- Von Oliver Lepold
- 07.02.2024 um 11:03
Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation, vor allem in Bezug auf Inflation und Zinsen?
Moritz Schüssler: Wir erleben eine Zeitenwende, die Rückkehr zu positiven Realzinsen. Die Inflation wird dieses Jahr deutlich zurückgehen, sodass auch nach Abzug der Inflation ein positiver Ertrag auf der Anleihenseite verbleibt. Wir sehen viele Chancen, vor allem auch für defensivere Strategien. Denn die Aktienprämie fällt relativ zur Anleihenprämie nicht mehr so hoch aus, laut unserem Kapitalmarktausblick wird das wahrscheinlich für die nächsten zehn Jahre anhalten. Die Inflation liegt bald wieder bei normalem Niveau, bis Ende dieses Jahres werden 2 bis 2,5 Prozent im Euroraum erreicht. Die Zinsen werden aber auf jeden Fall noch ein Stück weit oben bleiben. Moderate Zinssenkungen erwarten wir erst ab Mitte dieses Jahres. Der positive Realzins sollte sicher bleiben, dafür werden die Notenbanken sorgen.
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Was bedeutet das aktuelle Marktumfeld für globale Portfolios?
Wir halten an unseren Investmentprinzipien fest. Das heißt, klare Ziele definieren, breit gestreut anlegen und die Kosten unbedingt geringhalten. Berater sollten sicherstellen, dass die Anleger unabhängig von der Marktphase investiert bleiben und an ihrem Plan festhalten. Unsere aktuelle mit dem Institut für Vermögensaufbau entwickelte exklusive Studie hat deutschlandweit Vermögensverwalterdepots über 15 Jahre und mehr untersucht. Dabei erkennen wir, dass es vor allem in Zeiten stark schwankender Kurse nicht funktioniert, Mehrwert über Market Timing und Einzeltitelauswahl zu generieren. Anleger sollten daher immer ein breit gestreutes Kerninvestment haben. Das spricht sehr für Multi-Asset-Investments, die 2022 von manchen bereits totgesagt wurden. Wir haben jedoch immer daran festgehalten und sehen uns bestätigt.
Welche Vorteile bieten passive Strategien im aktuellen Umfeld?
Es ist wichtig, möglichst alle Märkte abzudecken, zum Beispiel über integrierte Investmentlösungen, wie sie auch von unseren Partnern angeboten werden. Zudem ist das richtige Risikoprofil in der Anlageberatung wichtig. Ein passives Portfolio mit der Marktkapitalisierung als Basis erreicht zielgerichtet absolute Verlässlichkeit für die nächsten Jahrzehnte. So erhalten Anleger auf jeden Fall die Marktrendite abzüglich der Kosten.
Seit die geopolitischen Risiken stark zugenommen haben, sind viele Märkte volatiler geworden. Wie wichtig ist Rebalancing?
Es ist sehr wichtig für ein effektives Risikomanagement. Unsere bereits erwähnte Vermögensverwalterstudie unterstreicht die Bedeutung des antizyklischen Investierens. Wenn das Aktien-Anleihe-Verhältnis nicht mehr stimmt, kaufen wir auf der Seite nach, die weniger gut gelaufen ist. Das macht Rebalancing aus, im Prinzip agieren die Vergleichsbenchmarks ähnlich. Es gibt aber keine feste Regel, ob das Rebalancing einmal im Monat oder einmal im Jahr vorgenommen wird. Wichtig ist, dass es überhaupt stattfindet. In der Partnerschaft mit Standard Life haben wir zum Beispiel die Standard Life Global Index Funds, eine auf unseren Investmentprinzipien beruhende Anlagelösung. Dort überprüft die Standard Life fortlaufend das Aktien-Anleihe-Verhältnis sowie die Gewichtung gemäß der aktuellen Marktkapitalisierung.
Wie können Berater ihre Kunden von passiven Multi-Asset-Fonds überzeugen angesichts vieler gut verzinster Bankangebote?
Wir bieten unseren Beraterinnen und Beratern zielbasierte Vertriebsunterstützung an. Tagesgeld oder kurzfristige Festgelder können für eine kurzfristige Anlage über ein Jahr sinnvoll sein. Wenn das Ziel aber Altersvorsorge lautet, reden wir über langfristige Horizonte und da führt an der Anlage in Aktien und Anleihen kein Weg vorbei, um langfristig reale Renditen zu erwirtschaften. Wir unterstützen hier Berater zum Beispiel mit dem Renditebuch, das Renditen über 100 Jahre belegt. Das ist ein guter Aufhänger im Kundengespräch. Aktuell bieten wir zudem Grafiken zum Kapitalmarktausblick. Dort analysieren wir zum Beispiel, wie sich Multi-Asset-Portfolios nach einem Zinshöchststand verhalten, wenn die Zinsen wieder zurückgehen. Dann wirken nämlich sehr positive Effekte.
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