Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement bei Helvetia Leben. © Helvetia
  • Von Sabine Groth
  • 26.09.2022 um 13:21
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Das Neugeschäft mit fondsgebundenen Rentenversicherungen boomt. Doch wohin entwickelt sich der Markt? Welche Rolle spielen heute noch Garantien und wie sieht es mit der Maklervergütung aus? Über diese und weitere Fragen sprachen wir mit Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement bei Helvetia Leben.

Pfefferminzia: Garantiefreie Fondspolicen werden zunehmend nachgefragt. Wird sich der Trend fortsetzen, auch wenn die Zinsen wieder steigen?

Guntram Overbeck: Die deutschen Sparer sind sehr garantieorientiert. Allerdings scheint die jüngere Generation risikofreudiger zu sein. Sie interessiert sich für ETFs und Kryptowährungen. Das lässt vermuten, dass zukünftig Garantien vermehrt in den Hintergrund treten. Zudem haben viele Sparer mittlerweile bemerkt, dass sie mit einem hohen Garantielevel gerade in Niedrigzinsphasen geringe oder keine Renditen erwirtschaften können. Der Trend weg von starren Garantiezusagen dürfte sich also fortsetzen. Zumal es fraglich ist, ob die Zinsen in absehbarer Zeit überhaupt nochmal auf 5 Prozent pro Jahr und mehr steigen.

Wo sehen Sie die Hemmnisse für einen noch stärkeren Vertrieb garantiefreier Fondspolicen?

Ein Hemmnis ist immer noch, dass Kunden stets ein gutes Gefühl bei der Altersvorsorge brauchen. Wenn bei einer Kapitalmarktkrise die Kurse nach unten gehen und damit auch das Vertragsguthaben kleiner wird, führt dies zu großer Verunsicherung. Hier müssen Berater ihre Kunden schnell abholen, aktiv auf sie zugehen, die Situation erklären und beruhigen. Hinzu kommt, dass viele Berater seit jeher Produkte mit Garantien verkauft haben und es somit auch für sie eine große Umstellung bedeutet.

Die Finanzaufsicht Bafin hat kürzlich die Kosten bei Fondspolicen als zu hoch kritisiert. Werden die Kosten weiter sinken?

Wenn man nachrechnet, stellt man fest, dass Fondspolicen mal etwas teurer, mal etwas günstiger als Direktanlagen sind. Aber es ist schwer, das Gerücht auszuräumen, dass Fondspolicen zu teuer sind. Ich erwarte nicht, dass sich bei der Gesamtkostenhöhe viel tun wird. Es könnte aber sein, dass die Anfangsvergütungen bei Abschluss sinken und diese Kosten stärker über die Laufzeit verteilt werden.

Machen die Berater da mit?

Zum Teil. Berater mit größeren Beständen, die schon lange im Markt sind, nutzen verstärkt ratierliche Vergütungen. Allerdings gehen viele in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Und neue, jüngere Berater brauchen, um anfangs geschäftlich bestehen zu können, erst einmal höhere Abschlussvergütungen zu Vertragsbeginn. Oder direkt ein Honorar. Aber Letzteres ist schwerer beim Kunden umzusetzen, da die Deutschen noch zurückhaltend bei der Honorarberatung sind. Ich denke, dass es die diskontierte Abschlussvergütung auch in Zukunft geben muss, damit wir kein Nachwuchsproblem haben.

Was wird sich bei den Produkt-Features tun?

Fondspolicen werden künftig immer mehr Kundenwünsche abbilden können. Denn moderne Software macht es möglich – heute schon und künftig noch viel mehr. Die Flexibilität der Produkte nimmt weiter zu. Es gibt schon jetzt lebenslange Tarife, die auf sich ändernde Kundenbedürfnisse reagieren können.

Man kann viel planen. Das Leben spielt oft anders. Ein Beispiel: Wenn ich in jungen Jahren plane, mit 67 Jahren in Rente zu gehen, heißt das nicht, dass ich das tatsächlich mache oder dann das gesamte Kapital aus der Police benötige oder alles verrenten möchte. Hier werden die Möglichkeiten noch flexibler werden, damit Kunden im Produkt verbleiben können. Denn diese möchten sich bei Renteneintritt nicht mit Neuanlagen beschäftigen, zumal auf die Auszahlung der Police erst einmal Steuern anfallen. Auch in der Rentenphase von Fondspolicen wird die Bedeutung von Fonds zunehmen. Garantien dürften hingegen immer mehr vom Markt verschwinden. Flexible Sicherheitsbausteine allerdings werden immer wichtiger werden.

Für welche Zwecke werden Fondspolicen künftig eingesetzt?

Hauptzweck wird die Altersvorsorge bleiben. Auch wenn Entnahmen immer flexibler werden, ist ein großer Vorteil der Fondspolice aus meiner Sicht, dass Kunden eine gewisse Hemmnis besitzen, über das Kapital zu verfügen, denn der Vertrag wurde mit Blick auf die Vorsorge im Alter geschlossen. Das schützt davor, kurzfristige Konsumwünsche zulasten der Altersvorsorge umzusetzen. Als Zielgruppe sehe ich vor allem Kunden ab einem Alter von 30 Jahren. Fondspolicen – auch als Einmalanlage – sind zudem ein wichtiger Baustein in der Ruhestandsplanung. Sie bieten einige Vorteile beim Vererben und Verschenken, die die Fondsdirektanlage nicht bietet.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit künftig bei Fondspolicen?

In der Finanzbranche zeigt sich ein starker Aufbruch. Die Zahl der nachhaltigen Fonds nach Artikel 8 und 9 Offenlegungsverordnung wächst stetig. Unsere Fondspalette besteht schon jetzt etwa zur Hälfte aus nachhaltigen Fonds und wird wohl weiter zunehmen. Das Thema ist allerdings noch anbietergetrieben. Seit dem 2. August ist das Thema nun verpflichtend in der Beratung. Kunden fragen bislang nur selten direkt nach nachhaltigen Anlagen. Bei der jüngeren Generation, die erst langsam ins Anlagealter kommt, könnte sich dies ändern.

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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