- Von Lorenz Klein
- 10.12.2021 um 14:45
Viele Versicherungskunden haben nur selten Kontakt zu ihrem Versicherer – ist die Police einmal abgeschlossen, melden sie sich oft erst im Schadenfall bei ihrem Vertragspartner. Dass der digitale Austausch zwischen der Versicherungsbranche und ihren Kunden aber auch durchaus rege sein kann, zeigt die aktuelle Studie „Techmonitor Assekuranz“ des Marktforschungsunternehmens Heute und Morgen.
Demnach ist das Insurtech Clark, das als Versicherungsmakler registriert ist – von Heute und Morgen aber aus nicht ersichtlichen Gründen dennoch in der Kategorie Versicherer geführt wird –, am stärksten darin, den Kontakt zu den eigenen Kunden zu halten, gefolgt vom Direktversicherer Huk24. Klassische Versicherer haben hingegen das Nachsehen, wenn es um die „digitale Kontaktintensität“ mit den jeweils eigenen Kunden geht. So folgen hier „erst mit größerem Abstand“, so die Marktforscher, Allianz, Ergo und Signal Iduna (siehe Grafik).
Persönlicher Kontakt zum Versicherer weiterhin gefragt
Was Makler bei der Kommunikation über WhatsApp beachten sollten
Während Clark einen Index-Wert von 153 erreicht, steht zum Beispiel bei der auf Rang 15 platzierten Provinzial nur ein Wert von 53 zu Buche. Laut der Marktforscher bedeutet das, dass die Kunden von Clark in den vergangenen sechs Monaten durchschnittlich 1,53 digitale Kontakte zu dem Insurtech hatten, bei der Provinzial beträgt die Intensität nur ein Drittel davon.
„Reine Insurtechs weiter auf dem Vormarsch“
Reine Insurtechs, wie etwa Clark oder Ottonova, seien „weiter auf dem Vormarsch“, wissen die Studienautoren zu berichten. So habe deren Sichtbarkeit und Bekanntheit unter den Versicherungsnehmern seit 2019 deutlich zugenommen. „Typische Kunden sind vor allem männliche, jüngere, gut ausgebildete, digital affine und in puncto eigener Versicherungskompetenz selbstbewusste Kundengruppen“, skizzieren die Marktforscher die Insurtech-Klientel. „Im Vergleich zu den klassischen Versicherern werden Insurtechs häufig günstigere Prämien, bessere Online-Services, schnellere Prozesse und einfachere Kündigungsmöglichkeiten zugesprochen“, heißt es. Zumindest vertreten etwa 60 bis 70 Prozent aller Insurtech-Kunden diese Auffassung, berichten die Autoren, wodurch sie die klassischen Versicherer „gehörig unter Druck“ setzten.
Dass die Zukunft aber keineswegs nur den Insurtechs große Chancen eröffnet, ist ein weiteres Ergebnis der Studie: Zwar wollen 46 Prozent der Bundesbürger den Großteil ihrer Versicherungsangelegenheiten zukünftig online regeln – immerhin 8 Prozent mehr als noch 2019 (38 Prozent). Zugleich ist es der Mehrheit der Versicherungskunden (60 Prozent) aber nach wie vor wichtig, einen persönlichen Ansprechpartner in Versicherungsfragen zu haben – dieser Wert ist in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben.
Dieser Kontakt brauche allerdings nicht unbedingt unmittelbar persönlich (face-to-face) erfolgen – auch telefonische und digitale Kontaktwege, wie E-Mail, Live-Chat, WhatsApp und so weiter mit den Vermittlern und Beratern erfreuten sich laut der Studie „zunehmender Beliebtheit und Zufriedenheit“. Künftig mehr oder weniger ganz auf persönliche Kontakte verzichten wollen demnach nur einzelne Kundengruppen.
„Klassische Versicherer müssen sich veränderten Kundenwünschen stellen“
Und schaut man isoliert auf die digitale Sichtbarkeit einzelner Versicherungsgesellschaften im Internet und in den Sozialen Medien, so dominieren nach wie vor die klassischen Namen (siehe „Gesamtmarkt“ in der Grafik oben). Demnach führen in der erwachsenen Gesamtbevölkerung aktuell die Allianz (40 Indexpunkte, minus 7 gegenüber 2020), Ergo (32, plus 2), Huk24 (25, minus 1), Huk-Coburg (25, unverändert) vor dem Insurtech Clark (22).
„Die Assekuranz-Landschaft befindet sich in einem deutlichen Umbruch. Klassische Versicherer müssen sich veränderten Kundenwünschen und Wettbewerbsbedingungen stellen. Dabei sollten sie jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass große Teile des Versicherungsgeschäfts auf persönlichem Vertrauen und persönlicher Beratung beruhen“, sagt Jana Grüger, Studienleiterin bei Heute und Morgen. „Diesen Kern gilt es mit Blick auf die Serviceversicherer zu pflegen, zugleich zu erneuern und auch im digitalen Kontext konsequent einzulösen“, so Grüger.
Wichtigster Informationskanal der Versicherungskunden im digitalen Raum bleiben demnach die Versicherer-Homepages (42 Prozent) vor den Vergleichsrechnern (39 Prozent). An Bedeutung deutlich verloren haben hingegen die Banken: Lediglich 12 Prozent der Bundesbürger hatten in diesem Jahr über die Homepage einer Bank Kontakt zum Thema Versicherungen (2019: 17 Prozent).
WhatsApp-Austausch mit Vermittlern nimmt zu
An Relevanz gewinnen zudem Versicherer-Homepages, die für Smartphones optimiert sind: Bereits mehr als jeder vierte Bundesbürger (27 Prozent) besucht die Homepages der Versicherer aktuell über ein Smartphone; 2019 waren es noch 18 Prozent. Und: Insbesondere im direkten Austausch mit Vertretern und Maklern haben Instant Messenger wie WhatsApp als Kommunikationsweg an Bedeutung gewonnen: Deren Nutzerzahl hat sich – von 2019 (6 Prozent) bis heute (11 Prozent) fast verdoppelt, wenngleich noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Mit Abstand wichtigstes interaktives digitales Kontaktmedium zwischen Versicherungen beziehungsweise deren Beratern und Vermittlern und den Kunden bleibe aber die E-Mail mit 48 Prozent (2019: 55 Prozent).
In puncto Kundenzufriedenheit mit digitalen Kontaktwegen und Kommunikationsformen zeige sich „ein sehr deutliches Bild“, heißt es weiter: Während die digitalen Kontakte mit den persönlichen Versicherungsberatern häufig ein Zufriedenheitstreiber seien, falle die Zufriedenheit der Kunden mit dem digitalen Kontakt mit den Zentralen der Versicherer deutlich ab: Auch die ohnehin bereits eingeschränkte Zufriedenheit mit den Homepages der Versicherer (55 Prozent) sei im Vergleich zu 2019 aktuell sogar um sieben Prozentpunkte zurückgegangen.
Kritisch werden die Homepages vor allem in puncto Produktinformationen sowie bei der Suche nach Kontaktdaten und Ansprechpartnern beurteilt. Besonders kritisch äußern sich hierzu diejenigen Nutzer, die die Versicherer-Homepages mit ihrem Smartphone besuchen. Chatbots sind aus Sicht der Versicherungsnehmer noch nicht wirklich ausgereift. Sie tragen aktuell häufig eher noch zur Verärgerung als zur Zufriedenheit der Kunden bei.
„Die Versicherungskunden schätzen und nutzen zunehmend die digitalen Kontaktmöglichkeiten zu den Versicherungsgesellschaften – damit steigt aber auch deutlich ihr Anspruch an die Qualität und den Nutzen der digitalen Angebote“, resümiert Axel Stempel, Geschäftsführer von Heute und Morgen.
Für die Studie wurden den Angaben zufolge rund 1.500 Bundesbürger ab 18 Jahren im Herbst 2021 zu ihren digitalen Kontaktpunkten im Versicherungsbereich innerhalb der letzten sechs Monate sowie zu ihren präferierten Kontaktkanälen und Kontaktwünschen befragt. Differenziert wurden dabei über 20 unterschiedliche digitale „Touchpoints“ und Kontaktanlässe. Zudem wurde die digitale Reichweite (Digital Touchpoint Index) und die digitale Kontaktfrequenz von 24 großen Versicherungsgesellschaften untersucht. Zeitreihenvergleiche liegen demnach vor für die Jahre 2020 und 2019.
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