- Von Lorenz Klein
- 02.11.2022 um 11:48
Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund hat die deutschen Versicherer auf ein „schwieriges Jahr 2023“ eingeschworen und die Branche dazu aufgerufen, ihr Geschäft „sturmfest“ zu machen. „Wir brauchen in den Unternehmen ausreichende Puffer bei Kapital und Liquidität“, sagte Grund in seiner Eröffnungsrede auf der Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht 2022, die am Mittwoch in Bonn tagte. Rund 500 Teilnehmer kamen im World Conference Center, dem ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestages, zusammen.
Für Bafin „nicht akzeptabel, auf Normalisierung der Inflation zu wetten“
Bafin will Lebensversicherer mit hohen Abschlussprovisionen „näher prüfen“
„Die Inflation wird dramatisch auf die Altersvorsorge durchschlagen“
„Der Versicherungsbranche geht es derzeit noch gut“, konstatierte Grund zunächst. Das Umfeld sei allerdings „wahrlich nicht ermutigend“, wie der Bafin-Exekutivdirektor mit Blick auf mannigfaltige Herausforderungen, wie Inflation, Zinswende, Geopolitik und Pandemie zu bedenken gab.
So stehe für die Aufsicht fest, dass 2023 ein schwieriges Jahr für die Branche werde, wenngleich 2022 „noch ganz ordentlich ausfallen dürfte“, wie Grund weiter erklärte. „Die Unternehmen müssen daher bereits jetzt umsichtig agieren“, mahnte der Bafin-Vertreter in seiner Rede.
Grund: Rückstellungen „gegebenenfalls bereits in diesem Jahr“ erhöhen
Am Beispiel der Schaden- und Unfallversicherer erläuterte Grund, dass die Gesellschaften aufgrund der steigenden Inflation ihre bestehenden Rückstellungen „gegebenenfalls bereits in diesem Jahr“ erhöhen müssten. „Aus Sicht der BaFin ist es nicht akzeptabel, lediglich darauf zu wetten, dass sich die hohen Inflationsraten normalisieren und in der Zwischenzeit bestehende Puffer in den Reserven restlos aufzubrauchen“, wiederholte Grund seinen Standpunkt, den er bereits kürzlich im „Bafin-Journal“ äußerte (wir berichteten). Zudem müssten die Versicherer die Schadenentwicklung auch im Hinblick auf künftige Schadenerwartungen bei ihrer Tarifierung berücksichtigen, wie aus der Rede weiter hervorging. Die gestiegene Inflation werde daher im Jahr 2023 „zwingend höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung nach sich ziehen“, so die Prognose Grunds.
Laut dem Bafin-Aufseher werde auch die Vertriebsvergütung in der Lebensversicherung sowie die allgemeine Kostenbelastung von Versicherungsverträgen „im Spannungsfeld von Beratungsaufwand und Verbraucherschutz“ wichtige Schwerpunkte auf der diesjährigen Bafin-Jahreskonferenz bilden. Am Montag hatte die Bafin in einem Merkblatt-Entwurf verlautbart, dass sie Lebensversicherer näher überprüfen wolle, die durch „hohe Aufwendungen für Versicherungsvermittler und insbesondere Zahlung hoher Abschlussprovisionen auffallen“ (wir berichteten).
Grunds Rede kommentierte Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Geschäftsführerin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), in einem schriftlichen Statement so:
Die deutschen Versicherer setzen sich intensiv mit dem Thema Inflation und deren Auswirkungen auf das Geschäftsmodell auseinander. In der Schaden- und Unfallversicherung werden bestehende Rückstellungen regelmäßig überprüft.
Sowohl in der Wohngebäudeversicherung als auch in Gewerbe- und Industriepolicen gibt es Anpassungsfaktoren, durch die Versicherungssummen inflationsbedingt angepasst werden – auch zum Schutz der Versicherten, um einer Unterversicherung vorzubeugen. So wurde etwa der entsprechende Anpassungsfaktor in der Wohngebäudeversicherung für 2023 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 15 Prozent erhöht.
In einer Zeit steigender Inflation sowie hoher Bau- und Energiekosten können die Anpassungen in der Wohngebäudeversicherung viele Hausbesitzer/-innen hart treffen. Sie sind aber notwendig, damit ein Haus auch künftig ausreichend versichert ist und existenzielle Risiken abgewendet werden können.“
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