Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel: Von der EU und vom deutschen Gesetzgeber kommen zu viele regulatorische Vorgaben, schimpft der GDV. © pa/ Geisler-Fotopress | Dwi Anoraganingrum
  • Von Karen Schmidt
  • 11.10.2023 um 11:29
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Ob Nachhaltigkeitsberichterstattung, Solvency II oder Datenschutz – der Versichererverband GDV schimpft über die Regulierungswut von Gesetzgebern hierzulande und auf europäischer Ebene. Leidtragende der immer neuen Regeln seien nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Kunden, so der GDV.

Die in Deutschland tätigen Versicherer beklagen ein Übermaß an Regulierung auf nationaler und europäischer Ebene. Darunter litten sowohl die Kunden, wenn Entscheidungen länger dauerten als nötig, als auch die Unternehmen, deren bürokratischer Aufwand ständig steige, hieß es am Dienstag bei einem Mediengespräch des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin.

Als Beispiel für übermäßige Regulierung auf europäischer Ebene nannte der Vorsitzende des GDV-Präsidialausschusses Unternehmenssteuerung und Regulierung, Christoph Jurecka, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. „Wir sind sehr für eine standardisierte, hochwertige Nachhaltigkeitsberichterstattung, denn entsprechende Daten von hoher Qualität sind ein Eckpfeiler für die nachhaltige Transformation“, sagte Jurecka. „Allerdings überfordern Dichte und Fülle der Berichtsanforderungen die Unternehmen“, so der Finanzvorstand der Munich Re. „Bei der Berichterstattung sollten nur diejenigen Inhalte in den Fokus genommen werden, die nachweislich zu mehr Nachhaltigkeit führen, vor allem mit Blick auf den Klimawandel. Nachhaltigkeitsberichte sollten keine Datenfriedhöfe sein.“

Auch andere Regelwerke, die den Versicherungssektor betreffen, etwa Solvency II oder die Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Versicherern, leiden aus Verbandssicht unter Doppel- oder Überregulierung. Fehlende Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen seien hier eher die Regel als die Ausnahme. „Es macht keinen Sinn, dass ein kleiner Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit einer Handvoll Beschäftigten die gleichen Anforderungen erfüllen muss wie ein Dax-Konzern“, kritisierte Jurecka.

Hürden bei der digitalen Transformation

GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen warnte auch vor Hürden bei der digitalen Transformation in Deutschland. „Die Datenschutzgrundverordnung, DSGVO, hält hartnäckig am Grundsatz der Datenminimierung fest, was in einer beginnenden Datenökonomie nicht mehr zeitgemäß ist. Insbesondere im Bereich selbstlernender künstlicher Intelligenz ist es kontraproduktiv, die Datenverarbeitung stark zu beschränken“, so Asmussen.

„Selbst beim Teilen geschäftlicher E-Mail-Adressen werden hohe regulatorische Anforderungen verlangt“, kritisierte er. Vor diesem Hintergrund forderte Asmussen: „Wir müssen dringend eine Anpassung der DSGVO erwirken, die sich stärker an den wirklichen und aktuellen Risiken orientiert. Sonst bremst sie uns aus.“

Kritisch sieht Asmussen auch, dass die DSGVO die Versicherer dabei einschränkt, Versicherungsanträge vollständig digital und ohne menschliches Eingreifen zu bearbeiten. Denn die DSGVO erlaubt zwar die automatische Verarbeitung von Daten mit Zustimmung der Kunden. Datenschutzbehörden fordern jedoch eine zusätzliche Option zur Überprüfung durch Sachbearbeiter.

„Das lässt die Kunden warten und kostet alle Beteiligten unnötig Zeit. Es sollte ausreichen, dass Versicherte eine menschliche Überprüfung verlangen können, wenn sie mit dem digitalen Ergebnis unzufrieden sind”, so Asmussen. Dazu müsse der europäische Gesetzgeber klarstellen, dass solche automatischen Entscheidungen laut DSGVO nicht verboten sind. „Alternativ sollten im Bundesdatenschutzgesetz digitale Vertragsschlüsse und Leistungsabwicklungen erlaubt werden“, sagte der GDV-Hauptgeschäftsführer.

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Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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