- Von Redaktion
- 18.09.2023 um 11:54
Liebe Frau Schmidt, lieber Herr Klein,
Sie zitieren das vom AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung am 10. Mai 2023 bei mir in Auftrag gegebene und final am 4. Juli 2023 übergebene Rechtsgutachten zu Fragen des Verbots für Makler, eine Provision zu nehmen – und nehmen dabei Bezug auf Äußerungen von Michael Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK).
Herr Heinz äußerte im Interview mit Pfefferminzia sein Befremden darüber, dass ich das Lager der Verbraucherschützer verlassen hätte (hier können Sie sich das Gespräch in voller Länge anhören, Anm. d. Red.).
Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass es mir bei meiner gesamten wissenschaftlichen Arbeit nicht um ein bestimmtes Lager, sondern immer um die Klärung von grundlegenden und schwierigen Rechtsfragen ging und geht.
Dabei habe ich – das mag den Eindruck bei Herrn Heinz ausgelöst haben – auch darauf hingewiesen, dass Fehlentwicklungen aus der Sicht von Verbrauchern häufiger vorgekommen sind. Genauso ist es übrigens auch mit Blick auf das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verbot der Provision für Makler, die unabhängig sind.
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„Ich rate allen Kollegen zu einer entspannten Haltung“
EU-Entwurf sieht kein Provisionsverbot für Versicherungsmakler vor
Der Makler ist, wie Sie wissen, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) Sachwalter des Kunden – er ist es, der den Kunden im bestmöglichen Interesse berät, weil er den Marktüberblick hat und weil er unabhängig von Versicherern und ihren Produkten berät.
Deshalb darf der Makler, so der BGH ausdrücklich, auch nicht für beide Seiten tätig werden – nämlich einerseits für den Kunden und andererseits für den Versicherer – ganz im Gegensatz zum gebundenen Versicherungsvermittler.
Würde der Makler, so wie es die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag fordert, in Zukunft erklären müssen, dass er vom Versicherer abhängig ist, so würde er folglich seinen Status als Makler verlieren. Die Kunden ihrerseits würden ihren Sachwalter verlieren – sie stünden also sehr viel schlechter da als heute. Diese Verschlechterung des Kundenschutzes ist mit dem geltenden Europäischen Recht nicht zu vereinbaren.
Damit diese Verschlechterung des Kundenschutzes nicht eintritt, habe ich Argumente zusammengetragen, die zeigen, dass der Vorschlag der Kommission die Verbraucher nicht stärkt, sondern schwächt.
Eine völlig andere Frage ist die, ob ein prinzipielles Provisionsverbot für ALLE Vermittler – also auch für die gebundenen Vertreter – in Europa mit dem geltenden Recht zu vereinbaren wäre. Um diese Frage ging es der Kommission jedoch nicht.
Das heißt, die Kommission strebt an, dass die Verbraucher ihren Sachwalter und damit denjenigen verlieren, der sie unabhängig von Versicherern im bestmöglichen Interesse beraten kann und muss. Das halte ich nicht für richtig.
Mir ging und geht es darum, die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und Europa zu stärken, indem ich versuche, der Europäischen Kommission vor Augen zu führen, dass sie den falschen Weg einschlägt, wenn sie die Makler zwingt, sich als abhängig zu bezeichnen, obwohl sie Sachwalter des Kunden und folglich unabhängig sind.
Die bloße Tatsache, dass die Makler für ihre Tätigkeit ein Entgelt bekommen, ändert nichts daran, dass sie einen vollen Marktüberblick haben und von den Versicherern unabhängig sind.
Das gleiche gilt für die Honorarberater, die ebenfalls ein Entgelt bekommen. Dabei ist es immer der Kunde, der das Entgelt zahlt – ob man es Provision, Courtage oder Honorar nennt, ist für den Kunden gleichgültig.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass ich versuche, mit meinen Überlegungen den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Vermittlung von schwierigen Produkten – insbesondere für die Altersversorgung – zu stärken, statt ihn, so wie es die Europäische Kommission anstrebt, zu verschlechtern.
Letztlich entscheidend sind allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen, aus denen sich nach meiner Überzeugung ergibt, dass die Europäische Kommission mehrere wichtige Grundsätze des Europäischen Rechts verletzt.
Herzlichen Gruß
Ihr
Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski
Humboldt Universität zu Berlin
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