- Von Karen Schmidt
- 27.06.2022 um 14:48
Seit 1. Januar 2022 bekommen Pflegebedürftige, die in Pflegeheimen wohnen, einen gestaffelten Zuschlag, der mit der Aufenthaltsdauer steigt. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit hat nun die Höhe dieser Zuschläge für ihre Versicherten ermittelt: Vier von zehn Pflegebedürftige, für die ein Leistungszuschlag gewährt wurde, erhalten danach den Höchstsatz von 70 Prozent, weil sie bereits länger als drei Jahre im Heim leben.
Hochgerechnet auf das Jahr entsteht ein Milliarden-Bedarf, wodurch nach Einschätzung von DAK-Vorstandschef Andreas Storm neue Finanzlücken in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) drohen. Der GKV-Spitzenverband rechnet bislang für 2022 mit einer Finanzierungslücke in der SPV von 2,3 Milliarden Euro.
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Für die Pflegeanalyse hat die DAK für den Zeitraum von Januar bis Ende Mai 2022 monatliche Zuschüsse an rund 80.000 pflegebedürftige Frauen und Männer ausgewertet, die sich auf mehr als 150 Millionen Euro beliefen. 40 Prozent sind Pflegebedürftige, die über drei Jahre im Heim leben. Sie bekommen damit den höchsten Zuschlag von 70 Prozent zu den Eigenanteilen bei den pflegebedingten Kosten.
Etwa 14 Prozent der stationär Gepflegten sind länger als zwei und höchstens drei Jahre im Pflegeheim – sie erhalten einen Zuschlag von 45 Prozent. Ein Fünftel erhält nach 13 bis 24 Monaten einen Zuschlag von 25 Prozent. Den geringsten Zuschlag von 5 Prozent erhalten Pflegebedürftige, die maximal ein Jahr im Heim leben. Sie machen etwas mehr als ein Viertel der Pflegebedürftigen aus.
„Dramatische Finanzierungslücke“
Die Zuschlagsregelung nach Paragraf 43c Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) war Teil der sogenannten kleinen Pflegereform des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG).
Der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, begrüßt die Entlastungen für die Pflegebedürftigen, gleichzeitig warnt er: „Wir haben schon heute eine dramatische Finanzlücke in der Pflegeversicherung“. Die neuen Zuschläge hätten das Gesamtsystem der SPV im ersten Quartal dieses Jahres bereits mehr als 822 Millionen Euro gekostet. Auf ein Jahr hochgerechnet seien das etwa 3,3 Milliarden Euro.
„Damit ist schon jetzt erkennbar, dass die Gesamtausgaben für diese Zuschläge schon 2022 mindestens 700 Millionen Euro höher liegen dürften als vom Bundesgesundheitsministerium ursprünglich eingeplant – mit im Zeitverlauf steigender Tendenz“, sagt der Bremer Pflegeexperte Heinz Rothgang.
Zusätzlicher Zuschuss vom Bund gefordert
DAK-Vorstandschef Storm fordert, der Bund müsse angesichts der Finanzlücken in der SPV handeln: „Weil das strukturelle Defizit noch größer wird, muss der Bund einen zusätzlichen Zuschuss für versicherungsfremde Leistungen zur Verfügung stellen“. Er verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem in Bezug auf die Pflege angekündigt wurde, „Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die pandemiebedingten Zusatzkosten aus Steuermitteln“ zu finanzieren.
„Damit wir zu einer langfristigen Entlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen kommen, müssen jedoch weitere Maßnahmen zeitnah greifen“, sagt Storm. Anstelle einer relativen Deckelung der Eigenanteile sollte aus seiner Sicht auch das Modell einer absoluten Deckelung geprüft werden. „Solche Modelle wie zum Beispiel der Sockel-Spitze-Tausch haben den Vorteil der besseren Planbarkeit der künftigen Kostenbelastung für die Pflegeversicherten“, erklärt Storm.
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