- Von Lorenz Klein
- 18.04.2023 um 11:41
Wie so oft im Leben klafft eine große Lücke zwischen guten Absichten und dem tatsächlichen Verhalten – das zeigt sich besonders deutlich an den Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel.
Bei den konkreten Sorgen um die Zukunft stehen bei den Deutschen im Jahr 2023 Umweltverschmutzung und der Klimawandel (84 Prozent, plus 2 Prozent gegenüber 2022) gemeinsam mit den negativen Auswirkungen der Inflation (84 Prozent, minus 2 Prozent) an erster Stelle. Ihren eigenen Lebensstil schätzen allerdings nur 55 Prozent der Bundesbürger als nachhaltig ein, ausgerechnet Angehörige der jungen Generation Z (16 bis 24 Jahre) sind hingegen am wenigsten der Meinung, ein nachhaltiges Leben zu führen.
„Die junge Generation möchte wissen, wohin ihr Geld fließt“
„Nachhaltigkeit ist ein sympathierelevanter Faktor“
Zu diesen Ergebnissen gelangten die Kommunikationsagentur Instinctif Partners und das Marktforschungsunternehmen Truth auf Basis des „Nachhaltigkeitskompass 2023“. Die Studie untersucht jährlich und zum nunmehr vierten Mal die Einstellung der Bundesbürger zum Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel. Repräsentativ befragt wurden demnach mehr als 1.000 Deutsche.
Was die Menschen hemmt, nachhaltiger zu leben
Danach bestehen vier Hauptgründe für Verbraucher, warum sie nicht nachhaltiger leben und agieren: kollektiver Nachhaltigkeits-Pessimismus, höhere Kosten, verwirrende Informationen sowie mangelndes Vertrauen. Doch diese allgemeine Lethargie ist überwindbar, gibt sich Hubert Becker von Instinctif Partners überzeugt: „Entscheidend ist, dass Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, ihre Führungsverantwortung auch im Hinblick auf gesellschaftliche und Umweltthemen wahrnehmen. So kann ein kollektiver Change-Prozess angestoßen werden, der im besten Fall alle Stakeholder zum Handeln motiviert.“
Was gegen die Klima-Lethargie hilft
So müssten klimapositive Maßnahmen von Wirtschaft und Politik intensiver kommuniziert und betont werden, findet Becker. Um zugleich die Glaubwürdigkeit und somit das Vertrauen zu stärken, sei es außerdem erforderlich, „die Botschaften verständlich, ehrlich und klar zu formulieren“. Die Angst vor Greenwashing verunsichere Verbraucherinnen und Verbraucher, so Becker weiter.
Doch das wird beileibe kein einfaches Unterfangen, wie diese Zahlen erahnen lassen: Eine wachsende Mehrheit der Befragten schätzt die Entwicklung der Welt seit Jahren zunehmend schlechter ein: Gaben 2020 noch 57 Prozent an, dass es schlechter wird, sind es 2023 bereits 64 Prozent. So schlägt der Ukraine-Krieg mit 82 Prozent stark auf das Gemüt der Bürger, die soziale Spaltung der Gesellschaft belastet 77 Prozent.
Der Pessimismus über die künftige Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt ist weiter gestiegen und die Zuversicht in ein lösungsorientiertes Agieren seitens Politik und Wirtschaft gesunken“, fassen die Autoren das ernüchternde Bild zusammen.
Umso wichtiger sei eine „positive Grundeinstellung mit klar formulierten, attraktiven Zielen und Strategien“, so Kommunikator Hubert Becker. Diese sei erforderlich, „um alle auf der Reise zu mehr Nachhaltigkeit mitzunehmen“.
Allein: Das gegenwärtige Vertrauen in die Taten und Worte von Politik und Unternehmen zu nachhaltigen Themen ist weiterhin gering. Obwohl die Teilnehmenden sich als Verbraucher mit 20 Prozent (plus 2 Prozent gegenüber 2022) in erster Linie selbst gefordert sehen, stehen auch die Bundesregierung mit 16,5 Prozent (minus 2 Prozent) sowie die Unternehmen mit 13 Prozent (plus 2 Prozent) weiterhin in der Verantwortung.
Nachhaltigkeitsstrategie von Versicherern eher selten eingefordert
Und nur 28 Prozent der Befragten glauben, dass die Unternehmen ausreichend Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels unternehmen. Am wenigsten zweifeln die Teilnehmenden an den nachhaltigen Maßnahmen der Bundesregierung (36 Prozent), gefolgt von der Europäischen Union (EU) mit 30 Prozent.
Aufgeschlüsselt nach Branchen sehen die Teilnehmenden besonders die Landwirtschaft mit 82 Prozent, die Lebensmittelindustrie mit 81 Prozent und die Energieversorger mit 79 Prozent in der Pflicht, mit einer expliziten und glaubwürdigen Strategie für mehr Nachhaltigkeit und weniger Emissionen zu sorgen. Obwohl die Finanzbranche aus Sicht der EU eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit spielen sollte, erwarten allerdings nur 40 Prozent eine Nachhaltigkeitsstrategie von Banken, Vermögensverwaltern und Versicherern. Immerhin werde die Finanzbranche aber zunehmend kritisch beobachtet, denn der Wert sei mit 7 Prozentpunkten gegenüber 2022 deutlich gestiegen, wie die Autoren kommentieren.
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