- Von Oliver Lepold
- 02.05.2024 um 11:22
Pfefferminzia: Wie alt sind Ihre Kunden, die Sie zur Ruhestandsplanung beraten?
Ralf Wessels: Die meisten sind um die 50 oder älter. Meine Geschäftsstelle veranstaltet vier Mal im Jahr sogenannte Ruhestandsabende – unter anderem mit der Standard Life als Partner. Dazu laden wir Kunden über 50 Jahre ein, denn ab diesem Alter beginnen die Menschen in der Regel, sich zu überlegen, was im Ruhestand passieren wird. Im jüngeren Alter geht es eher um Vorsorgelösungen.
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Welche Fragen werden Ihnen auf den Veranstaltungen immer wieder gestellt?
Meist bestehen Unsicherheiten, ob das Geld im Ruhestand ausreicht. Fast immer geht es auch um das Thema Erben und Schenken und dabei teils um komplizierte Fragen, zum Beispiel bei Patchworkfamilien. Wir haben daher bei unseren Seminaren stets Experten aus dem Steuer- und Erbrecht zur Unterstützung dabei. Dadurch entstehen im Nachgang oftmals weiterführende Termine mit unseren Kunden, um diese Sachverhalte zu vertiefen. Es gibt heutzutage alle möglichen Lebensmodelle, auf die das derzeitige Erbrecht nicht ausgerichtet ist.
Wie gehen Sie in so einem Fall vor?
Wir erstellen Genogramme – eine grafische Darstellung der Verwandtschaftszusammenhänge der Kunden –, um zu verstehen, was in der Familie los ist. Zum Teil ergeben sich außergewöhnliche Familienkonstellationen und Kunden kommen ins Nachdenken. Zum Beispiel: Da habe ich ja noch einen Onkel, hier bestand früher eine Ehe und so weiter. Das ist spannend und oftmals auch überraschend. Insbesondere die Steuerfreibeträge können tückisch sein. Ich hatte neulich einen Fall, bei dem Eltern ihren Kindern 400.000 Euro geschenkt hatten, also steuerfrei innerhalb ihres Freibetrags. Dann sollte das wieder zurückgeschenkt werden. Von Kindern auf die Eltern gilt allerdings nur ein Freibetrag von 20.000 Euro, somit müssten 380.000 Euro versteuert werden! Glücklicherweise konnte ich rechtzeitig eingreifen – aber dieser Fall zeigt: Man sollte höllisch aufpassen.
Was ist den Kunden besonders wichtig?
Der optimale Vermögensübergang auf die nächste Generation. Dabei kommt es natürlich auf die jeweilige Firmen- und Familienhistorie an, denn danach bemisst sich meist der Grad, inwieweit die künftigen Erblasser weiterhin Kontrolle über das Erbe haben möchten. Der primäre Wunsch ist aber stets, dass möglichst viele Steuern gespart werden.
Bietet die Produktpalette auf dem Markt ausreichend Möglichkeiten dazu, oder könnten die Versicherer noch innovativer sein?
Es gab durchaus Quantensprünge in den vergangenen Jahren, zum Beispiel was die Flexibilität von Fondspolicen anbelangt. Aus dem aktuellen Produktangebot lassen sich passende Portfolios für jegliche Fälle kreieren, denn es wird niemals das eine Produkt geben, das alle Anforderungen erfüllt. Dieses komplexe Beratungsfeld verdeutlicht einmal mehr unseren Wert als Berater, der gemeinsam mit seinem Kunden passende maßgeschneiderte Lösungen entwickelt.
Wie häufig sollte eine Ruhestandsplanung überprüft und angepasst werden?
Wir bei MLP bieten unseren Kunden mindestens ein jährliches Check-up-Gespräch an. Dabei überprüfen wir, ob Prämissen und Wünsche des Kunden noch mit dem Konzept übereinstimmen. Falls es dramatische Veränderungen gibt – wir nennen das in der Ruhestandsplanung einen Störfall – muss das Konzept natürlich entsprechend angepasst werden.
Was wären denn typische Störfälle?
Zum Beispiel auseinandergehende Ehen oder ein großes unerwartetes Erbe. Auch die unerwartete Geburt eines Enkels, ein überraschender Todes- oder ein plötzlicher eintretender Pflegefall können Auswirkungen haben.
Beraten Sie dann auch automatisch die anderen Familienmitglieder im Sinne einer Generationenberatung mit?
Das wäre wünschenswert und sinnvoll, aber in der Praxis ist es nicht immer ganz einfach, alle ins Boot zu holen. Je nach Persönlichkeitsstruktur existiert dafür unterschiedlich großes Verständnis, auch bei den Kindern. Ich habe bei erwachsenen Kindern schon öfter erlebt, dass das eine sagt: ‚Was meine Eltern geregelt haben, finde ich sinnvoll, eine solche Beratung möchte ich auch.‘ Aber das andere Kind ist per se dagegen. Das ist eine Herausforderung für Berater.
Ist es denn mit 65 Jahren für eine Ruhestandsplanung zu spät?
Wenn der Kunde bereits in der beginnenden Ruhestandsphase ist, lässt sich nicht mehr alles strukturieren. Man muss dann mit dem arbeiten, was vorhanden ist. Es ist aber nie zu spät, sich an einen qualifizierten Berater zu wenden. Man kann auch dann noch etwas bewirken. Denn mittlerweile gibt es Produktlösungen, die auch in höherem Alter abgeschlossen werden können. Da hat sich in der Produktlandschaft in den vergangenen zehn Jahren definitiv viel zum Guten gewendet.
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