- Von Lorenz Klein
- 10.10.2022 um 14:11
In einem aktuellen Gutachten hat sich der wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium dafür ausgesprochen, eine verpflichtende private Pflegezusatzversicherung in Deutschland einzuführen (Download hier). Diese solle dazu beitragen, die steigenden Eigenanteile der Bürger an den Pflegekosten abzusichern, wie das Expertengremium im Gutachten mit dem Titel „Nachhaltige Finanzierungen von Pflegeleistungen“ erklärte.
Demnach sei eine zusätzliche Kapitaldeckung in der Pflege aus zwei Gründen sinnvoll – zum einen hätten die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation (1957 bis 1969) noch ausreichend Zeit, um ein Vorsorgekapital aufzubauen. Denn das Pflegerisiko der Menschen steige erst ab dem Alter von 75 Jahren deutlich.
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Morgen & Morgen bescheinigt privaten Pflege-Tarifen hohes Niveau
Zum anderen könnte durch eine verpflichtende kapitalgedeckte Privatvorsorge eine „Überforderung zukünftiger Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vermieden werden“, da die Pflichtvorsorge „hohe Risiken relativ weniger Einzelner auf eine große Zahl von Versicherten verteilt“, so das Expertengremium. Personen mit niedrigem Einkommen solle im Gegenzug durch staatliche Subventionen der Unterhalt dieser Versicherungen ermöglicht werden. Neben der individuellen Pflegevorsorge könnte zudem die betriebliche Pflegeversicherung eine tragende Rolle übernehmen, wie aus dem Gutachten weiter hervorgeht, das unter anderem von dem Wissenschaftler und Rentenexperten Axel Börsch-Supan verfasst wurde.
Gremium warnt Ampel vor Ausdehnung von umlagefinanzierter Leistungen
Zugleich warnte der Beirat die Bundesregierung vor einer Ausdehnung von umlagefinanzierten Leistungen in der Pflegeversicherung. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP allerdings genau das beschlossen – und neue zusätzliche Leistungen in der Pflegeversicherung verabredet. Der Beirat hält das für keine gute Idee: Sowohl die von der Ampel geplante Begrenzung der Eigenanteile in der stationären Pflege („Sockel-Spitze-Tausch“) als auch der avisierte Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung würden die jüngeren Generationen „massiv belasten“, wie es hieß.
Schon heute sei die gesetzliche Pflegeversicherung weder nachhaltig noch generationengerecht finanziert, so die Autoren. Das Umlageverfahren in der Sozialversicherung sei nicht auf den demografischen Wandel vorbereitet. Auf die jüngeren Generationen kämen immense Kosten zu.
Der Verband der privaten Krankenversicherer nahm das Gutachten zum Anlass, um in einer Stellungnahme auf Berechnungen vom Wissenschaftlichen Institut der PKV hinzuweisen. Demnach müsste der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung von heute 3,05 Prozent (3,4 Prozent für Kinderlose) bis 2040 auf über 5 Prozent steigen. Dabei seien die Pläne der Ampel-Koalition zur Leistungsausweitung noch nicht einmal berücksichtigt, wie der PKV-Verband unter Verweis auf die Gutachterautoren hinzufügte.
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