- Von Sabine Groth
- 01.12.2022 um 15:32
Die niedrigen Zinsen und der dadurch deutlich gesunkene Höchstrechnungszins erschweren seit Jahren den Vermögensaufbau über private Rentenversicherungen. Zumindest, wenn sie Garantiekomponenten enthalten. Allerdings leidet darunter nicht nur die Ansparphase.
Auch in der Rentenphase belasten der niedrige Rechnungszins und die gesunkene laufende Verzinsung. Die Rentenfaktoren, die aufzeigen, wie hoch die monatliche Rente pro 10.000 Euro angespartes Vermögen ist, sind seit Jahren fallend. Allein von 2021 auf 2022 ist der aktuelle Rentenfaktor, der auf Berechnungen bei Vertragsabschluss beruht, im Schnitt um gut 10 Prozent von 29,09 Euro auf 25,97 Euro gesunken, wie eine Auswertung des Analysehauses Franke und Bornberg zeigt. Der garantierte Rentenfaktor liegt noch niedriger, meist bis zu 20 Prozent unter dem aktuellen Faktor.
Im Umkehrschluss heißt das: Der Versicherte muss lange leben, damit sich eine lebenslange Verrentung auszahlt. „Je nach Tarif muss der Kunde 100 Jahre und noch älter werden, damit er sein angespartes Vermögen überhaupt wieder zurückbekommt“, sagt Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement bei Helvetia Leben. Eine lebenslange Verrentung erscheint daher in der jetzigen Phase sehr teuer und wenig interessant zu sein.
Im Ruhestand arbeitet das Kapital weiter
Da stellt sich die Frage, ob es nicht bessere Alternativen gibt. Als überzeugter Gegner von Garantien in der Ansparphase von Fondspolicen hält Overbeck diese im aktuellen Umfeld auch in der Ruhestandsphase bei der heutigen Zinslandschaft für nicht praktikabel und hat eine klare Antwort: „Ein lebenslanger Auszahlplan ist derzeit deutlich spannender und lukrativer.“ Statt das angesparte Kapital als klassische Leibrente auszahlen zu lassen, kann die Ruhestandsphase einer Fondspolice, oder zumindest ein Teil davon, effizienter genutzt und das aufgebaute Vermögen weiter in den Kapitalmärkten investiert bleiben. Dabei muss nicht auf die monatliche Auszahlung verzichtet werden. Diese erfolgt über eine regelmäßige automatische Teilentnahme aus dem Versicherungsguthaben.
Eine Garantie, dass das Kapital auf jeden Fall bis zum Tod reicht, gibt es zwar nicht. Aber die starke Diskrepanz zwischen den durchschnittlichen Renditen, die langfristig mit Aktien erzielbar sind, und dem was Versicherer derzeit an garantierter Rente darstellen können, ist nicht nur enorm. Auch das höhere Renditeniveau ist für das Schließen der Rentenlücke in vielen Fällen unerlässlich.
Beispielrechnung mit echten Performance-Zahlen
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt zudem, dass sich etwas Risikobereitschaft auszahlt. Overbeck hat für einen Beispielfall nachgerechnet, ob ein Auszahlplan funktioniert hätte. Dazu wurden monatlich rollierende 20-Jahres-Perioden von Januar 1970 bis heute betrachtet. Aus einem Startvermögen von rund 440.000 Euro wurden monatlich 1.260 Euro entnommen. In dem Beispiel war dies der nötige Betrag zur Schließung einer Rentenlücke, die über eine normale lebenslange Verrentung nicht möglich war. Um Finanzkrisen und übliche Marktschwankungen zu berücksichtigen, wurde mit realen Performance-Daten des deutschen Aktienindex Dax, des US-Aktienindex Dow Jones und des globalen Index MSCI World gerechnet.
Das Ergebnis: In jeder berechneten 20-Jahres-Periode wäre die Rechnung mit dem Auszahlplan aufgegangen. Und dabei hätte sich das Vermögen noch nicht einmal verringert, sondern wäre gestiegen. Man hätte sogar zum Inflationsausgleich noch eine Entnahme-Dynamik von jährlich 2 Prozent einbauen können, und auch die steuerlichen Belastungen haben die Helvetia-Experten dabei berücksichtigt. Denn Teilentnahmen aus Versicherungen werden wie Kapitalauszahlungen besteuert und nicht mit dem pauschalen Ertragsanteil wie Rentenauszahlungen.
Vertrag muss flexibel gestaltet sein
Damit solche lebenslangen Auszahlpläne möglich sind, muss der Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag lebenslang laufen und flexibel gestaltet sein. Idealerweise ermöglicht er ein Umschwenken vom Auszahlplan in eine klassische Verrentung bis zu einem bestimmten Alter. „Wenn der Deckungsstock mal wieder 6 bis 7 Prozent Rendite abwirft, wäre dies ein überlegenswerter Schritt“, so Overbeck. Damit rechnet er allerdings nicht in absehbarer Zeit.
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