Auf einer Demo im Mai 2022 in Berlin fordert eine junge Frau unter anderem mehr Gleichbehandlung von Männern und Frauen: Laut ESG-Report 2022 von Franke und Bornberg sind die Führungsetagen der deutschen Versicherer in diesem Jahr etwas weiblicher geworden als noch 2021. © picture alliance / Eibner-Pressefoto | Eibner-Pressefoto
  • Von Karen Schmidt
  • 07.07.2022 um 13:56
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Ja, die Versicherungsbranche ist im Vergleich zum Vorjahr ein Stückchen nachhaltiger geworden – etwa beim Stromverbrauch, dem Frauenanteil in den Führungsetagen oder bei der Kapitalanlage. Das hat das Analysehaus Franke und Bornberg in seinem ESG-Report 2022 herausgefunden. Aber die Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit muss noch weitergehen, so die Analysten.

Für den ESG-Report 2022 hat das Analysehaus Franke und Bornberg zum zweiten Mal alle deutschen Erstversicherer nach wichtigen Aspekten der Nachhaltigkeit untersucht, darunter auch die berühmten ESG-Kriterien, also Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). 26 Versicherer und damit drei mehr als im Jahr zuvor nahmen an der Untersuchung teil. Betrachtungszeitraum war das Jahr 2020.

Beispiel Stromverbrauch. Als Orientierungswert setzen die Analysten hier den durchschnittlichen Jahresverbrauch eines Ein-Personen-Haushalts an, der bei rund 2.500 Kilowattstunden liegt. Von 20 Unternehmen, die Angaben hierzu lieferten, schafften es laut der Analyse 9, unter diesem Wert zu bleiben. Ein Ausreißer komme auf mehr als das Zwanzigfache des Durchschnittsverbrauchs, heißt es im Report. Als energiebewusst erwiesen sich dagegen Bayern-Versicherung, Deurag, die Bayerische, SV Sparkassenversicherung, Stuttgarter, Swiss Life, Vigo, Volkswohl Bund, Waldenburger und Zurich.

Im sozialen Bereich untersuchten die Analysten das Innenverhältnis der Versicherer, also unter anderem die Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen für Beschäftigte – etwa Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Spitzenreiter seien hier der Betriebssport und professionelle Hilfsangebote (siehe Grafik).

Für das Problem, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, haben die beteiligten Versicherer laut ESG-Report ebenfalls eine Reihe von Angeboten entwickelt. Die häufigsten drei sind hier das Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und Angebote zur Kinderbetreuung.

Und wie sieht es mit den Kapitalanlagen der Versicherer aus? 2020 beliefen sich die Kapitalanlagen der Erstversicherer in Deutschland laut dem Report auf 1.762 Milliarden Euro – ein enormes Pfund, um damit Gutes zu bewirken. Zum Vergleich: Im selben Jahr betrug der Bundeshaushalt etwa 442 Milliarden Euro.

Strategien für nachhaltige Kapitalanlagen gebe es einige, so das Fazit des ESG-Reports. Am weitesten verbreitet seien Ausschlusskriterien, auch Negativkriterien genannt. Sie definieren vorab, in welche Staaten, Branchen oder Unternehmen die Versicherer nicht investieren dürfen. 19 von 26 Versicherern setzen auf diese Strategie.

Wobei die vier häufigsten Ausschlüsse für Staaten folgende sind: Korruption, Verstöße gegen die Pressefreiheit, Nicht-Ratifizierung des Übereinkommens von Paris und die Verhängung der Todesstrafe. Bei den Ausschlusskriterien für Unternehmen lassen sich laut der Analysten zwei No-Gos herauskristallisieren: Waffen und Kohle. Menschenrechtsverletzungen sowie Verstöße gegen den UN-Wertekanon „UN Global Compact“ folgen auf den weiteren Plätzen.

Und wie ist die Entwicklung im Allgemeinen? Ist die Branche im Vergleich zum ersten ESG-Report von Franke und Bornberg nachhaltiger geworden? Es zeigten sich aktuell einige positive Entwicklungen, heißt es von dem Analysehaus. So sei der Wasserverbrauch der Versicherer im Schnitt um 2 Kubikmeter je Vollzeitbeschäftigten gesunken. Ebenfalls rückläufig sei der Stromverbrauch. Gegenüber dem ESG-Report 2021 liege er jetzt im Durchschnitt um fast 200 Kilowattstunden niedriger.

Fazit: Da geht noch mehr

Die Top-Ebene der Assekuranz werde zudem weiblicher: Auf Vorstandsebene stieg der durchschnittliche Frauenanteil laut ESG-Report 2022 von 9,4 auf 11,0 Prozent und in den Aufsichtsräten von 24,7 auf 29,0 Prozent. Seit der letzten Umfrage nutzten die befragten Versicherer in ihrer Anlagepolitik auch deutlich mehr Ausschlüsse für Unternehmen. Das betreffe zum Beispiel Kohle und Ölsande (plus 15,4 Prozent). Den größten Anstieg beobachtet Franke und Bornberg bei Ausschlüssen für Öl und kontroverse Waffen (plus 38,5 Prozent).

„Im Vergleich zum Vorjahr beobachten wir bei den Versicherern einige Fortschritte“, sagt Geschäftsführer Michael Franke. „Aber wie sonst auch gibt es ESG-Pioniere, Mitläufer und Nachzügler.“ Die Branche müsse jetzt geschlossen handeln und ihren Einfluss zum Wohl von Mensch und Umwelt geltend machen, fordert der Rating-Haus-Chef.

Den ausführlichen ESG-Report 2022 können Sie hier kostenlos bestellen.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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