Carsten Brodesser © Deutscher Bundestag/Achim Melde
  • Von Lorenz Klein
  • 21.02.2023 um 15:56
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:30 Min

„Frau McGuinness, möchten Sie, dass weniger Menschen sparen und anlegen?“ Der CDU-Finanzexperte Carsten Brodesser hat Pläne für ein EU-weites Provisionsverbot in der Anlageberatung entschieden zurückgewiesen. Es gehe der Union nicht darum, Provisionen zu sichern, sondern Anlageberatung in Deutschland, wie Brodesser im Exklusiv-Interview mit Pfefferminzia betonte.

Der CDU-Finanzexperte und Bundestagsabgeordnete Carsten Brodesser hat im Gespräch mit Pfefferminzia die ablehnende Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen eine EU-weite Abschaffung von Provisionen in der Anlageberatung bekräftigt: „Wir von der Union möchten, dass möglichst viele Menschen in Deutschland unkompliziert, kostengünstig und qualifiziert eine gute Anlageberatung erhalten.“ Ein Provisionsverbot, wie es derzeit von Finanzkommissarin Mairead McGuinness auf EU-Ebene diskutiert wird (wir berichteten), würde indes dazu führen, dass eine solche Anlageberatung „breitflächig nicht mehr dargestellt werden kann“, so Brodesser.

Mehr zum ThemaMehr zum Thema
CDU-Finanzpolitiker Brodesser zur Provisionsdiskussion

Hören Sie jetzt Folge 123 unseres Podcasts „Die Woche“

BVK unterstützt Kleine Anfrage von CDU/CSU

Provisionsverbot – Union drängt auf Ampel-Klartext

„Gute Beratung braucht auch eine gute Vergütung. Eine rein honorarbasierte Anlageberatung führt unseres Erachtens zum falschen Weg“, fuhr der 55-jährige Finanzfachmann der Union gegenüber Pfefferminzia fort (hier das Podcast-Interview in voller Länge anhören).

„Was wäre denn, wenn es keine provisionsbasierte Anlageberatung in Deutschland gäbe?“, gab Brodesser weiter zu bedenken. Es müsste dann eine andere Art der Vergütung geben, befand der Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen, denn „über eines müssen wir uns im Klaren sein: Beratung kostet Geld“.

Berechtigterweise gebe es mit der Provisionsberatung und der Honorarberatung „zwei koexistierende Modelle“, fuhr Brodesser fort – er könne sich allerdings nicht vorstellen, dass gerade Bürgerinnen und Bürger mit kleinem oder mittlerem Einkommen dazu bereit seien, „für eine Grundberatung 183 Euro auf den Tisch zu legen“. (Anm. d.. Red.: 183 Euro entsprechen laut dem Verbund der Honorarberater dem durchschnittlichen Stundenhonorar seiner Mitglieder).

„Genau diese Fragen muss man stellen“

Daher sei er der Ansicht, dass viele Menschen im Falle eines Provisionsverbots von einer Anlageberatung keinen Gebrauch machen würden – und dann gebe es zwei Möglichkeiten, so der CDU-Parlamentarier: „Entweder sie legen gar nicht an oder sie stützen sich auf eine Eigenrecherche im Internet oder auf Robo-Advisor – und ich glaube, das führt zu Fehlallokationen und auch zu falscher Anlage“, warnte der Unionsmann, der seit 2017 dem Finanzausschuss des Bundestags angehört.

Man müsse daher Mairead McGuinness fragen: „Möchten Sie, dass weniger Menschen sparen und anlegen? Und möchten Sie gleichzeitig, dass diejenigen, die dann noch anlegen, falsch anlegen und falsch beraten werden?“ Das seien zwar „provokante Fragen“, so Brodesser, „aber genau diese Fragen muss man stellen“.

„Eine ganz bedenkliche Entwicklung“

Dabei verwies der Abgeordnete auf das Beispiel Großbritannien, wo vor einigen Jahren die provisionsbasierte Beratung abgeschafft wurde. Hierzu gebe es entsprechende Erkenntnisse der Finanzaufsicht FCA, wonach gerade Bezieher von kleinen oder mittleren Einkommen keine private Investmentstrategie und keine Anlageberatung durchführten. Das sei „eine ganz bedenkliche Entwicklung“, schlussfolgerte Carsten Brodesser.

Zugleich gab sich der 55-Jährige zum Schluss des Gesprächs optimistisch, ein Provisionsverbot abzuwenden. Auf die Abschlussfrage, ob ein Provisionsverbot letzten Endes kommen wird, entgegnete Brodesser mit einem knappen „Nein“.*

Was CDU/CSU außerdem mit ihrer aktuell laufenden Kleinen Anfrage an die Bundesregierung zum Provisionsverbot bezwecken, wie Brodesser über vermeintliche Provisionsexzesse im Finanzvertrieb sowie über die Bürgerrente des GDV denkt und welche Vorschläge er selbst zur Zukunft der geförderten und privaten Altersvorsorge beizutragen hat, erfahren Sie hier.

* Hinweis der Redaktion: In der Rohfassung des Audio-Interviews lautete die Abschlusspassage so: „Wird der Provisionsdeckel kommen beziehungsweise wird ein Provisionsverbot kommen, letzten Endes – in der Anlageberatung und vielleicht womöglich auch in der Versicherungsanlageberatung?“ „Nein“. Durch einen Schnittfehler lautete die veröffentlichte Frage stark verkürzt so: „Wird der Provisionsdeckel kommen, letzten Endes?“. Für diesen Fehler bitten wir um Entschuldigung.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“

Skip to content