- Von Oliver Lepold
- 06.07.2022 um 11:56
Pfefferminzia: Wie sind Sie zur Generationenberatung gekommen?
Brigitte Kucz: Das hat sich organisch entwickelt. Einerseits durch Fragestellungen innerhalb meiner eigenen Familie, andererseits kamen immer wieder Kundinnen und Kunden auf mich zu, die Unterstützung und Beratung in diesem Bereich suchten. Die Thematik wird zudem am Markt immer mehr diskutiert. Und nicht zuletzt ist Generationenberatung ein authentisches Beratungsthema, wenn man selbst ein gewisses Alter erreicht hat.
Über welche Kundinnen und Kunden gelingt der Einstieg in die Beratung generationenübergreifender Fragen am besten?
Wir akquirieren nicht speziell für die Generationenberatung, weil das ein sehr beratungsintensives und auch emotionales Feld ist (mehr dazu in diesem Beitrag). Wir werden zwar auch für die Generationenberatung weitempfohlen, aber Priorität haben unsere Bestandskundinnen und -kunden. Dort sind es in der Regel die 40- bis 60-Jährigen, die uns anfragen. Meist geht es um ungeklärte Sachverhalte bezüglich der Eltern und Geschwister.
Inwieweit ist das Thema für junge Menschen bis 25 interessant?
Kaum, das Thema Testament etwa steht dort nicht im Fokus. Für Betreuungsverfügungen ist die junge Zielgruppe aber aufgeschlossen. Wir erklären ihnen, dass das nur eine kleine Pflichtübung ist und dann alles für die Zukunft erledigt ist, schließlich kann auch einem jungen Menschen etwas zustoßen. Aber in den allermeisten Fällen kommen junge Leute in der Generationenberatung erst über die Beratung der Eltern oder Großeltern ins Spiel. Ein junger Mensch kommt von sich aus nur sehr, sehr selten auf das Thema.
Wie hoch ist der Weiterbildungsaufwand für Generationenberaterinnen und -berater?
Das ist ein wichtiger Aspekt. Es ist grenzwertig, sich nur mit ein paar Webinaren in diesen Bereich zu wagen. Ich habe die Ausbildung zur „Generationenberaterin (IHK)“ absolviert, die sechs bis zehn Präsenztage mit schriftlicher und praktischer Prüfung umfasst. Das ist eine gute Basis, gespickt mit Erbrecht, Steuerthemen und diversen Beratungsansätzen. Aber das allein reicht nicht, denn man hat in der Praxis das Thema nicht jeden Tag auf dem Tisch. Ich habe meine Ausbilderin dazu gewonnen, meine ersten realen Fälle als Coach zu begleiten. So wird die Beratungsqualität von Fall zu Fall besser. Sie brauchen neben der Kundschaft auch Expertinnen und Experten in Ihrem Netzwerk, um sich auszutauschen und sich zu bestimmten Fragen immer wieder rückzuversichern. Das ist aus meiner Sicht essenziell.
Was macht gute Generationenberatung aus?
Keine Angst vor der Altersarmut!
Worüber müssen Maklerinnen und Makler sich grundsätzlich im Klaren sein, bevor sie sich der Generationenberatung zuwenden?
Sie müssen gut zuhören, und sich sehr auf die jeweilige Kundensituation einlassen können, also über viel Empathie verfügen. Keinesfalls dürfen Sie Kundinnen und Kunden mit Fachwissen zutexten. Ich vergleiche das mit einem Arzt, der auch ein guter Diagnostiker ist. So ist jemand eine gute Generationenberaterin oder ein guter Generationenberater, wenn die Person die eigenen Emotionen und Wertungen, auch das eigene Gerechtigkeitsempfinden, zurückstellen kann. Das ist eine große Herausforderung und erfordert viel Fingerspitzengefühl und natürlich auch Lebenserfahrung.
Wann genau spricht man in der Beratung über den Notfallordner?
Das stellt eine optionale Abrundung und kein Kernsegment unserer Generationenberatung dar. Wir arbeiten hier über einen Fragebogen mit einem externen Dienstleister. Sie würden sich sonst über Stunden in diesen Thematiken verstricken und das ist nicht zielführend. Was in den Notfallordner gehört und wo was zu finden ist, müssen die Kundinnen und Kunden selbst entscheiden.
Was passiert beim Erstgespräch einer Generationenberatung?
Dort klären wir Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse. Es ist wichtig, die Familienkonstellation zu erfassen: Ehegatten, Kinder, Kindeskinder, Partnerinnen und Partner, aber auch Eltern, Geschwister etc… Patchwork-Familien sind natürlich aufwändiger zu betreuen. Wir benötigen eine Vermögensübersicht, und zwar die Einkommens- und Vermögensbausteine je Person. Die letzte Frage ist dann, ob es bereits bestimmte Verfügungen und Testamente gibt.
Wenn dies alles vorliegt, wie geht es dann weiter?
Wir vereinbaren einen zweiten Termin, bis zu dem alle Unterlagen gesichtet sind. Dort konfrontieren wir die Kundinnen und Kunden mit der Ist-Situation. Anhand des Genogramms – also der Familienkonstellation und der Vermögensübersicht – spielen wir durch, was bei Todesfällen passieren würde. Ich erkläre dann, was hinsichtlich der Kundenwünsche optimiert werden könnte. Die Termine finden ausschließlich mit den Auftraggeberinnen und -gebern statt, weitere Familienangehörige kommen nur auf deren Wunsch bei einem dritten Folgetermin hinzu. Sehr häufig ergeben sich aus dieser Situation dann im Nachgang noch weitere Mandate, zum Beispiel für die Kinder.
Welche Nachbetreuung ist notwendig?
Das ist sehr unterschiedlich. Wenn ein Optimierungsvorschlag beschlossen wurde, ist die Frage, ob Expertinnen und Experten eingeschalten werden sollen, etwa aus den Bereichen Erbrecht, Steuerberatung oder Notariat. Ist das erfolgt, ist die Nachbetreuung überschaubar. Denn bei der Generation, die die Beratung wünscht, ist es unüblich, alle paar Jahre den Partner zu wechseln oder häufig neue Verfügungen zu treffen. Wenn jemand stirbt oder sich trennt, kommt es aber vor, dass wir erneut zu Rate gezogen werden. Wir haken aber nicht eigenständig nach.
Wie gelingt Maklerinnen und Makler die Integration der Generationenberatung in ihr bisheriges Geschäft?
Zunächst sollten Sie überlegen, ob Sie der oder die richtige dafür sind und Ihnen die Kundinnen und Kunden auch in diesen sensiblen Fragen vertrauen. Dann sollten Sie eine fundierte Ausbildung machen und viel Zeit investieren. Es dauert, bis Sie einen signifikanten Return on Invest erhalten und Ihre Generationenberatung fundiert ist. Sie brauchen einfach viel Motivation und einen langen Atem.
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