- Von Lorenz Klein
- 21.03.2022 um 12:32
Frank Grund, oberster Versicherungsaufseher bei der Finanzaufsicht Bafin, hatte bereits angekündigt, die Kosten von Lebensversicherungen in diesem Jahr verstärkt ins Visier zu nehmen (wir berichteten) – und nun macht die Behörde mit ihrem Vorhaben offenbar ernst: „Wenn Lebensversicherungen zu viel kosten“, lautet die ungewöhnlich deutlich formulierte Überschrift, die auf Seite 12 des aktuellen „Bafin-Journals“ prangt (Download hier).
Hohe Kosten könnten „ein Zeichen für Mängel in den Produktfreigabeverfahren sein und dafür, dass Versicherer Interessenkonflikte im Vertrieb nicht gut genug im Griff haben“, schreiben die Autoren Guido Werner und Roland Paetzold vom Grundsatzreferat Lebensversicherungen. Zudem könnten hohe Kosten „darauf hindeuten, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis von Versicherungsanlageprodukten nicht angemessen ist“.
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Dass die Autoren die Kosten von Lebensversicherungen vielerorts für zu hoch halten, begründen sie mit den Ergebnissen einer branchenweiten Bafin-Abfrage unter deutschen Lebensversicherer aus dem vergangenen Jahr. Darin hatte sich die Behörde nach den Effektivkosten und weiteren Informationen zur Kostenbelastung für die drei am meisten verkauften Produkte erkundigt. „Die Abfrage fördert bei einigen Unternehmen Verbesserungsbedarf zutage“, schlussfolgern Werner und Paetzold – sowohl im Produktfreigabeverfahren als auch beim Umgang mit „potenziellen Interessenkonflikten im Vertrieb“, wie es heißt.
Was ergab die Abfrage der Bafin konkret?
Zunächst konstatieren die Autoren, dass die Effektivkosten der betrachteten Produkte sehr unterschiedlich ausfielen – sie geben an, wie stark die jährliche Rendite eines Versicherungsanlageprodukts durch die insgesamt anfallenden Kosten gemindert wird. In einem Beispiel der Autoren wirkt sich dieser Effekt nun so aus: Bei einem Eintrittsalter von 37 Jahren und eine Vertragslaufzeit von 30 Jahren betragen die Effektivkosten der meistverkauften fondsgebundenen Produkte im gewichteten Mittel 1,90 Prozent. Fächert man diesen Durchschnittswert etwas genauer auf, ergibt sich laut Bafin dieses Bild: Bei 25 Prozent der Produkte sind die Effektivkosten niedriger als 1,30 Prozent, bei 50 Prozent niedriger als 1,64 Prozent und bei 75 Prozent niedriger als 2,35 Prozent – was im Umkehrschluss bedeutet: 25 Prozent der Verträge haben Effektivkosten von mehr als 2,35 Prozent.
Dabei gilt: „Je kürzer die Vertragslaufzeit ist, desto höher sind tendenziell die Effektivkosten“, berichten die Autoren. Und weiter: „In der fondsgebundenen Lebensversicherung liegen sie signifikant über den Werten der klassischen Lebensversicherung. Bei allen Eintrittsalter-Laufzeit-Kombinationen gibt es Lebensversicherer, bei denen die Effektivkosten der meistverkauften fondsgebundenen Produkte oberhalb von 4 Prozent liegen.“ Für die Versicherungsnehmerinnen und -nehmer bedeute das, dass sie erst dann einen Anlagegewinn erzielten, wenn die zugrundeliegenden Kapitalanlagen entsprechend hohe Renditen erreichten, wie die Autoren betonen.
Unbekannte Rückvergütungen im Visier der Bafin
Neben den Effektivkosten hat die Bafin auch Informationen zu Rückvergütungen von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) – kurz Fondsgesellschaften – bei den Lebensversicherern erfragt. Hintergrund: Bei vielen Fonds, die in fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen verwendet werden, zahlen die Fondsgesellschaften Rückvergütungen, sogenannte Kickbacks, an die Lebensversicherer oder auch an die Vermittler, die die Fonds für ihre Kunden ausgewählt haben. Laut Bafin passiert das bei etwa einem Drittel der neu abgeschlossenen Fondspolicen und macht im gewichteten Mittel pro Jahr knapp über 0,30 Prozent des Fondsguthabens aus – in der Spitze sogar bis über 1,20 Prozent.
Seite 2: Welche Maßnahmen leitet die Bafin aus den Ergebnissen ab?
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