Produktion von Desinfektionsmitteln bei Nivea: Die Aktie von Beiersdorf flog 2022 aus dem Dax und stieg im selben Jahr wieder ein © picture alliance/EPA-EFE | Rodrigo Jimenez
  • Von Andreas Harms
  • 18.01.2023 um 15:34
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Die gestiegenen Marktzinsen kommen den deutschen Unternehmen zugute, indem sie den Deckungsgrad für Pensionsverpflichtungen steigen lassen. Die Unternehmensberatung Mercer rechnet das für die 40 Dax-Unternehmen vor. Sie zeigt aber auch, warum die Entlastung nur scheinbar ist.

Die Zinswende an den Kapitalmärkten sorgt dafür, dass große Unternehmen in Deutschland in Bezug auf ihre Pensionspflichten deutlich besser dastehen als noch ein Jahr zuvor. Der sogenannte Deckungsgrad bei den 40 Mitgliedern des Aktienindex Dax hat mit über 80 Prozent einen neuen Höchststand erreicht, berichtet die Unternehmensberatung Mercer. Darunter versteht man das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen. Das betrug im Vorjahr noch 72 Prozent.

In diesem Zusammenhang dröselt Mercer die Einzelwerte auf und liefert damit ein Rechenbeispiel dafür, wie sich steigende Zinsen auswirken. Und zwar sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.

Los geht es mit der Habenseite, also den Pensionsvermögen. Und die litten im vergangenen Jahr dadurch, dass Kurse von Anleihen immer im Gegenzug fallen, wenn die Renditen steigen. Hinzu kam, dass es auch mit Aktien, Immobilienpreisen und Edelmetallen abwärts ging. Weshalb die Pensionsvermögen der Dax-Unternehmen in Summe von 299 Milliarden Euro um fast 60 Milliarden Euro auf etwa 240 Milliarden Euro sanken. Das sind fast 20 Prozent Rückgang.

Und es müsste eigentlich noch mehr sein. Denn weil im vergangenen Jahr mehrere Unternehmen im Dax ausgetauscht wurden, stieg das Pensionsvermögen allein dadurch um 6 Milliarden Euro. Ohne diesen Effekt betrügen die Verluste im Pensionsvermögen sogar 22 Prozent.

Pensionsverpflichtungen, Pensionsvermögen und Deckungsgrad der Dax-Unternehmen im Zeitverlauf
Pensionsverpflichtungen, Pensionsvermögen und Deckungsgrad der Dax-Unternehmen im Zeitverlauf (Quelle: Mercer Deutschland)

Doch dann ist da ja noch die Sollseite, und dort ging es sogar noch stärker hinab. Ausgang waren Pensionszusagen von insgesamt 412 Milliarden Euro per Ende 2021. Und dann griffen mehrere Effekte: Einerseits stiegen diese Zusagen um 8 Milliarden Euro, weil sich wie schon erwähnt die Dax-Zusammensetzung veränderte. Außerdem mussten die Unternehmen wegen der gestiegenen Inflation ihre Annahme für die Rentendynamik anheben. Das sorgte für „versicherungsmathematische Verluste von 10 Milliarden Euro“, heißt es von Mercer.

Andererseits zog der Rechnungszins durch die gehobenen Leitzinsen und die am Anleihemarkt gestiegenen Renditen kräftig an. Laut hauseigenem Verfahren von Mercer stieg der Zins beispielsweise für über 20 Jahre gebundene Anlagen von 1,47 auf 4,25 Prozent. Der tatsächliche Wert bei den Dax-Unternehmen dürfte allerdings etwas niedriger liegen, meinen die Analysten. Doch im Schnitt müsste er um 2,5 Prozentpunkte gestiegen sein.

Zukünftige Verpflichtungen werden in der Bilanz auf einen heutigen Wert abgezinst. Und je höher der Zins, desto geringer ist der heutige Wert. Deshalb sanken die Pensionsverpflichtungen der Dax-Unternehmen am Ende rein bilanziell von 412 auf 290 Milliarden Euro. Das sind fast 30 Prozent.

Weil in der ganzen Rechnung Soll stärker abnahm als Haben, stieg der Deckungsgrad um den eingangs erwähnten Betrag. Doch die Mercer-Leute schränken ein: Auch wenn die Bilanzwerte der Pensionspflichten geschrumpft sind, sind das die Zusagen selbst noch lange nicht. Die werden die Unternehmen trotzdem stemmen müssen. Sie sind also zunächst nur scheinbar entlastet. Ganz im Gegenteil kommen durch die erhöhte Rentendynamik noch weitere Lasten hinzu. Denn die werden die Unternehmen tatsächlich zahlen müssen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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