Europa-Flaggen vor der Europäischen Kommission: Die Top-4-Versicherer Europas machen laut Zeb-Studie einiges richtig. © Dmitry Rukhlenko/Shotshop/picture alliance
  • Von Karen Schmidt
  • 05.12.2023 um 14:22
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Die Managementberatung Zeb hat sich zum fünften Mal die europäische Versicherungsbranche angeschaut. Vier Anbieter – Axa, Allianz, Generali und Zurich – stehen danach besonders stabil da. Woran das liegt, lesen hier.

Die großen europäischen Versicherer stehen aktuell stabil da. Inflation, Ukrainekrieg und Corona-Pandemie haben sie gut bewältigt, heißt es in der aktuellen European Insurance Study der Managementberatung Zeb. Zum fünften Mal hat Zeb untersucht, wie es um die europäische Versicherungsbranche bestellt ist, und dafür die 25 größten Unternehmen in diesem Segment detailliert unter die Lupe genommen.

„Die europäischen Versicherer haben sich im letzten Geschäftsjahr bis ins erste Halbjahr 2023 hinein solide geschlagen. Sie zeigen sich entgegen pessimistischer Prognosen zu Beginn des Jahres krisenfest“, sagt Arne van Tongern, Senior-Manager bei Zeb. „Im ersten Halbjahr 2023 hat ihnen dabei die vergleichsweise geringe Anzahl an Naturkatastrophen in die Hände gespielt. Vor allem die vier größten Versicherer haben vieles richtig gemacht und die Inflation durch gezielte Preiserhöhungen kompensiert. Vor diesem Hintergrund kann die Branche zuversichtlich auf das kommende Jahr blicken.”

Die Bruttoprämien der Top-25-Versicherer in Europa sind laut der Untersuchung im Geschäftsjahr 2022 um 4,4 Prozent gestiegen sind, nach 8,6 Prozent im Vorjahr. Das Wachstum sei dabei vor allem auf Preiserhöhungen für Bestandskunden zurückzuführen, und nicht so sehr aufs Neugeschäft.

Bei der Profitabilität sieht es ähnlich aus: Hier waren die Nettoerträge 2020 durch die Corona-Krise um 21,8 Prozent eingebrochen. Nach einer Erholung im darauffolgenden Jahr machte sich 2022 unter anderem die Inflation über eine teurere Schadenregulierung bemerkbar, sodass die Nettoerträge der Top-25-Versicherer in Europa wieder hinter den Zahlen von 2021 zurückblieben (minus 20,6 Prozent). Stabil zeigte sich die Solvenzquote. Sie lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 223 Prozent.

„Die Bandbreite der Solvenzquoten hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Schwankten diese 2018 noch zwischen 152 und 384 Prozent, lag die Spanne 2022 nur bei 163 bis 293 Prozent“, sagt Guido Enck, Senior-Manager bei Zeb. „Es scheint sich ein Marktstandard von etwas über 200 Prozent herauszubilden. Das zeigt sich an den drei europäischen Marktführern. Sie liegen mit Solvenzquoten von 215 Prozent (Axa), 230 Prozent (Allianz) und 221 Prozent (Generali) eng beieinander.”

Während die Bruttoprämien der 25 europäischen Topversicherer 2022 im Bereich Nicht-Leben um 10,6 Prozent gewachsen sind, sind sie im Bereich Leben um 1,9 Prozent zurückgegangen. Hier machte einerseits der Anstieg der Zinsen Einlageprodukte von Banken attraktiver. Zudem konnten viele Menschen inflationsbedingt weniger sparen und haben weniger Geld für ihre Altersvorsorge beiseitegelegt.

Das Nicht-Leben-Geschäft profitierte durch eine höhere Nachfrage nach Versicherungsschutz für Naturkatastrophen sowohl bei Privat- als auch bei Gewerbekunden. Hinzu kam der Inflationsdruck, der Prämien nach oben getrieben hat.

Nachhaltiger Trend zu Nicht-Leben

Laut Untersuchung stellen sich die Versicherer bereits seit einigen Jahren auf die Verschiebung der Prämien von Leben zu Nicht-Leben ein. Während der Anteil der Lebensversicherungen am Portfolio der europäischen Top 25 im Jahr 2017 noch bei 60 Prozent lag, waren es im vergangenen Geschäftsjahr nur noch 52 Prozent.

„Das stärkere Wachstum im Bereich Non-Life ist ein nachhaltiger Trend. Dies verändert die Branche, viele Versicherer sind dabei, sich neu zu positionieren. Setzt sich diese Entwicklung fort, wird der Non-Life- den Life-Bereich absehbar überholen, vielleicht sogar schon im Jahr 2023“, sagt Jan Hendrik Sohl, Partner bei Zeb.

Vier Top-Versicherer in Europa

Die Studienautoren haben sich im Rahmen ihrer Untersuchung zudem die vier größten europäischen Versicherer bis ins erste Halbjahr 2023 hinein angesehen und untersucht, warum sie in den vergangenen Jahren so erfolgreich waren. Aktuell betreuen Axa, Allianz, Generali und Zurich danach über 338 Millionen Kunden weltweit und kommen zusammen auf eine Marktkapitalisierung von gut 240 Milliarden Euro.

Zwischen 2017 und 2022 hätten sie bei den Bruttoprämien um gut 20 Prozent zugelegt. Damit seien sie dreimal so schnell gewachsen wie die anderen 21 untersuchten europäischen Versicherer. Auch die Profitabilität der vier Topversicherer habe sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt, heißt es in der Untersuchung.

Was die Top 4 richtig machen

Dieser Erfolg sei zum einen damit zu erklären, dass die Portfolios der Top 4 besonders breit gestreut seien. Das gelte sowohl geografisch als auch beim Produktangebot. Die Schadeninflation und der harte Preiskampf im KFZ-Geschäft fielen dadurch weniger stark ins Gewicht. Außerdem sei es den vier größten Versicherern gelungen, die Inflation an die Kunden weiterzugeben. Schließlich seien die Top 4 auch stark im wachsenden und ertragreichen Segment der Industrie- und Rückversicherungen engagiert sowie in den Wachstumsmärkten Asiens, Afrikas und Südamerikas unterwegs.

„An den großen Vier, den ‚European Giants‘, lässt sich ablesen, was Versicherer erfolgreich macht. Auch andere Häuser können sich an diesen Erfolgsfaktoren orientieren“, so Dieter Kipp, Partner bei Zeb. „Die Top 4 zeigen, welche Themen die Branche prägen werden. Dazu gehören ein klarer Blick auf die eigene, optimale Ausrichtung des Lebensversicherungsportfolios, die Reduktion von Komplexität in allen Bereichen, der Ausbau der Kundenbeziehungen z. B. über eigene Ökosysteme, der gezielte Einsatz von künstlicher Intelligenz sowie ein klares Bekenntnis zur Dekarbonisierung.“

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Karen

Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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