene Minus in den nächsten Jahren nachgeholt und mit Erhöhungen verrechnet werden.“

„Beitragszahler tiefer in die Tasche greifen“

Mit der doppelten Haltelinie, die die schwarz-rote Koalition 2018 auf den Weg gebracht habe, werde dieser Nachholfaktor aber bis zum Jahr 2025 ausgesetzt. Die Folge sei, dass die gesetzlichen Renten nicht nur stärker steigen als ursprünglich gedacht, sondern das Sicherungsniveau sogar auf aktuell 49,4 Prozent klettere. „Weil künftige Rentenanpassungen auf diesem erhöhten Niveau aufsatteln, müssen die Beitragszahler tiefer in die Tasche greifen“, schlussfolgert Pimpertz.

So habe eine IW-Simulation gezeigt, dass der Beitragssatz nach 2025 jedes Jahr um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte höher ausfallen müsse, wie der Ökonom schreibt. Immerhin: „Die aktuellen Rentner wird es freuen, denn das Sicherungsniveau wird voraussichtlich in der laufenden Legislaturperiode oberhalb von 49 Prozent liegen.“

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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