- Von Lorenz Klein
- 13.10.2022 um 16:40
Bislang messen erst 30 Prozent der betrieblichen Altersversorgung (bAV) eine größere Bedeutung zu und setzen sie aktiv als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb um Talente ein – obwohl die große Mehrheit über Schwierigkeiten bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung im „War for Talents“ klagt.
Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren der Studie „Future of Pensions“ aus dem Hause des Versicherungsmaklers Willis Towers Watson (WTW). Hierfür wurden im Juni 2022 via Online-Fragebogen rund 90 Unternehmensvertreter vorwiegend größerer Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden aus allen Branchen befragt, wie es bei WTW heißt.
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Dabei geben die Autoren zu bedenken, dass auch das beste bAV-Angebot nichts nutze, wenn die Mitarbeitenden es nicht wahrnehmen oder aufgrund der oftmals hohen Komplexität nicht verstehen. Die Mehrheit der Unternehmen (71 Prozent) setzt bei der Kommunikation ihres bAV-Angebots auf klassische Kanäle wie E-Mail oder Print. Mit Blick auf die Zukunft gaben 34 Prozent der Unternehmen an, künftig auch auf Apps setzen zu wollen. Dem gegenüber steht die Sicht der Mitarbeitenden: Nur 25 Prozent der befragten Mitarbeitenden fühlen sich durch das Angebot ihres Unternehmens bei der Vorbereitung ihrer Rentenphase unterstützt. „Hier herrscht Handlungsbedarf“, betonen die bAV-Experten. Hingegen fühlten sich unter den Mitarbeitenden, die regelmäßig Apps zur Verfolgung ihrer Altersversorgung nutzen, 84 Prozent gut unterstützt.
„Unternehmen sind gut beraten, wenn sie auf eine onlinebasierte Kommunikation setzen, zum Beispiel via Apps. So ist das Potential der bAV sichtbarer für die Mitarbeitenden und sie werden über ihre Vorsorgeguthaben nicht nur einmal im Jahr per Kontoauszug informiert“, sagt Johannes Heiniz, bAV-Experte von WTW. Hinzu komme der zunehmende Bedarf nach „Financial Education“, um insbesondere die hinter modernen, kapitalmarktbasierten Pensionsplänen stehenden Kapitalanlagekonzepte zu verstehen, so Heiniz.
Garantieniveaus streben jenseits der 100 Prozent
Stichwort Kapitalanlagekonzepte: Bislang wurde bei kapitalmarktorientierten bAV-Systemen in aller Regel mindestens die Höhe der eingezahlten Beiträge garantiert. Allerdings gilt aus Sicht der Autoren: Je umfangreicher die Garantien, desto konservativer die Assetportfolien – und das wiederum schmälert die Chancen auf höhere Renditen. „Versicherer haben deshalb seit einiger Zeit begonnen, Garantien auf unter 100 Prozent der Beiträge abzusenken, um weiterhin attraktive Renditen erwirtschaften zu können“, schildern die Autoren. Auch in modernen fondsbasierten Pensionsplänen fänden sich immer häufiger Garantieniveaus unterhalb von 100 Prozent.
„Die Möglichkeit, ein Garantieniveau unterhalb der Beitragssummen zu verankern, erweitert das Gestaltungsspektrum betrieblicher Altersversorgung signifikant“, meint WTW-Manager Heiniz. Entscheidend hierbei sei, dass Sicherheit nicht ausschließlich auf Garantien basieren müsse: „Moderne Pensionspläne nutzen gezielt die Vorteile der bAV als kollektive Vorsorgeform. Durch intelligente Puffer- und Renditeverteilungskonzepte wird Absicherung auf Einzelpersonenebene auch abseits ‚harter‘ Garantien gewährleistet“, so Heiniz.
Offene Fragen in der Rechtsprechung
Dass in der Rechtsprechung allerdings noch vieles dahingehend zu klären ist, welches Garantieniveau unterhalb von 100 Prozent als angemessen zu bewerten ist (wir berichteten)? Dazu hätte man von WTW gerne einen Satz gehört. Sei es drum. Wie aber sehen die Mitarbeitende den Trend zu abgespeckten Garantien? Während im Jahr 2017 noch 78 Prozent der Arbeitnehmenden angegeben haben, dass ihnen Sicherheit wichtiger als Rendite sei, sind es laut WTE nunmehr 69 Prozent.
Damit ist der Glaube an Garantien immer noch stark verbreitet, aber ein gewisser Trend ist – zumindest vorerst – erkennbar: „Die Studienergebnisse zeigen, dass die Differenzen zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen bezüglich des Rendite-Risiko-Verhältnisses kleiner werden“, sagt Heiniz – und mahnt die Firmen zugleich, wachsam zu bleiben: „Arbeitgeber sollten trotzdem sehr sensibel mit diesem Thema umgehen und jegliche Änderungen durch Kommunikationsmaßnahmen eng begleiten.“
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