- Von Achim Nixdorf
- 11.02.2022 um 14:08
Schon lange gibt es zu wenige Psychotherapeuten mit Kassenzulassung. Wer sich aber die Kosten einer privaten Therapie erstatten lassen möchte, wird von den Kassen oft abgewimmelt – und das heute noch mehr als vor der Pandemie. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) unter mehr als 500 Psychotherapeuten, die in Privatpraxen tätig sind. Danach ist die Ablehnungsrate von Erstanträgen auf Kostenerstattung durch die Krankenkassen seit 2019 im Mittel von 43 auf 48 Prozent gestiegen. Im Schnitt wird also inzwischen fast jeder zweite Antrag zurückgewiesen.
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„Die Krankenkassen haben ihren restriktiven Kurs bei der Kostenerstattung leider nicht geändert. Gerade in der Pandemie ist es aber wichtig, dass Patienten unbürokratisch und schnell eine Psychotherapie erhalten“, kritisiert der DPtV-Vorsitzende Gebhard Hentschel. Immerhin verpflichte das Gesetz die Kassen dazu, eine außervertragliche Behandlung in einer Privatpraxis zu finanzieren, wenn ein Patient zuvor keinen Platz in einer Vertragspraxis finden konnte (Paragraf 13 Abs. 3 SGB V).
Längere Bearbeitungszeiten
Wie die Umfrage weiter zeigt, hat in der Pandemie auch die Ablehnungsquote von Patienten-Widersprüchen zugelegt, und zwar von 26,6 Prozent im Jahr 2019 auf 29,8 Prozent im Jahr 2021. Ebenfalls angestiegen ist die Bearbeitungszeit der Anträge. Sie liegt derzeit bei durchschnittlich 5,9 Wochen. Zudem werden die beantragten Stundenkontingente nicht selten gekürzt.
„Wenn sich Menschen an Psychotherapeuten wenden, haben sie bereits einen großen seelischen Leidensdruck“, so Hentschel. „Vor einem Antrag auf Kostenerstattung haben sie meist eine monatelange erfolglose Suche hinter sich. Wir appellieren deshalb an die Krankenkassen, diesen Patienten keine zusätzlichen bürokratischen Hürden in den Weg zu stellen, sondern die gesetzlich vorgesehene Kostenerstattung zu bewilligen.“
Die wichtigsten Ablehnungsgründe
Und wie erklären die Kassen ihre abwehrende Haltung? Auch hierüber gibt die DPtV-Umfrage Auskunft. Begründet werden die Ablehnungen demnach am häufigsten mit dem Verweis auf die Vermittlung von Psychotherapieplätzen durch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und dem Argument, dass es „genügend Vertragspsychotherapeuten“ gebe. Oft werde auch einfach behauptet, die Kostenerstattung sei nicht mehr erlaubt. Darüber hinaus verwiesen die Kassen gern auf ihre eigenen Versorgungsangebote und auf digitale Gesundheitsanwendungen.
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