- Von Karen Schmidt
- 18.10.2023 um 15:47
Fast drei Viertel der Versicherungsmakler sind zwischen 55 und 70 Jahre alt. Bis 2030 werden daher viele in Rente geben. Die Branche hat außerdem große Schwierigkeiten damit, junge Menschen für den Beruf des Maklers zu begeistern. Was das für Folgen haben wird und wie die Branche darauf reagieren kann, zeigt die neue Studie „Maklermarkt 2030“ der Management- und Technologieberatung Bearingpoint. Sie beruht auf 40 Interviews mit Vertriebsvorständen und Leitern des Maklervertriebs von Versicherungen, Geschäftsführern von Maklerhäusern und großen Maklerpools sowie anderen Entscheidungsträgern.
„Dystopische Szenarien regen zum Nachdenken an“
Das Verhältnis der Zahl von Einfirmenvertretern zu Maklern lag 2013 noch bei knapp 4:1. Im Jahr 2023 ist es nur noch etwas mehr als 2:1. Diese Entwicklung zeigt eine deutliche Konzentration auf den Vertriebsweg Makler, so die Analysten. „Die Zeitenwende im Maklermarkt ist bereits im vollen Gange. Themen wie Internationalisierung, demografischer Wandel, Klimawandel, Regulatorik, technischer Fortschritt (KI) und vor allem der Einstieg ausländischer Private-Equity-Investoren verändern nachhaltig den Markt“, sagt Sven Gerhardus, Partner Vertrieb und Marketing im Versicherungsbereich bei Bearingpoint.
„Viele Maklerinnen und Makler stehen vor einschneidenden Entscheidungen und wir rechnen mit einer Zahl an Übernahmen, wie es sie bisher nicht gegeben hat“, so Gerhardus weiter. So beschäftigten sich 75 Prozent der Makler aktuell mit ihrer Nachfolge. „Viele fragen sich auch, wie sie das eigene Geschäft im hart umkämpften Markt so umstellen können, dass sie auch 2030 noch wettbewerbsfähig sind – nicht zuletzt die kleinen Makler“, erklärt der Versicherungsexperte.
Kundenzahl pro Makler wird stark zunehmen
Insgesamt ist laut der Studie ein Trend zur Erhöhung des Betreuungsschlüssels in der Versicherungswirtschaft schon heute zu beobachten. 2030 werden Makler pro Kopf deutlich mehr Kunden bedienen als heute, sind die Analysten überzeugt. Gründe hierfür seien vor allem in der Demographie und die fortschreitende Digitalisierung. Aber auch Branchenkonsolidierungen und Fusionen von Versicherungsunternehmen könnten hier eine Rolle spielen. Dabei müssten Makler Lösungen finden, wie sie trotz höheren Betreuungsschlüssels ihre Servicequalität aufrechterhalten können, so der Rat von Bearingpoint.
Voran geht auch die Digitalisierung der Branche. Bis 2030 rechnen fast 80 Prozent der Befragten damit, dass sich die Zahl rein digitaler Makler – die ganz ohne stationären Vertrieb auskommen – zu heute noch einmal verdoppeln wird. Einfach weil die Kundschaft die Bequemlichkeit und den einfachen Zugang zu Versicherungsprodukten zu schätzen wisse.
Gerhardus: „Künstliche Intelligenz, Chatbots und der Einsatz von Avataren wird weltweit die Maklerbranche aufmischen. Auch wenn natürlich der direkte, persönliche Kundenkontakt weiterhin wichtig bleiben wird, eröffnen sich mit KI-Anwendungen wie ChatGPT ganz neue Möglichkeiten, vor allem beim Vertrieb. Doch noch scheint diese Entwicklung bei vielen Marktteilnehmern nicht angekommen zu sein. Die Branche unterliegt hier vielleicht einer Komplexitätsillusion. Wie heißt es doch so schön? Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s gemacht.“
Massiver Anstieg an Private-Equity-Investoren bis 2030 möglich
Ein weiterer Trend am Markt ist der Einstieg internationaler Private-Equity-Investoren in den deutschen Maklermarkt. Viele Branchen-Experten erkennen laut Studie die Legitimität und Notwendigkeit dieser Investoren, um Wachstum und Innovation voranzutreiben. Sie glauben dabei nicht unbedingt daran, dass diese Investoren automatisch Kulturgräben in den Unternehmen schaffen.
„Der Markt ist aktuell immer noch stark fragmentiert. Bei rund 46.000 registrierten Versicherungsmaklern gibt es rund 500 mittlere und große Maklerunternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern. Die Anzahl der Transaktionen auf dem Maklermarkt hat in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen. Hatten wir 2018 noch weniger als 10 Transaktionen im Jahr und 2020 immerhin noch weniger als 20 Transaktionen, so waren es im Jahr 2021 rund 40 und 2022 schon mehr als 50 Transaktionen im Markt pro Jahr“, so Sven Gerhardus.
Die Marktmacht der Konsolidierer nehme immer schneller und immer stärker zu und damit auch der Druck auf die Versicherer, die jetzt schon unter höheren Schadenquoten aufgrund von Inflation (Krieg in der Ukraine) und Großschadenereignissen (Klimawandel) litten. Gerhardus: „Doch wer zahlt am Ende die Zeche? Viele Expertinnen und Experten schauen hier in Richtung der Versicherer statt der Kunden.“
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