- Von Andreas Harms
- 15.02.2022 um 10:57
Pfefferminzia: Sind Atom- und Gaskraftwerke wirklich nachhaltig?
Daniel Regensburger: Unsere nachhaltige Philosophie lautet: Heute nicht auf Kosten von morgen. Hier nicht auf Kosten von woanders. Daher sind unserer Ansicht nach weder Atomenergie noch Erdgas Energiequellen für eine nachhaltige Zukunft. Denn trotz besserer CO2-Bilanz bergen beide Technologien erhebliche negative Kosten für unser gemeinsames Morgen.
Jeder investierte Euro, der aufgrund der neuen EU-Einstufung nun in die eben nicht klimaneutrale Gasenergie fließt, anstatt in erneuerbare Energien, verlangsamt den Umbau unserer Energieversorgung in Richtung Klimaneutralität.
Bei der Atomenergie stehen wir seit Jahrzehnten vor dem ungelösten Problem der Lagerung des hochgiftigen Atommülls. Die deutsche Odyssee um die Suche nach einem geeigneten Endlager zeigt, wie wenig diese Energieform mit der eigentlichen Bedeutung des Konzepts von Nachhaltigkeit gemein hat. Auch hinsichtlich der Missbrauchsgefahr von atomarem Müll über enorme Zeiträume, stehen wir vor hohen Unwägbarkeiten. Ganz zu schweigen von der Versicherbarkeit dieser Energieform.
„Unfallgefahr und die nicht geklärte Endlagerung sind problematisch“
„Das wäre aus unserer Sicht Greenwashing“
Kapitalanlage der Versicherer wird nachhaltiger
Mit maximal 270 Gramm je Kilowattstunde liegt der Emissionswert neuer Gaskraftwerke weit unter denen von … sagen wir mal … Braunkohlekraftwerken mit 940 Gramm. Brauchen wir nicht solche Technologien, um Blackouts zu verhindern?
Zurzeit wird nur etwa 17 Prozent des Primärenergiebedarfs aus erneuerbaren Energien erzeugt. Als Brückentechnologie werden wir Gaskraftwerke daher noch einige Jahre brauchen. Umso mehr plädieren wir für einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Hier sehen wir die Politik in der Pflicht, dringend die richtigen Weichen zu stellen – Stichwort Windkraftausbau. Denn klar ist: Die Zukunft gehört den Erneuerbaren.
Neben der Frage nach den Emissionen geht es außerdem um das Thema der Energie-Abhängigkeit von Akteuren wie beispielsweise Russland. Eine gewisse Abhängigkeit von importierter Energie wird auf Sicht nicht zu vermeiden sein. Statt auf Erdgas sollten wir dabei aber in Zukunft viel eher auf Partnerschaften im Bereich Wasserstoff oder synthetischer Kraftstoff setzen, die mit erneuerbaren Energien erzeugt wurden.
Vor allem klassische Energieaktien und -anleihen kamen zuletzt mit enorm günstigen Bewertungen und hohen Dividendenrenditen daher. Sollte man solche Renditechancen nicht nutzen und dann die Unternehmen als Aktionär beeinflussen?
Unsere Philosophie ist ein andere: Wir investieren konsequent, transparent und unmittelbar in die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Wir sind das beste Beispiel dafür, dass verantwortungsbewusste Investments ohne Kompromisse bei der Transparenz oder der Nachhaltigkeit eine hervorragende Rendite erzielen können.
Welche Rolle spielt die Taxonomie generell in Ihren Anlagerichtlinien?
Bereits seit lange vor der Einführung der EU-Taxonomie investieren wir Kundenbeiträge ausschließlich in rein nachhaltige Anlagen. Zudem verpflichten wir uns in unseren Investitionsentscheidungen den Principles for Responsible Investment (PRI) der Vereinten Nationen. Somit sind wir der EU-Taxonomie zur nachhaltigen Geldanlage gewissermaßen zuvorgekommen und mussten bei unseren Investitionsentscheidungen keine maßgeblichen Änderungen vornehmen. Auch bei der Bayerischen tätigen wir neue Investitionen grundsätzlich nur noch in Assets, die mindestens Artikel 8 erreichen. Für die Assetklassen Immobilien, Private Equity, Infrastruktur und Erneuerbare Energien sind eigene Artikel-9-Fonds, also Mandate die Zukunft.
Wie haben Sie Ihren eigenen Kriterienkatalog erstellt?
Wir haben uns dem Thema Ausschlüsse über Positivkriterien angenähert. Wir investieren nur in die definierten nachhaltigen Sachwert-Assets, alles andere schließen wir aus. Demnach sind alle Bereiche, die nicht ausdrücklich zu den wenigen transparent kommunizierten Positivkriterien zählen, automatisch Teil des Ausschlusskatalogs. Bei unseren Positivkriterien für nachhaltige Investments orientieren wir uns stets sowohl an den UN PRI als auch an den SDGs.
Wie teilt sich das von Ihnen verwaltete Vermögen prozentual in nachhaltig und herkömmlich auf?
Wir legen hundert Prozent des verwalteten Vermögens in unseren beiden nachhaltigen Fonds an. Unsere Investments fördern ausschließlich erneuerbare Energien und nachhaltiges Wohnen und leisten somit einen aktiven Beitrag für eine nachhaltige Zukunft. Auch bei der Muttergesellschaft die Bayerische geht die Tendenz klar in Richtung einer immer nachhaltigeren Zusammensetzung der Kapitalanlagen. Die Versicherungsgruppe hat den Anteil an nachhaltigen Investments in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, investiert ebenso nach klaren Negativ- und Positivkriterien und verpflichtet sich auf die PRI. In der Kapitalanlage der Bayerischen haben wir deshalb ein klares Ziel festgelegt: Der komplette Deckungsstock soll Artikel 8 entsprechen.
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