- Von Andreas Harms
- 01.02.2022 um 12:38
Die Preise in Deutschland sind im Januar im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 Prozent gestiegen. Das meldet das Statistische Bundesamt und bezieht sich dabei auf vorläufige Zahlen. Damit liegt die Inflation zwar etwas niedriger als noch im Dezember 2021 (5,3 Prozent), dafür aber noch immer (zu) weit über dem offiziellen Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Die betrachtet den Euro als stabil, wenn die Inflation bei 2 Prozent liegt.
Am stärksten ging es für die Energiepreise nach oben. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 20,5 Prozent. Mieten hingegen bewegten sich mit plus 1,4 Prozent eher flach. Weitere Details über die einzelnen Teilwarenkörbe stehen noch aus.
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Erste geschätzte Zahlen für die gesamte Eurozone soll es morgen geben. Die könnten etwas niedriger liegen als jene für Deutschland, weil die Wirtschaft in anderen Teilen der Eurozone nicht ganz so stark brummt. Der Druck auf dem Arbeitsmarkt ist nicht überall so groß wie hierzulande. Mit gestiegenen Rohstoffpreisen – einem der derzeitigen Haupttreiber – haben hingegen alle Euroländer gleichermaßen zu tun. Die nach EU-Richtlinien errechnete (also harmonisierte) Inflation gibt das Statistische Bundesamt für Deutschland übrigens mit 5,1 Prozent an.
Die neuen Zahlen dürften kaum Druck vom Zinskessel nehmen. Seit Monaten behaupten EZB-Verantwortliche hartnäckig, die Inflation würde wieder vorübergehen. Weshalb die Zinsen unten bleiben könnten. Der Leitzins liegt noch immer bei null Prozent. Nur liegen die Verantwortlichen mit ihrer Geschichte bislang falsch. Stattdessen schwebt die Inflation hartnäckig weit über dem EZB-Ziel. Im Dezember meldete das europäische Statistikamt Eurostat einen harmonisierten Wert von 5,0 Prozent. Bislang sieht es so aus, als könnte nur ein satter Einbruch der Rohstoffpreise das ändern. Doch woher soll der kommen?
Weiteren Druck hingegen erzeugen die US-amerikanischen Kollegen von der Fed. Bei denen steht nun im Raum, dass sie vielleicht sogar sieben Mal in diesem Jahr die Zinsen erhöhen könnten. Das würde die Zinsdifferenz zwischen den beiden Wirtschaftsregionen weiter erhöhen. Schon heute liegt die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen bei 1,16 Prozent (Stand 1. Februar 2022). Die zweijährige Bundesanleihe rentiert bei minus 0,56 Prozent, was aber zugegebenermaßen das untere Ende der Euro-Renditen markiert.
Sollte sich die Zinsschere nun weiter öffnen, weil die EZB stur bleibt, würde das – zumindest nach Lehrbuch – den US-Dollar gegenüber dem Euro aufwerten. Und das wiederum würde Rohstoffe, die am Weltmarkt ja hauptsächlich in Dollar gehandelt werden, in Euro allein durch den Wechselkurs zusätzlich teurer machen. In den vergangenen sechs Monaten verlor der Euro gegenüber dem Dollar bereits über 5 Prozent an Wert. Netter Nebeneffekt, der aber die Inflation nicht drückt: Euroländer würden über ihre Exporte im Gegenzug auch mehr verdienen.
Tauben und Falken im Clinch
Inzwischen mehren sich die Stimmen weiter, die eine Reaktion der EZB fordern. Und zwar in Bezug auf Zinsen und nicht nur die seit Jahren laufenden Anleihekäufe. Zuletzt verlangte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, „deutliche Signale“ von EZB und Bundesregierung. Nur bestimmt Letztere eben nicht die Zinsen, sondern könnte über niedrigere Steuern Preise künstlich senken. Was am Ende aber nicht viel bringen dürfte.
Währenddessen berichtet das „Handelsblatt“ (Bezahlschranke), dass im Euro-Tower zu Frankfurt Tauben und Falken im Clinch liegen. Wobei Tauben für lockere und Falken für strenge Geldpolitik stehen. Und dass die sich fetzen, ist wahrlich nicht neu. Wohl aber das Umfeld, in dem sie das tun. Am Donnerstag tagt die EZB wieder und entscheidet über ihre Geldpolitik. Mal sehen, wer dann gewonnen hat.
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